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"Möchte als schnellster Mann der Geschichte gelten"

Michael Phelps, Ryan Lochte, Cesar Cielo oder Alain Bernard.

Das sind wohl die gängigsten Antworten auf die Frage nach dem schnellsten Schwimmer der Gegenwart. Die heißeste Aktie auf Olympisches Gold über die prestige-trächtigen 100 m Kraul ist aber James Magnussen.

Zugegeben: Als Geheimtipp gilt der baumlange Australier (1,95 m) mit norwegischen Wurzeln spätestens seit seinem WM-Titel im Vorjahr in Shanghai nicht mehr. Mit seinen 47,10 Sekunden bei den Trials am Montag in Adelaide, der schnellsten je geschwommen Zeit ohne „Wunderanzüge“, hat er seine Anwartschaft eindrucksvoll untermauert.

Magnussen hat großen Respekt vor Thorpe

Was diese Zeit wert ist, weiß er selbst nur zu gut. „Nehmt euch in Acht!“, richtete der 20-Jährige, der in die Fußstapfen von Ian Thorpe treten soll, seinen Konkurrenten vollmundig aus.

Weltrekord-Ansage des Rugby-Talents

Mit den 47,10 Sekunden schrammte Magnussen lediglich um 19 Hundertstelsekunden am Weltrekord von Cesar Cielo vorbei. Der Brasilianer siegte währenddessen bei den Südamerika-Meisterschaften. Dies tat er nach persönlichen Saisonbestzeiten über 50 m Delfin und Kraul in vergleichsweise langsamen 48,70.

Doch Cielo und Co. bloß zu schlagen, ist Magnussen zu wenig. „Ich werde mich bestimmt nicht auf meinen Lorbeeren ausruhen, stattdessen werde ich alles in meiner Macht stehende tun, um den Weltrekord zu brechen, weil ich als schnellster Mann in der Geschichte gelten möchte.“

Dabei galt Magnussen in jungen Jahren keineswegs als australisches Talent erster Güte. Beinahe wäre er sogar ganz woanders gelandet – nämlich beim Rugby.

Ahnenforschung statt Training

Begünstigt durch die körperlichen Voraussetzungen stellte Magnussen früh seine Begabung für den harten Sport mit dem ovalen Ball unter Beweis. Den Ausschlag zugunsten des Schwimmens gab eine Niederlage auf dem Rugby-Feld.

„Im Schwimmen habe ich die komplette Kontrolle über alles, was geschieht und bin von niemand anderem abhängig.“ Wenn er auf den Startblock steige, gebe es nur eine Person, die von Bedeutung sei und die sei er.

Der Junge aus der südwestlich gelegenen Hafenstadt Port Macquarie ist den Schwimm-Scouts zwar bereits früh aufgefallen, zu den Besten seines Jahrgangs zählte er allerdings nicht, weshalb er weiterhin nur in seiner Heimatstadt trainierte. Mit fortschreitendem Alter stellten sich allerdings erste Erfolge ein. Als zweifacher Jugendmeister nahm er mit 16 an den Olympia-Trials für Peking teil. Allerdings ohne Erfolg.

Magnussen war damit an einem Punkt angekommen, wo er etwas Abstand vom Schwimmsport benötigte. 2009 setzte er deshalb aus, machte stattdessen seinen High-School-Abschluss und reiste nach Norwegen, um seine Wurzeln kennenzulernen.

Gereift zum Höhenflug

2010 kehrte er nach Down Under zurück und übersiedelte nach Sydney, wo er an der Macquarie Universität unter Brant Best zu trainieren begann. Menschlich gereift und mit neuem Umfeld setzte Magnussen binnen kürzester Zeit zu einem Höhenflug an, der im WM-Titel im Vorjahr kulminierte und mit seiner neuen persönlichen Bestmarke bei den Trials eine Fortsetzung fand.

Schnellste Zeiten der Geschichte Sekunden
Cesar Cielo (BRA) 46,91 mit Anzug
Alain Bernard (FRA) 46,94 mit Anzug
Eamon Sulivan (AUS) 47,05 mit Anzug
James Magnussen (AUS) 47,10 ohne Anzug

Magnussen mit seinen beiden WM-Goldenen

Seinen bisherigen Rekord von 47,49 hatte er bei der WM aufgestellt. Verbessert zeigte sich Magnussen bei den Trials vor allem über die erste Länge.

Getrieben von James Roberts (AUS), der erst als zweiter Schwimmer heuer unter der 48-Sekunden-Marke (47,63) blieb, bewältigte er den ersten 50er in Adelaide in für ihn ungewöhnlich schnellen 22,68.

„Ich habe alles beinahe so erwischt, wie ich mir das vorgenommen hatte, aber es ist definitiv nicht gut genug. Ich habe mich wirklich geschunden und das habe ich auf den letzten zehn Metern dann auch deutlich gespürt.“

Roberts nicht Cielo

Auf die Frage, wen er für London als schärfsten Konkurrenten auf dem Zettel hat, gibt Magnussen ebenfalls Roberts und nicht Cielo an.

„Sein Druck war das Beste, was mir in Adelaide passieren konnte“, hofft Magnussen, dass bald auch der Name seines langjährigen Weggefährten auf die Frage nach den schnellsten Schwimmer des Planeten fällt.

Reinhold Pühringer