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Kritik an Analysten und Benimmregeln

Kritik an Analysten und Benimmregeln

Andy Roddick sagt, was er sich denkt.

Bei seinen Pressekonferenzen müssen Journalisten immer besonders genau darauf achten, welche Fragen sie stellen.

Denn er sagt den Medienleuten beinhart ins Gesicht, was er von manchen, aus seiner Sicht belanglosen Fragen hält.

Sein Sarkasmus sorgt für Gelächter, ist aber manchmal so scharf, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Dennoch braucht das Tennis Typen wie ihn.

"Tennis-Analyst leichtester Job"

Nach seinem Viersatz-Erstrunden-Sieg über US-Landsmann Michael Russell bei den US Open sagte er gar live in die ESPN-Kamera, dass der Job eines Tennis-Analysten der "leichteste Job der Welt" sei und es nicht "viel Gedanken" dazu brauche.

"Wenn ich gut spiele, sagt ihr 'er hat sich soeben neu erfunden'. Wenn ich scheiße spiele, sagt ihr 'das war ein fürchterlicher Auftritt'. Jeder ist ein Experte, aber ich bin ein besserer als die meisten", ließ Roddick seine im Kurznachrichtendienst "Twitter" schon heftig diskutierte Meinung vom Stapel.

"Ihr Burschen müsst auch etwas einstecken können", fügte der seit kurzem 29-jährige US-Amerikaner zum Abschied noch hinzu.

"Liebt es oder hasst es"

Bei der Pressekonferenz wurde der US-Open-Gewinner 2003 und 30-fache Turniersieger dann auf die Emotionen im Sport angesprochen und ob die strengen Benimmregeln nicht etwas gelockert gehörten.

"McEnroe bekommt immer noch viel Anerkennung und er ist jetzt 87, oder so... Was sagt Euch das? Liebt es oder hasst es, aber seht es euch an."

Es ist bereits 30 Jahre her, als John McEnroe in Wimbledon einen seiner berühmten Wutanfälle hatte - "You cannot be serious!" ("Das kann doch nicht dein Ernst sein!") ist mittlerweile eines der Markenzeichen McEnroes und war sogar der Titel seiner Autobiografie.

Immer noch werden auch bei den US Open T-Shirts mit diesem Aufdruck oder ähnlichen Reminiszenzen an den "Flegel" der 80-er-Jahre verkauft.

"Du schlägst dich selbst und wirst verwarnt"

Roddick wurde nach seinem Match im Zuge dieser Diskussion auch an einen Zwischenfall beim Turnier in Miami 2008 erinnert, als sich Michail Juschnij nach einem Fehler selbst mehrmals mit der Bespannung auf den Kopf geschlagen hat und dann wegen einer Platzwunde behandelt werden musste.

Zudem hatte Juschnij danach eine Verwarnung erhalten. "Wie gut war das? Juschnij war noch nie so berühmt. Und dann bekommt er eine Verwarnung. Du schlägst dich selbst und wirst verwarnt. Aber das ändert doch nichts mehr daran. Hört zu, wenn sich der Stuhlschiedsrichter selbst auf den Kopf schlagen will, könnte ich ihn sogar dazu ermutigen." Roddick wie er leibt und lebt.

Dampf ablassen

Doch es gibt viele, denen die Benimmregeln auch ein Dorn im Auge sind. Das für die Spieler manchmal befreiende Zertrümmern eines Schlägers dient auch zum Dampf ablassen... und in der Folge zu einer schon oft beobachteten Leistungssteigerung.

Die Zuschauer sehen so etwas durchaus gerne, vielleicht weniger gerne in Wimbledon. So wie auch das "hawk-eye", also der "elektronische Schiedsrichter", Stimmung in die Stadien gebracht hat.

Federer unterstreicht Vorbildrolle

Major-Rekordsieger Roger Federer sieht eher die Vorbildrolle der Spieler im Vordergrund: "Es ist wichtig, dass wir gute Vorbilder sind. Sonst gerät es außer Kontrolle und die Leute versuchen zu viele, auch unfaire Dinge, um zu gewinnen."

In manchen Bereichen wünscht sich der Schweizer sogar mehr Strenge, wie zum Beispiel bei der Aufwärmzeit, die seiner Meinung nach Zeitverschwendung ist.

"Ohne die "bad guys" ist Tennis heute tot"

Dennoch, der Ruf Roddicks ist an sich kein neues Thema. Yannick Noah, selbst früher ein großer Showman dieses Sports, hat vor einigen Jahren die Einführung der Verhaltensregeln scharf kritisiert.

"Ohne die "bad guys" ist Tennis heute tot. Ich langweile mich. Durch den Verhaltenskodex ist unser Sport gekillt worden. Diese Benimmregeln einzuführen - das war eine der schlimmsten Entscheidungen von ATP und ITF", erklärte der Franzose.

Roddick sieht sich als Entertainer

Etwas Anderes ist es freilich, wenn man gegenüber seinem Gegner respektlos ist oder in Richtung des Schiedsrichters schimpft, meinte Roddick. Doch viel sei dennoch dem Interpretations-Spielraum des Referees überlassen.

Dass es manchmal auch auf den Zuschauertribünen rüde zugeht, ist für den US-Amerikaner eine noch klarere Angelegenheit.

"Sie zahlen, um uns spielen zu sehen. Wir sind Entertainer und machen Geschäfte. Der Grund, warum wir für absurde Mengen von Geld spielen, ist auch für den Typen da oben, der nach zu viel Bier herunterbrüllt."