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"Wir brauchen keine Berührungsängste zu haben"

Im Rahmen des Kick-Offs "London 2012 Paralympics - One year to go! Get involved! Be part of it" lud das Österreichische Paralympische Committee am Freitag auf das Gelände des Universitätssportzentrums Schmelz in Wien.

Zahlreiche SpitzensportlerInnen wie Thomas Geierspichler, Mirna Jukic, Andreas Vevera, Stefan Koubek, Bil Marinkovic, Sebastian Stoss, Wolfgang Schattauer, Wolfgang Eibeck oder Conny Wilczynski folgten der Einladung.

Olympische SportlerInnen versuchten sich erstmals unter professioneller Anleitung der erfolgreichsten österreichischen Paralympics-AthletInnen in paralympischen Sportarten.

Blindes Wettschwimmen

Olympiamedaillengewinnerin Jukic und Olympiateilnehmer Sebastian Stoss gingen das Abenteuer ein, mit dem sehbehinderten Schwimmer Peter Tichy blind um die Wette zu schwimmen. 

"Man hat ständig Angst, irgendwo dagegenzuschwimmen. Schon nach dem Startsprung bin ich ins Seil geschwommen, man kann sich kaum noch konzentrieren, weil alles so ungewohnt ist. Das ist unglaublich schwierig", berichtete Jukic von ihrer Erfahrung.

Tichy entschied das Rennen gegen Jukic, Stoss und Koubek am Ende deutlich für sich: "Es ist eine Ehre für mich, gegen Mirna und Sebastian zu schwimmen. Ein tolles Rennen, das unglaublich viel Spaß gemacht hat."

Koubek beeindruckt

Der ehemalige Tennisprofi Stefan Koubek, der erst im August seine Karriere beendet hat, versuchte sich mit guten Tipps der Behindertensportler Martin Legner und Niko Langmann im Rollstuhl-Tennis und erkannte die Tücken der paralympischen Sportart.

"Das Gefühl und das Timing war eine Katastrophe. Ich habe höchsten Respekt vor den Rollis, es ist unglaublich beeindruckend, welche Ballwechsel sie spielen können", zollte der Kärnter Respekt. ""Behinderte sind Menschen wie wir und wir brauchen keine Berührungsängste zu haben. Das musste ich aber selbst auch erst lernen."

Legner war ebenfalls begeistert: "Ein toller Tag für uns Sportler. Bei Kaiserwetter mit Supersportlern gemeinsam aktiv zu sein - was kann man sich als Spitzenathlet mehr wünschen."

Botschafter kippte um

Tischtennis-Paralympics-Goldmedaillengewinner Andreas Vevera und Vize-Europameisterin Doris Mader, beide Österreichs große Hoffnungen bei den Paralympics 2012 in London, stellten sich als Coaches u.a. für unsere Tischtennis-Hoffnung und Jugend-Vize-Europameister 2007, Dominique Plattner, zur Verfügung.

Dominique Plattner, Jugend-Vize-Europameister 2007: "Es ist unglaublich schwierig, das Gleichgewicht zu halten. Ich musste mich bemühen, mit dem Rollstuhl nicht umzukippen." 

Voller Körpereinsatz

Paralympics-Goldmedaillengewinner Vevera, der seinen Titel in London 2012 verteidigen will: "Für jemanden, der noch nie in einem Rollstuhl gesessen ist, ist das sehr schwierig und bedarf harten Trainings."

Dies ist dem britischen Botschafter in Wien, Sir Simon Smith, nicht gelungen. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte rückwärts. ÖPC-Präsidentin Maria Rauch-Kallat eilte sofort zu Hilfe.

"Ich habe gelernt, wie schwer es ist, sich darin richtig zu bewegen. Aber wenn ich keine Helfer gehabt hätte, wäre ich vermutlich schneller wieder hochgekommen", sagte der Botschafter.

"Muss den Hut ziehen"

Im Bereich der Leichtathletik demonstrierten Rollstuhlfahrer Georg Tischler im Diskuswurf und der sehbehinderte Paralympics-Sieger Bil Marinkovic  im Speerwurf ihre Stärken.

Siebenkampf-Nachwuchs-Hoffnung Dominik Distelberger versuchte sich als "blinder" Speer- und Diskuswerfer: "Die Koordination, blind anzulaufen, ist viel schwieriger als es aussieht. Vor Bils Leistungen muss man echt den Hut ziehen!"

Bil Marinkovic freute sich, dass er seinen "Sport ein wenig vorstellen konnte. Ich bin voll im Training und möchte in London 2012 unbedingt eine Medaille holen."

Wilczynski tauschte Handball gegen Handbike

Spannend für die über 100 Zuseher und die AthletInnen auch die Rad- und Leichtathletik-Disziplinen von Rennrollstuhlfahrer Thomas Geierspichler, Handbiker Wolfgang Schattauer und Radfahrer Wolfgang Eibeck.

Handball-Nationalteam-Flügelflitzer Conny Wilczynski matchte sich im Handbike, während Stefan Koubek und Mirna Jukic sich im Rennrollstuhl versuchten.

Wilczynski: "Hut ab vor den Leistungen von Tom, Wolfgang und seinen Kollegen. Ich bin als Spitzensportler sicherlich Bewegungsabläufe gewöhnt, aber in einem Rennrollstuhl schnell um die Kurve zu ziehen ist dann doch etwas Anderes. Es war in jedem Fall eine tolle Erfahrung, mit den besten AthletInnen des Landes in paralympische Sportarten hineinschnuppern zu können."

Auch Österreichs bester BMX-Rider, Senad Grosic, zeigte sich von seinem Versuch als "Handbiker" beeindruckt: "Man kann richtig schnell werden im Handbike, aber in den Kurven ist es schwierig, bei hoher Geschwindigkeit, nur mit Gewichtsverlagerung zu lenken. Aber es hat Riesenspaß gemacht."

Geierspichler stellte Buch vor

Tom Geierspichler machte am Ende der Veranstaltung, bei der alle Teilnehmer mit einer Erinnerungsmedaille belohnt wurden, Lust auf sein neues Buch:

"Es ist berührend, aber auch sarkastisch. Und ich bin stolz, dass ich wirklich alles selbst geschrieben habe ohne Ghostwriter. Dieses Buch bin zu 100 Prozent ich."

Rauch-Kallat zufrieden

Die Bilanz des Österreichischen Paralympischen Committees (ÖPC), das erstmals in Österreich ein Event dieser Art veranstaltet hat, fällt mehr als positiv aus.

ÖPC-Präsidentin Rauch-Kallat: "Ich bedanke mich bei allen Sportlern und Sportlerinnen, die hier heute mitgemacht haben. Ich glaube, wir konnten Athleten, Sponsoren und Medien einen Eindruck vermitteln, wie schwierig die Sportarten auszuüben sind und welch großen Respekt unsere AthletInnen für ihre Leistungen verdienen. Ich freue mich schon jetzt auf die Spiele in London 2012!"