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Keine Lust mehr, die Prügelknaben zu sein

Keine Lust mehr, die Prügelknaben zu sein

Österreichs Volleyballer denken neuerdings europäisch – und zwar in mehrfacher Hinsicht.

Zum einen wäre da freilich die Fußball-EM, die selbst an den hochgewachsenen Schmetter-Giganten nicht spurlos vorübergeht. „Fred (Laure; Anm.) hat ein Team-internes und voll ausgeklügeltes Tippspiel gestartet, darum müssen wir so oft es nur geht schauen“, verrät Peter Wohlfahrtstätter im Gespräch mit LAOLA1.

Der 2,02 m große Mittelblocker hält sich dabei bislang recht wacker: „In Führung liegen aber Philip Ichovski und Philipp Kroiss.“ Zuletzt konnte in Rotterdam sogar die Gelegenheit genutzt werden, bei einem Public Viewing dabei zu sein. Beim 1:2 der Niederlande gegen Portugal samt EM-Aus für Oranje war die Atmosphäre jedoch alles andere als prickelnd. „Da haben wir noch für die meiste Stimmung gesorgt.“

Zum anderen ist Fußball für die ÖVV-Stars momentan freilich nur Nebensache. Schließlich gilt es ja in der European League ebenfalls in europäischen Dimensionen zu denken.

Neues Selbstverständnis

War man in den vergangenen Jahren nicht mehr als ein Prügelknabe, ist dies heuer plötzlich anders. Nach neun Spielen stehen stattliche vier Siege auf der Habenseite, darunter sogar der Gewinn des Turniers in der Türkei.

Ein einziger Sieg fehlt noch, um das beste Abschneiden in diesem Bewerb (2008) zu überbieten. Da kommt das am Donnerstag (Österreich - Türkei um 17:25 Uhr im LIVE-Stream) beginnende Heim-Turnier in Hard gerade recht.

„Dort ist der fünfte Streich fix eingeplant“, verrät Wohlfahrtstätter, der mit dem bisherigen Abschneiden durchwegs zufrieden ist.

„Da wir noch eine sehr junge Truppe sind, die so noch nicht eingespielt ist, war im Vorhinein nicht klar, wie wir drauf sind. Das Fehlen der alten Leitwölfe Daniel Gavan und Philipp Schneider hat sich bei den knappen Partien, wie etwa zuletzt gegen Rumänien (statt 2:0-Führung 1:3 verloren; Anm.), bemerkbar gemacht. Unterm Strich wären sogar mehr als die vier Siege drinnen gewesen“, macht der 23-Jährige deutlich, dass ein völlig neues Selbstverständnis im Team herrscht.

Die Jahre des bloßen Mitspielens sind vorbei – nun sind sie hungrig auf Siege.

Einen Schritt nach vorne

In der Tabelle der Gruppe B liegt die ÖVV-Sechs zwar auf dem fünften und somit letzten Platz, doch der Vierte Rumänien hat trotz drei mehr ausgetragener Spiele nur einen Zähler mehr. Sogar der Einzug in das Final Four ist noch möglich. Die Chancen bewegen sich allerdings mehr im theoretischen Bereich.

„Ich habe jetzt viel mehr Selbstvertrauen, weil ich merke, dass ich international mithalten kann.“ Gestählt hat den Mann mit der Nummer eins auf dem Trikot vor allem der ständige Druck. „Wenn dich ein internationaler Klub holt, dann erwartet er auch, dass du dich durchsetzt. Du bist bei jedem Match gefordert. Wenn ich einmal schlecht spiele, steht sofort der dritte Mittelblocker – ein junger Belgier – da und fragt den Trainer: Wieso spiele ich nicht?“

Genau diese Konkurrenz-Situation härtete Wohlfahrtstätter ab. „Ich habe es zwar zunächst selbst nicht gemerkt, aber die anderen haben mir attestiert, dass ich viel ruhiger geworden bin und weniger Fehler mache.“

Besser als erwartet

Der Rückblick auf die Saison in Belgien fällt sehr zufriedenstellend aus. Mit dem Ziel vierter Platz gestartet, stand Antwerpen am Ende sogar vor Champions-League-Stammgast Roeselare auf dem dritten Rang. Platz zwei wurde im Duell mit Asse-Lennik nur um Haaresbreite verpasst. Somit wartet in der kommenden Saison der CEV-Cup, in dem die Belgier es zum Auftakt mit Thessaloniki zu tun bekommen.

Wohlfahrtstätter bleibt in Antwerpen

Auch abseits des Courts verlief der Schritt nach Belgien ähnlich spielend. „Verein und Spieler sind sehr freundlich. Die Stadt ist super, ich habe mich sofort wie zu Hause gefühlt.“

Selbst die Sprache, das Flämische, ist ihm nicht ganz so fremd. „Das ist mehr oder weniger Holländisch. Wenn sie reden, verstehe ich sie.“ Sich selbst mitzuteilen fällt aber wegen der Grammatik schwer.

Italien käme zu früh

Der baumlange Blondschopf wird noch ein weiteres Jahr in Antwerpen den Mittelblocker spielen. „Danach möchte ich mich nach einem besseren Verein umschauen. Es kommt natürlich darauf an, wie die Saison verläuft und welche Angebote reinkommen.“

Eine Tendenz, wohin die Reise gehen soll, verrät er nicht. Auf jeden Fall soll eine neue Herausforderung her. Dazu bedarf es entweder eines ähnlich starken Vereins in einer besseren Liga, in der er sofort Stammspieler ist, oder er geht zu einem Spitzenklub, wo er sich als zunächst dritter oder vierter Mann in das Team hineinkämpfen muss.

„Bereits heuer hat ein italienischer Manager um mich angefragt. Ich habe ihm allerdings abgesagt, weil ich mir in einem weiteren Jahr in Antwerpen noch den Feinschliff holen möchte.“

Reinhold Pühringer

>>> Österreich - Türkei um 17:25 im LIVE-Stream <<<

Datum Uhrzeit
Österreich - Türkei Do., 21.6. 17:25
Tschechien - Niederlande Do., 21.6. 20:20
Österreich - Niederlande Fr., 22.6. 17:25
Tschechien - Türkei Fr., 22.6. 20:20
Österreich - Tschechien Sa., 23.6. 17:25
Türkei - Niederlande Sa., 23.6. 20:20

Nichtsdestoweniger ist der Aufwärtstrend unverkennbar. Die Gründe dafür liegen für Wohlfahrtstätter zum einen freilich am Engagement von Teamchef Michael Warm: „Seine Arbeit trägt nun endlich Früchte. Zuvor hat es bei uns ja eigentlich kein richtiges Nationalteam gegeben.“

Neben dem Faktor Trainer haben sich auch die Spieler verbessert. „Wir haben alle einen Schritt nach vorne gemacht, sind stabiler geworden. Selbst Olli (Binder; Anm.), der heuer wenig gespielt hat, konnte sein Niveau halten. Das macht sich bemerkbar.“

Dadurch konnten selbst diverse Ausfälle („Wegen Erkrankungen und Verletzung sind wir seit dem Turnier in der Türkei nicht mehr komplett angetreten“) wettgemacht werden.

Das Fehlen der besagten „alten Leitwölfe“ fing hingegen das Kollektiv auf. „In dieser Zusammensetzung  gibt es keinen, der herausragt. Wir sind alle gleichberechtigt. Sicherlich macht der Zassi (Thomas Zass; Anm.) die meisten Punkte, aber es ist nicht so, dass er deshalb meint, Anweisungen geben zu müssen. Das funktioniert zusammen“, gibt er  einen Einblick in die Hierarchie.

Der Druck als Segen

Ein nicht unwesentlicher Mosaik-Stein ist Wohlfahrtstätter. Der Ex-hotVolleys-Spieler ist in seinem ersten Auslands-Jahr bei Topvolley Antwerpen regelrecht aufgeblüht.