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Andreas Vojta - Im Gerangel dick da

Andreas Vojta - Im Gerangel dick da

Die Prater-Hauptallee ist sein Revier.

In dem Hot-Spot für Wiener Läufer ist Andreas Vojta naheliegender Weise eine Ausnahme-Erscheinung. Logisch, dass Österreichs 1.500-m-Starter bei Olympia und EM (27. Juni bis 1. Juli) praktisch von niemandem überholt wird. „Wenn dann nur von Auto- oder Radfahrern“, sagt er.

Und sollte ihm doch einmal einer der unzähligen Hobby-Läufer Fersengeld zahlen, hat sich der Gerasdorfer fest vorgenommen, diesen sich gleich zur Brust zu nehmen. „Ich würde ihm empfehlen, bei unserem Verein vorbeizuschauen“, meint ein bestens aufgelegter Vojta im Gespräch mit LAOLA1 (Hier geht's zum VIDEO).

Volle Hose inklusive

Grund für gute Laune hat er allemal. Mit den Spielen in London geht für den 23-Jährigen ein Jugendtraum in Erfüllung. „Alleine den Vorlauf vor über 80.000 Zuschauern zu bestreiten, ist etwas, das nicht viele Menschen erleben dürfen. Auf diese einzigartige Atmosphäre freue ich mich riesig.“ Bei diesen Worten funkelt es in Vojtas Augen. Erfahrung mit so einer Kulisse hat er freilich nicht. Egal!

„Ich werde die Hosen voll haben. Aber ich denke, in einem gesunden Ausmaß gehört das einfach dazu“, lacht er. Und sollte mit voller Hose tatsächlich leicht stinken sein, dürfte am Ende der Einzug in das Halbfinale stehen. Ein Ziel, das er auch schon bei den Weltmeisterschaften im Vorjahr hatte.

Im koreanischen Daegu schrammte er am Ende nur um 24 Hundertstel am Aufstieg vorbei. Was er von dort mitgenommen hat? „Dass ich mich bei den Spielen nicht zu verstecken brauche, und dass das Semifinale auf alle Fälle realistisch ist.“

Zumal die Vorsaison nicht völlig auf die WM ausgelegt war. „Ich war schon etwas ausgepowert, weil ich die Form nicht über die ganze Zeit konservieren konnte“, erklärt er. Im Olympia-Jahr sollte dieses Problem nicht bestehen, ist doch alles auf einen Höhepunkt ausgelegt. „Wenn ich in London am Start stehe, werde ich brennen.“

Noch nicht das Ende der Fahnenstange

Vojta, der sich als erster ÖLV-Leichtathlet für London qualifizierte, wird im Olympia-Stadion auch von seiner Familie und Trainingsgruppe unterstützt werden.

„Ich werde mich erkundigen, wo sie genau sitzen, damit ich im Falle einer Medaillen-Ehrenrunde genau weiß, wohin ich grüßen muss“, scherzt der Heeressportler wohlwissend, dass die internationale Spitze, die fest in afrikanischer Hand ist, zumindest derzeit außer Reichweite ist.

Mit 23 Lenzen zählt Vojta auf der Mittelstrecke aber ohnehin noch zu den Jüngeren.

Rio 2016 lege als Karriere-Highlight somit auf der Hand. Soweit möchte der Mann mit der stets windschnittigen Frisur („Ohne guten Haarschnitt ist keine gute Zeit möglich“) aber nicht schauen.

„In vier Jahren kann viel passieren, da will ich nicht großartig etwas vorhersagen. Aber natürlich möchte ich vom jetzigen Standpunkt aus 2016 noch einmal dabei sein.“

Zusatzluft durch „Champagner-Klima“

Doch zunächst wartet einmal London. Einen Großteil der unmittelbaren Vorbereitung spult er in St. Moritz ab. Warum ausgerechnet im oft zitierten „Champagner-Klima“ in der Schweiz? „Laufen ist ganz einfach ein Elite-Sport und wenn wir dann unsere Polo-Spiele dort durchführen können, passt das ganz gut.“

Wie bitte?

„Nein, natürlich fahren wir nicht dorthin, um den 200-Euro-Champagner zu schlürfen. St. Moritz hat sich für Läufer aus aller Welt als Trainingslager-Stützpunkt etabliert“, erklärt Vojta.

Selbst Afrikas Lauf-Götter geben sich im auf 1.856 m Seehöhe gelegenen Nobel-Ski-Ort ein Stell-dich-ein. Im Vorjahr kreuzten sich dort Vojtas Wege sogar mit jenen des damaligen Weltmeisters Yusuf Saad Kamel aus Bahrain. Richtig Gelegenheit, sich etwas abzuschauen, hatte er allerdings nicht, denn: „Im Endeffekt trainieren die auch das Gleiche wie wir. Nur die Zeiten sind etwas niedriger.“

Unterbrochen werden die letzten Vorbereitungswochen nur von der EM in Helsinki (27. Juni bis 1. Juli) und den Staatsmeisterschaften in Klagenfurt (21. Juli).

Der Rambo im Gerangel

Für Olympia gilt es Opfer zu bringen. Die reichen vom Training bis hin zum ausreichenden Schlaf.

Woran Vojta aber besonders kiefelt, ist die Nascherei. „Wenn die Kinder-Schoki vor mir liegt, kommt die Naschkatze in mir zum Vorschein. Um darauf verzichten zu können, rede ich mir immer ein, dass mir vielleicht genau das die zwei Hundertstel bringt, die mich ins Halbfinale hieven“, verrät er.

77 Kilo bei einer Körpergröße von 1,89 Meter klingen zwar ausgewogen, doch nicht in den Ohren eines Spitzenläufers.

„Damit bin ich bei den Schwereren dabei. Tja, ich habe halt schwere Knochen“, schmunzelt Vojta, der noch einen nachlegt: „Ich denke einmal, dass es bei den Gerangel in den Vorläufen kein Nachteil sein kann. Wenn es hart auf hart kommt, wird eher der afrikanische Kollege den Kürzeren ziehen.“

Reinhold Pühringer