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Der "Michael Jordan des Offensivspiels" tritt ab

Der

Touchdown Randy Moss!

153 Mal hinterließ die Wide-Receiver-Legende in den Endzonen der NFL einen bleibenden Eindruck.

Im Moment deutet vieles darauf hin, dass Nummer 154 nicht mehr folgen wird.

Denn der 34-Jährige hat allem Anschein nach seine 13 Jahre andauernde Karriere beendet. Das verlautbarte zumindest wenige Tage nach dem offiziellen Beginn der Free Agency sein Agent Joel Segal:

„Randy hat seine Optionen abgewogen, seine Angebote geprüft und sich entschlossen, zurückzutreten.“

„Der Michael Jordan des Offensivspiels“

Mit Moss verlässt nicht nur eine der größten Diven des US-Sports die Bühne, sondern ohne jeden Zweifel auch einer der außergewöhnlichsten und begabtesten Athleten der Football-Geschichte.

„In gewisser Weise war er der Michael Jordan des Offensivspiels in unserer Liga. Er war über einen langen, langen Zeitraum ein ganz spezieller Spieler“, lobt Leslie Frazier, Head Coach der Minnesota Vikings.

So sehr der Ausnahmeathlet das Receiver-Spiel in der NFL dominierte, so sehr fehlt ihm zu Jordan vor allem eines: Titel. Während die Basketball-Legende seine Chicago Bulls sechs Mal zum Champion krönte, war Moss ein Super-Bowl-Triumph nicht ein einziges Mal vergönnt.

Auch nicht 2007, als er im Dress der New England Patriots gemeinsam mit Quarterback Tom Brady die gegnerischen Verteidigungen reihenweise zur Verzweiflung brachte. Seine 23 Receiving-Touchdowns in dieser Regular Season stehen wohl noch länger in den Rekordbüchern. Es fehlte die Krönung. Nach einer historischen Spielzeit ohne eine einzige Niederlage kollabierte Goliath“ New England in Super Bowl XLII gegen „David“ New York Giants.

Kein Wechsel zu New England und den New York Jets

Ein weiterer Anlauf auf die Vince-Lombardi-Trophy dürfte nun nicht mehr folgen. Manche Beobachter interpretieren die Rücktrittsankündigung als beleidigte Reaktion darauf, dass seine beiden bevorzugten neuen Arbeitgeber sich für andere Receiver-Stars entschieden haben.

Einer Rückkehr zu New England stand im Wege, dass mit Chad Ochocinco ein anderer routinierter Charismatiker der NFL-Passempfänger-Gilde zu den Patriots wechselte.

Die New York Jets wiederum entschieden sich, mit Plaxico Burress lieber den Giants-Helden eben jener Super Bowl XLII unter Vertrag zu nehmen. Und das, obwohl der 33-Jährige die letzten beiden Saisonen versäumte. Er saß nämlich 20 Monate im Gefängnis, nachdem er sich in einem Nachtklub ins eigene Bein geschossen hatte.

Moss wiederum hat das entbehrlichste Jahr seiner ruhmreichen Karriere hinter sich. Nach vier Spielen von den Patriots an seinen Ex-Klub Minnesota abgegeben, entnervte er die Vikings-Verantwortlichen binnen kürzester Zeit. Nach nur vier Begegnungen zogen sie die Reißleine.

Tennessee schlug dankend zu, konnte aber wenig mit dem Superstar anfangen. In acht Partien für die Titans brachte er es nur auf sechs Catches für 80 Yards. Touchdowns? Fehlanzeige.

Verteidigungsspiel der NFL revolutioniert

Dennoch: Wenn Moss seinen Rücktritt wirklich durchzieht, verlässt er die Liga als einer der besten Receiver aller Zeiten.

Mit 153 Regular-Season-Touchdowns rangiert er gemeinsam mit „Diven-Zwilling“ Terrell Owens (ebenfalls noch ohne neuen Arbeitgeber) auf Rang zwei der ewigen Bestenliste hinter der sich außer Reichweite befindlichen San-Francisco-49ers-Legende Jerry Rice (208). Seine 15.858 Receiving Yards reichen für Platz acht, seine 954 Catches für Rang neun.

Das vielleicht bedeutendste Erbe des zukünftigen Hall of Famers ist jedoch ein anderes. Mit seiner einmaligen Mischung aus Schnelligkeit, Größe und Athletik revolutionierte er beinahe im Alleingang das Defensivspiel der NFL. Um Moss und seinen Speed in Zaum zu halten, wurde das Cover-2-Schema modern.

Trotzdem gelang ihm in elf seiner ersten zwölf Saisonen zumindest ein Catch für 60 oder mehr Yards – ein unübertroffener Wert. In jener Spielzeit (2006), in der es ihm nicht gelang, kam er immerhin auf einen 51-Yarder.

„Ich spiele, wenn ich spielen will“

„Er hat die Verteidigungsarbeit der NFL im Alleingang verändert. Um ihn aus dem Spiel zu nehmen, musstest du zwei Verteidiger abstellen, das hat Räume für die restliche Offense geöffnet. Er war ein großartiger Teamkollege, ich respektiere ihn sehr. Er hat diesem Sport so viel gegeben“, huldigt Vikings-Cornerback Antoine Winfield.

Seinen Coaches hat er jedoch auch viel genommen, vor allem kostete er ihnen Nerven. Sein berühmter Spruch „Ich spiele, wenn ich spielen will“ beschreibt das Dilemma ganz gut.

Wenn er wollte, war Moss der Beste. Was passierte, wenn er nicht wollte, konnte man unter anderem während seiner beiden Jahre in Oakland sehen.

Möglicherweise ist es auch genau diese Destruktivität, die ihn letztlich ohne Titel abtreten lässt und von Ikonen wie Jordan unterscheidet…

Peter Altmann