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"Man muss den jungen Spielern vertrauen"

Österreichs Herren-Nationalmannschaft trifft am Samstag im Rahmen der WM-Qualifikation auf Mazedonien.

Das Hinspiel in Skopje haben die Mannen von Patrekur Johannesson mit 21:26 verloren, somit benötigt die rot-weiß-rote Auswahl einen Sieg mit mindestens sechs Toren Differenz (fünf Tore reichen bei mehr erzielten Auswärtstreffern) um 2013 in Spanien dabei zu sein. Bei einem solchen wäre das ÖHB-Team nach dem Turnier in Schweden 2011 bereits zum zweiten Mal in Folge für eine WM qualifiziert.

Teamchef Johannesson gibt sich im Gespräch mit LAOLA1 trotz des Rückstandes optimistisch und analysiert die Fehler aus dem Hinspiel. Weiter nimmt er die heimischen Vereine aufgrund der Jugendarbeit in die Pflicht und fordert mehr Chancen für junge Spieler in der Kampfmannschaft.

LAOLA1: Das Hinspiel hat Österreich mit fünf Toren verloren. Was war der Hauptgrund für die Niederlage?

Patrekur Johanesson: Wir haben gegen Mazedonien nicht weniger als 17 technische Fehler gemacht. Das sind allesamt Nationalspieler und die können alle Handball spielen. Doch es kam ein wenig Hektik in die Partie und die Zuschauer haben ihren Teil dazu beigetragen. Jeder weiß, dass du mit mehr als fünf oder sechs technischen Fehlern kein Spiel gewinnen kannst.

LAOLA1: Wie wollen Sie den Rückstand wettmachen?

Johannesson: Wir haben nur mit fünf Toren verloren, obwohl wir auch mit minus zehn hätten untergehen können. Die Mannschaft ist nicht auseinandergebrochen, hat gekämpft und kurz vor Ende hatten wir sogar die Chance auf drei Tore heranzukommen. Wichtig wird werden, dass wir unsere Gegenstöße konsequent nützen. Im Testspiel gegen Slowenien haben wir 21 Tore in einer Halbzeit erzielt und 16 davon nur aus Konter. Die Gegenstöße sind für eine Mannschaft, wie wir es sind, eine wichtige Waffe. Machen wir die leichten Tore, dann stehen wir im Positionsangriff nicht immer unter Druck. Gerade wenn man solche Tage hat, wie jenen in Skopje, an welchem die Spieler Probleme haben, die Pässe zu spielen, dann ist es immens wichtig, dass die Abwehr steht und wir im Gegenstoß die Tore machen.

LAOLA1: Wie zufrieden sind Sie eigentlich mit der Ausgangslage?

Johannesson: Im Handball ist alles möglich. Die Füchse Berlin verlieren in der Champions League auswärts in Spanien mit elf Toren und drehen die Partie zu Hause noch. Fünf Tore sind nicht viel, aber wir wissen, dass wir unsere Fehler korrigieren müssen. Auch die Mazedonier können im Angriff mehr, als sie in Skopje gezeigt haben. Ich habe großes Vertrauen in die Mannschaft, denn wir haben von 13 Spielen unter meiner Regie neun gewonnen. Auch gegen gute Gegner wie Weißrussland, Slowenien oder Algerien, als wir ohne Legionäre aufgelaufen sind, haben wir gezeigt, was wir können. Allerdings musst du das auch an dem Tag abrufen können, an welchem es um die Wurst geht.

LAOLA1: Maximilian Hermann hat in Skopje im Rückraum begonnen, kam in der zweiten Halbzeit aber nicht mehr zum Zug. Haben Sie eventuell falsch aufgestellt?

Johannesson: Hermann ist für mich die Nummer eins auf dieser Position und ich war zufrieden mit ihm. Er war zwar ein wenig unsicher, aber irgendwann muss man in wichtigen Partien den jungen Spielern auch das Vertrauen geben, damit sie an ihrer Aufgabe wachsen. Er hat sich das mit starken Leistungen in den letzten Länderspielen verdient. Es lag nicht an ihm. Max hat 15 Minuten gespielt und dann kam Janko Bozovic für ihn, der schlicht besser war. Deswegen hat Janko dann durchgespielt.

LAOLA1: Bei Nikola Marinovic war es ähnlich. Thomas Bauer hat ihn ersetzt, der ein komplett anderer Charakter ist. Während Marinovic ganz ruhig agiert, ist Bauer ein sehr extrovertierter Schlussmann. Welche Art ist Ihnen persönlich lieber?

Johannesson: Mir ist es am liebsten, wenn die Torhüter die Bälle halten (lacht). Ich habe 16 Spieler auf dem Blankett und könnte jeden von ihnen spielen lassen. Österreich hatte oft das Problem, dass die komplette Verantwortung auf den Schultern von Viktor Szilagyi ruhte. Ich sehe das anders. Viktor ist Weltklasse, das weiß jeder, aber ich habe auch sehr viele andere gute Spieler. Es ist auch viel von der Tagesform abhängig. Roland Schlinger hatte zum Beispiel in Skopje keinen guten Tag, dann muss der Nächste kommen.

Johannesson spricht seiner Mannschaft das Vertrauen aus

LAOLA1: Im Interview mit der „SportWoche“ haben Sie gesagt, dass sie sich nur am linken Flügel keine Sorgen um die Jungen machen brauchen. Bei allen anderen Positionen würden die Österreicher in der HLA zu wenig Spielpraxis bekommen…

Johannesson: Da wurde ich falsch zitiert. Ich sprach damals von beiden Außenpositionen, sowohl links als auch rechts. Ein Blick auf die anderen Positionen zeigt, dass die jungen Talente bei ihren Vereinen nur selten zum Einsatz kommen. Ich habe eigentlich alle Spieler, die regelmäßig spielen und auch das Niveau haben, nominiert. Wollen wir in Zukunft konkurrenzfähig sein, dann müssen wir vermehrt auf die Jungen setzen.

LAOLA1: Was muss sich ändern, damit die Jungen zum Zug kommen?

Johannesson: Es sind nicht nur die Vereine in der Verantwortung, sondern auch die Spieler selbst. Sie müssen bereit sein, mit 16 oder 17 Jahren zwei Mal am Tag zu trainieren. Vor der Schule noch Kraft- oder Wurftraining zu machen und auch neben der Schule mit einem Trainer in die Halle gehen. Außerdem muss man Geduld haben, diesen Weg zu gehen. Für den kurzfristigen Erfolg ist es für den Verein sicher leichter, sich auf Legionäre zu verlassen, als eigene Spieler zu formen.

LAOLA1: In Island spielen doch aber sicher auch einige Ausländer?

Johannesson: Die Ausländer, die in Island spielen, sind Vorbilder, teils Olympia-Sieger, und das hilft dem Nachwuchs, mit solchen Klasse-Leuten zu arbeiten. Der Verband und die Liga müssen sich zusammensetzen und ein Ziel formulieren, das man in den nächsten zehn Jahren erreichen will. Nehmen wir als Beispiel den Nationalteam-Jahrgang 92 in Österreich: Lediglich drei, vier Spieler kommen regelmäßig in der Liga zum Einsatz. Das ist schlicht zu wenig für mich. Da muss mehr getan werden.

LAOLA1: Gibt es einen bestehenden Dialog zwischen den Vereinen und dem Verband?

Johannesson: Seit ich Trainer bin, habe ich neun von zehn Vereinen bereits besucht. Ich denke natürlich in erster Linie an die Nationalmannschaft, aber auch an die Vereine. Island ist für die Entwicklung junger Talente ein gutes Beispiel. Die Nationalmannschaft ist sehr stark und wir haben auch sehr gute junge Spieler, weil du bereits mit 16 oder 17 die Chance bekommst, in der Kampfmannschaft aufzulaufen. In Island haben die Spieler eine spezielle Einstellung zum Sport und zu der damit verbundenen Arbeit. Auch weil Handball bei uns unglaublich populär ist. Ich habe die Jugend trainiert und weiß es auch noch aus meiner Zeit als junger Spieler. Ich bin auch mit meinem Trainer in den Schulpausen in die Halle gegangen und habe trainiert.

LAOLA1: Aber sind die Talente in Österreich vorhanden?

Johanesson: Die Spieler, die ich im Kader habe, wie die beiden Hermann-Brüder, Dominik Schmid, Raul Santos, aber auch die im Moment nicht nominierten Marian Klopcic oder David Brandfellner sind wirklich gut. Das sind Spieler, von denen ich denke, dass sie mit richtigem Training und Einstellung sowie mehr Spielanteilen richtig gut werden können. Aber die Auswahl muss größer sein.

Das Interview führte Sebastian Rauch