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Mirna Jukic über Schulterklopfer und Selbstzweifel

Mirna Jukic über Schulterklopfer und Selbstzweifel

Im zweiten Teil des großen LAOLA1-Interviews (hier geht's zurück zu Teil eins!) spricht Jukic über Schulterklopfer, Selbstzweifel, Bruder Dinko und Ex-Freund Melzer.

LAOLA1: Gerade wenn man so erfolgreich ist wie du, gibt es auch genügend Schulterklopfer. Wie war das nach dem Drüsenfieber?

Jukic: In solchen Momenten sieht man erst, wie viele Schulterklopfer es gibt und merkt auch, wie schnell sie sich wieder von dir abwenden. Die Gesellschaft kann schon echt gemein sein. Bis auf meine Familie, ein paar meiner Freunde und zwei Leute aus dem Schwimmverband haben sich alle umgedreht. Zeitungen waren gemein, haben an mir gezweifelt. Viele haben geschrieben: „Was bildet sie sich eigentlich ein? Das ist schon wieder so ein Import, mit dem man Zeit verschwendet hat.“ Ich war eine Zeit lang kaputt und frustriert und habe überlegt, alles hinzuwerfen. Nach zwei Wochen Urlaub in Kroatien habe ich beschlossen, das Handtuch nicht zu werfen und weiterzukämpfen. Solange ich meine Olympia-Medaille nicht hatte, wollte ich all jenen, die sich gegen mich gestemmt haben, nicht den Gefallen tun, aufzuhören. Ich bin zurückgekommen, stärker als ich vorher war. Seither glaube ich fest daran, dass ich unter einem Glückstern stehe.

Bronze-Medaille bei den Olympischen Spielen - ein Traum geht in Erfüllung
LAOLA1: Erfüllt dich deine Olympia-Medaille heute noch?

Jukic: Eine Olympia-Medaille nimmt dir keiner weg. Der Europa-Rekord ist mir schon weggenommen worden. Diese Medaille schaust du an und kapierst,wofür diese Tränen, der Schweiß, der Frust, diese ganzen „Umbring-Trainings“, gut waren. Es gibt nichts Schöneres, als auf der Liste der Olympic Medalists zu stehen. Man fühlt sich besonders, man ist einzig und alleine dafür verantwortlich. Die Medaille erinnert mich an die großartige Zeit in Peking, das perfekte Rennen, die aufregende Zeit im Olympia-Dorf, wo man in der Mensa die ganzen Sportler getroffen hat. Ein ganz besonderes Highlight war für mich, als ich Kobe Bryant getroffen habe.

LAOLA1: Was war für dich der sportlich größte Erfolg?

Jukic: Ich kann und will mich nicht festlegen, da jeder Erfolg für sich besonders war. Natürlich ist die Olympia-Medaille das Größte, was ein Sportler in seiner Karriere erreichen kann. Meine erste EM-Medaille mit 16 Jahren gehört natürlich zu meinen Highlights, da ich die erste österreichische Schwimmerin war, welche auf der Langbahn Europameisterin wurde - ein Stein am Anfang meiner Karriere. Die Olympia-Medaille hat für mich alles abgerundet und abgeschlossen.

LAOLA1: Was war für dich dein bislang größter privater Erfolg?

Jukic: Ich weiß, was für ein Leben auf mich wartet, das können nicht viele Sportler von sich behaupten. Alles, was sich je in meinen Weg gelegt hat, habe ich bewältigt und hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Nicht immer ist alles spurlos an mir vorübergezogen. Ich bin froh, dass ich ein weltoffener, ausgeglichener Mensch bin.

Mirna Jukic als Betreuerin von Bruder Dinko bei der WM in Shanghai

LAOLA1: Dinko schrieb zuletzt mit einer nicht abgegebenen Dopingprobe Schlagzeile. Wieviel Druck ist nach den Vorkommnissen auf Euch gelastet?

Jukic: Ich versuche, ihm immer den Druck zu nehmen. Er hat nichts getan, deshalb hat er nichts zu befürchten. Leider gibt es viel zu viele Selbstdarsteller, Leute die sich selbst promoten wollen. Für Dinko ist es eine belastende Situation, denn egal was man sagt, man kann immer nur abwarten.

LAOLA1: Du bist jemand, der sich von Emotionen leiten lässt. Sind Dinko vielleicht die Emotionen zum Verhängnis geworden?

Jukic: Ich war nicht dabei, ich kann es nicht genau sagen. Er wollte wahrscheinlich trainieren und kein Risiko dabei eingehen. In solchen Momenten denkt man nicht groß nach, man will einfach nur sein Ding durchziehen. Das Schlimme ist ja leider, diese Leute kommen dort hin und behandeln dich wie einen Kriminellen. Gerade so, dass sie dir keine Handschellen anlegen, nur weil man eine Dopingprobe abgeben soll. Das kann es nicht sein. Jene, die wirklich was gemacht haben, erwischen sie erst fünf Jahre später. Manche Menschen sehen nicht, was sie mit solchen Sachen anrichten. Die Ungewissheit ist da, es beschäftigt einen.

LAOLA1: Wenn du über die Kinder vom Schwimmen sprichst, sieht man ein Lächeln auf deinen Lippen! Waren Kinder in der Beziehung mit Jürgen Melzer ein Thema?

LAOLA1: Gibt es Momente, an denen du Selbstzweifel verspürst?

Jukic: Die waren da und kommen immer wieder, jedoch muss man drüberstehen und vor allem darüber reden. Ich trage mein Herz auf der Zunge. Wenn es nicht mehr geht, dann sage ich, dass ich nicht mehr weitergehen kann oder keinen Ausweg mehr sehe. Wenn man es alleine nicht schafft, muss man sich einfach mit anderen Menschen zusammentun und die um Hilfe bitten.

LAOLA1: Hast du Angst, Fehler zu machen, weil bei dir genauer hingeschaut wird als bei manch anderen?

Jukic: Ich bin kein Roboter, ich bin keine Maschine. Ich bin nur ein Mensch aus Fleisch, Blut und mit einem Gehirn, das manchmal etwas besser, mal schlechter funktioniert. Wenn ich einen Fehler mache, versuche ich, daraus zu lernen. Mach ich es danach wieder falsch, überlege ich mir eben, ob es das Richtige für mich ist.

LAOLA1: Du motivierst Menschen offenbar gerne. Wo nimmst du deine Kraft her?

Jukic: Ich bin ein sehr positiver Mensch. Ich habe immer nach dem Motto gelebt, dass man an sich selbst und seine Ziele glauben soll. Man soll nicht aufgeben, auch wenn es mal schlechter läuft. All meine Gefühle, die ich selber wahrgenommen habe, kann ich jetzt gut einschätzen. Als wir aus Shanghai zurückgekommen sind, habe ich meinen Bruder Dinko gefragt, ob es ihm gut getan hat, dass ich bei der WM an seiner Seite war. Er meinte, es war perfekt. Ich war bei ihm, sei es beim Einschwimmen, beim Ausschwimmen, in der Mixed-Zone. Ich habe ihm immer ein Handtuch gebracht, etwas zum Trinken gegeben. Der Gedanke, dass ich da war, hat ihn entspannt, er hat sich auf das Wesentliche konzentrieren können. „Team Dinko“ funktioniert! Wir ergänzen uns nicht nur als Bruder und Schwester, sondern vor allem als Team.

Sportler-Traumpaar Mirna Jukic und Jürgen Melzer gehen getrennte Wege

LAOLA1: Hast du die öffentliche Wirkung unterschätzt? Ihr wurdet als das Sportler-Traumpaar vermarktet, bei jedem Event gab es eine Geschichte.

Jukic: Wir wollten das vermeiden. Wenn sich der andere jedoch wünscht, anwesend zu sein, dann will man den Wunsch des anderen respektieren, ohne eine große Sache daraus zu machen. Eine große Sache haben nur die Journalisten daraus gemacht. Man will einfach nur sein eigenes Leben führen. Egal was war, egal was passiert ist, es wurde immer alles kommentiert und dokumentiert. Das belastet natürlich auch die Beziehung.

LAOLA1: Was hast du aus der Geschichte mitnehmen können, so wie es am Ende gelaufen ist? Das Misstrauen gegenüber gewissen Personen oder Medien dürfte gestiegen sein, oder?

Jukic: Definitiv, da lernt man die wahren Gesichter der Menschen kennen. Bis zu einem gewissen Grad kann man in meiner oder auch in Jürgens Position die Beziehung aus der Öffentlichkeit heraushalten, irgendwann geht es einfach nicht mehr. Ich würde nichts anders machen, es gibt weiterhin keine Statements zu Beziehungs-Themen von mir. Ich bin nicht vom größten Teil der Gesellschaft abhängig. Ich lebe nicht mit denen, sondern mit meiner Familie und meinen Freunden. Da sieht man auch, wer zu dir steht oder für dich da ist.

Das Interview führte Patricia Kaiser

Jukic: Jeder spricht mich darauf an und jeder macht ein Tam-Tam daraus. Warum ist es eine Sensation, wenn ich mir in ein paar Jahren Kinder wünsche? Ich habe keine Ahnung, wann das passiert, aber dass ich mir irgendwann eine geregelte Familie wünsche, ist doch normal. Wenn man sich mit 25 Jahren eine Familie wünscht, hat man weder eine Krankheit, noch ist man komisch oder verwirrt. Ich glaube, dass alles im Leben irgendwie mit einem Grund passiert. Das Schicksal wird mir den richtigen Zeitpunk und den richtigen Mann bringen. Ich muss nichts erzwingen.

LAOLA1: Du hast die vielen Schlagzeilen rund um die Trennung nicht verhindern können. Wie sehr hat dich das persönlich getroffen?

Jukic: Ich habe die Zeitungen seither nicht mehr aufgeschlagen. Diese Spekulationen und Lügen habe ich nicht ertragen können. Es hat mich getroffen, dass eine Woche bevor es überhaupt aus war, schon alles in den Medien diskutiert wurde. Ich kann nur vermuten, wo das herkommt, im Endeffekt ist es auch nicht wichtig. Ich habe mich oft gefragt, warum sich manche Medien Geschichten ausdenken müssen, wir wollten einfach unsere Ruhe. Wir haben uns getrennt, und wir sind nicht die Ersten, die sich getrennt haben und werden auch nicht die Letzten sein, deren Beziehung in die Brüche geht.  Es ist einfach nicht mehr gegangen, darüber gibt es keine Aussagen, keine Diskussionen. Es ist etwas, das nur mich und Jürgen etwas angeht.