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Der "Schmettergott" soll's richten

Der

Volleyball-EM, Österreich gegen Slowenien, 2. Satz: Wie in Durchgang eins ist das ÖVV-Team mies gestartet und liegt mit 4:9 zurück.

Teamchef Michael Warm hat schon ein Time-Out genommen, um den slowenischen Lauf zu unterbrechen. Geholfen scheint es aber nichts zu haben.

Doch dann ist Thomas Zass mit Servieren dran. Mit voller Wucht schmettert er den Ball über das Netz. Ein Ass! Der Brixenthaler riecht Lunte, nimmt bei seinen Angaben noch mehr Risiko. Die routinierten Slowenen, die bei der EuroVolley in Österreich und Tschechien sogar als Geheimfavorit gehandelt werden, haben mächtige Probleme, geben Punkt für Punkt ab.

Als Zass das Service schließlich doch wieder hergeben muss, tut er dies bei 11:10 für Österreich. Von den 6.000 Zuschauern, die jeden Punkt frenetisch bejubelten, gibt es Sonderapplaus.

„Das ist ein super Gefühl, wenn du ein paar Services triffst und dich das Publikum dann so trägt“, kann Zass trotz des letztendlichen 0:3 doch ein Lächeln entlockt werden.

Nicht aufzuhalten

Gegen die Slowenen wurde einmal mehr deutlich, dass Zass momentan die gefährlichste Waffe im Angriffsspiel der Österreicher ist – und das nicht nur aufgrund seiner hervorragenden Service-Leistung. Mit insgesamt 19 Punkten war der 21-Jährige der mit Abstand beste Scorer gegen Slowenien.

Die Partie gegen den Dritten der abgelaufenen European League ist keineswegs ein Einzelfall. Der Diagonalangreifer feuert die Bälle mit einer derartigen Konstanz in das gegnerische Feld, dass er nicht nur Michael Laimer aus der Grund-Sechs des Nationalteams verdrängte, sondern dass sogar internationale Scouts auf den Senkrechtstarter aufmerksam wurden.

Im Sommer wechselte er deshalb von AVL-Klub Amstetten zum renommierten französischen Erstligisten Paris Volley. Das Abenteuer an der Seine ist für ihn aber noch Zukunftsmusik. Vorerst gilt seine ganze Aufmerksamkeit freilich der Europameisterschaft im eigenen Land.

Eine One-Man-Show?

Gegen Slowenien ist bei Österreich so einiges schief gelaufen. „Wir haben uns vorgenommen, viel Druck auszuüben, doch das ist uns nicht gelungen“, erklärt Zass, der die Nervosität einiger seiner Nebenleute verstehen kann. „Vor 6.000 Zuschauern ist es schwieriger, die Bälle zu treffen, als in einer leeren Halle.“

Dass das rot-weiß-rote Angriffsspiel gegen Slowenien großteils über ihn lief, freut Zass zwar („Ich freue mich über jeden Ball, den ich bekomme“), doch das war auch den Gegnern nicht entgangen. Oft sah sich der 1,93-m-Mann deshalb sogar mit einem Drei-Mann-Block konfrontiert.

Es drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob die ÖVV-Offensive nicht zu sehr von Zass abhängig ist. „Nein“, meint dieser, „weil gegen Slowenien ist uns oft auch nichts anderes übrig geblieben.“ Zu groß sei der Druck des Gegners gewesen. „Da kann man niemanden einen Vorwurf machen.“

Die Schnittpartie

Nach der Auftaktniederlage, mit der ohnehin zu rechnen war, wartet auf Österreichs Herren mit der Türkei am Sonntag (20:10 Uhr) das wohl entscheidende Spiel um den Aufstieg ins Playoff und somit jene Partie, an der wohl der sportliche Erfolg der EuroVolley gemessen wird.

Über die Bedeutung ist sich auch Zass vollends im Klaren. „Wir werden mit dem Teamchef das Slowenien-Spiel kurz analysieren und es dann so schnell wie möglich abhaken.“

Mitnehmen wolle man nur die positiven Aspekte. Welche das waren? „Wir haben phasenweise gut mitgehalten, darauf können wir aufbauen“, meint Zass.

Mittels einiger Videos sollen den Spielern noch einmal die Stärken und Schwächen der Türken ins Gedächtnis gerufen werden. Und Zass? Der wird sich noch ein paar Lücken ausgucken, wo seine Schmetterbälle durchpassen.

Reinhold Pühringer