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"Wir wollen diesen Sport nicht als Geheimnis hüten"

"Es ist eine sehr gute Ausrede, um nach Österreich zu kommen", lacht Matt Henrichs.

Henrichs weilt im Urlaub. Im Arbeitsurlaub. Seine Ausrede heißt Faustball. Er ist Nationalspieler im US-Team und bei der Weltmeisterschaft in Österreich im Einsatz und zu Gast.

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat bei dieser WM nicht wirklich etwas zu melden und kämpft am Samstag gegen Serbien um den neunten und damit viertletzten Platz.

150 von 300.000.000 spielen Faustball

Das kommt nicht überraschend. "In den USA spielen zirka 150 Leute Faustball", erzählt der Blondschopf.

In einem Land mit über 300 Millionen Einwohner nicht gerade viel. 1999 waren die USA das erste Mal bei einer WM dabei, damals spielte Matts Vater Steve mit.

Platz neun wäre für die US-Amerikaner, die seit 2007 einen nationalen Faustball-Verband haben, die beste Platzierung in ihrer Geschichte. Es ist aber auch erst die dritte WM für die USA.

Lange Geschichte

Faustball an sich hat eine lange Geschichte und soll in vorchristlicher Zeit im südeuropäischen Raum, vermutlich Italien, entstanden sein.

Erste Aufzeichnungen gibt es aus dem dritten Jahrhundert nach Christus, im 16. Jahrhundert schrieb Antonio Scaino Regeln für das so genannte Ballonspiel nieder und nicht zuletzt Johann Wolfgang von Goethe in seinem Tagebuch "Italienische Reise" darüber.

"Faustball hat sich bei uns auch schon vor Jahrzehnten entwickelt und die Lust am Spiel wurde in den Familien weitergegeben", erzählt Henrichs.

"Hier ist es einfach unglaublich"

Wie in Österreich ist Faustball aber in den USA weit vom Populärsport entfernt.

"Normalerweise spielen wir vor unseren Familien und Freunden, hier ist es einfach unglaublich", schwärmt Henrichs von den 7000 ausgelassenen Zuschauern im Paschinger Waldstadion.

"Überhaupt hier her zu kommen und hier zu sein, ist toll. Es ist eine sehr schöne Erfahrung."

Natürlich soll auch in den USA die Popularität wachsen und mehr Spieler zum Sport finden. In Schulen sei Faustball aber kein Thema, schildert Henrichs.

Um zumindest besser zu werden, wird den USA geholfen. Und das von den Gegnern.

Ein Schweizer half vor Jahren schon, als er erst die Homepage des Vereins in Wisconsin sah und in der Folge nach Übersee flog und Entwicklungshilfe gab.

Es soll kein Geheimnis bleiben

Bei dieser WM in Österreich werden die Amerikaner nun sogar vom brasilianischen Coach unterrichtet – Individualstunden von einem Erzrivalen also. Das gibt es wohl in keiner anderen Mannschaftssportart.

"Wir sind eine kleine Community. Aber wir wollen natürlich schauen, dass mehr dazukommen. Es ist eine tolle Sportart und diese wollen wir ja nicht als Geheimnis hüten", schildert Henrichs.

Denn die Geschichte des Faustballs soll noch Jahrhunderte gehen. Und daran wird überall gearbeitet.

 

Bernhard Kastler