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Zeit der "fleischfressenden Frauen" ist angebrochen

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Für Japan ist auch im übertragenen Sinn die Sonne aufgegangen: Der erstmalige Gewinn der Frauen-Weltmeisterschaft löste Montagfrüh im ganzen Land Jubel aus.

"Ich freue mich aus tiefstem Herzen, gerade jetzt, da Japan so harte Zeiten durchmacht. Danke", lautet eine von vielen begeisterten Reaktionen im japanischen Twitter-Dienst. Ein Anhänger forderte gar einen nationalen Ehrenpreis für die Spielerinnen.

Moment das Leiden zu vergessen

Der 3:1-Sieg im Elfmeterkrimi gegen den zweimaligen Weltmeister und Olympiasieger USA hilft Japan zumindest für einen Moment, die vergangenen Monate seit dem verheerenden Erdbeben und Tsunami in der nordöstlichen Region Tohoku zu vergessen.

"Danke, dass Ihr an die Gefühle der Menschen in Tohoku gedacht habt. Danke, dass Ihr Japan Hoffnung gegeben habt", meinte ein Fan.

Rogan in China von WM-Fieber angesteckt

Selbst Österreichs Schwimm-Star Markus Rogan, der am Sonntag in Shanghai wie seine noch in Peking trainierenden OSV-Kollegen in die laufenden Weltmeisterschaften eingreift, wurde von der Euphorie-Welle im Land der aufgehenden Sonne angesteckt.

"Heute lief das Spiel permanent in Wiederholungen mit Spezialanalyse in den Nachrichten. Leider haben sie keinen 'Schneckerl' (Anm. Herbert Prohaska) zur Expertenmeinung", berichtete der 29-Jährige vom Trainingscamp aus dem Fernen Osten.

Freudentränen im ganzen Land

Kameras in den Heimatorten der Spielerinnen hielten fest, wie die daheimgebliebenen Angehörigen und Fans in blauen Trikots vor den Fernsehern jubelten, aus voller Kehle schrien und vor Freude weinten.

"Historische Leistung" stand auf einem Plakat im Studio eines japanischen Privatsenders.

"Sie haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, nicht aufzugeben", kommentierte ein Sprecher des japanischen Fernsehsenders NHK.

Ein Stück Emanzipation

Nicht wenige sehen in dem Sieg der Japanerinnen zugleich auch ein Symbol dafür, wie sehr Frauen in Japans bisher männerdominierter Gesellschaft an Selbstbewusstsein gewonnen haben.

Junji Ogura, der Präsident des japanischen Fußballverbandes, wurde mit den Worten zitiert: Der WM-Sieg habe bewiesen, wie "wunderbar" japanische Frauen seien.

Noch viel deutlicher brachte es ein Fan auf den Punkt: "Starke Frauen haben Nippon aufgemuntert." Es sei eine Zeit der "fleischfressenden Frauen" angebrochen.

Merchandising-Putsch

Noch nie genossen Japans Fußball-Frauen so viel Aufmerksamkeit wie jetzt. Schon in den Tagen vor dem Finale war die Erwartung in der Heimat gestiegen.

Nach dem Sieg gegen Schweden organisierten Reisebüros plötzlich schnell noch Gruppenreisen zum Endspiel - mit Erfolg, wie es heißt.

Trikots mit den Namen der Spielerinnen und andere Fan-Artikel waren überall ausverkauft.

Kein Zeit bei Naoto Kan

Auch der unter Rücktrittsdruck stehende Regierungschef Naoto Kan soll sich laut Medienberichten kurz überlegt haben, ob er nicht auch nach Deutschland fliegen und das Finale anschauen soll - verzichtete am Ende aber darauf, wie die Tageszeitung "Yomiuri Shimbun" berichtete.

"Wir haben Selbstvertrauen, und ich glaube, es ist langsam Zeit, dass der Fußballgott uns einen Sieg gönnt", war Teamchef Norio Sasaki kurz vor dem Showdown zitiert worden.

Paul die Krake mit japanischer Nachahmung

Ein Fischhändler auf dem weltberühmten Tokioter Fischmarkt Tsukiji nannte einen seiner Kraken - nach deutschem Beispiel - "Paul der Dritte" und ließ ihn orakeln, wer das Endspiel gewinnen werde.

In einem Aquarium legte der Fischer zwei Töpfe aus, dahinter die Fahnen der USA und Japans. Prompt kroch der Krake in den Topf für Japan.

"Klasse! Wenn es den Menschen in den Katastrophengebieten wenigstens etwas Mut und Hoffnung verleiht, freue ich mich. Danke!", brachte es ein Twitterer auf den Punkt.