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Gutachter: Zahlungsunfähigkeit "objektiv errechenbar"

Gutachter: Zahlungsunfähigkeit

Im Grazer Straflandesgericht ist am Montag der Prozess gegen Hannes Kartnig und sieben Mitbeschuldigte aus dem Umfeld des Fußball-Bundesligisten Sturm Graz fortgesetzt worden.

Dem ehemaligen Präsidenten des Clubs wird schwerer Betrug, betrügerische Krida, grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen. Diesmal war Gutachter Fritz Kleiner am Wort, der erklärte, die Zahlungsunfähigkeit sei bereits 2002 "objektiv errechenbar" gewesen.

Antrag auf Austausch

Der Verhandlungstag begann wieder einmal mit dem Antrag von Kartnig-Verteidiger Richard Soyer, Staatsanwalt Johannes Winklhofer vom Verfahren auszuschließen.

Dieses Ansinnen war bereits vom Leiter der Staatsanwaltschaft, Thomas Mühlbacher, abgelehnt worden, nun verlangte der Anwalt noch eine Entscheidung des Gerichts. Der Verteidiger erklärte, der Ankläger sei "befangen und voreingenommen" und mache immer wieder "grob unsachliche Anschuldigungen".

Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Karl Buchgraber lehnte erwartungsgemäß einen Austausch ab.

Bericht über den Sturm-Konkurs

Dann schilderte der Sachverständige Fritz Kleiner ausführlich die Chronologie der Ereignisse rund um den Konkurs von Sturm Graz. So sei bis 2002 das Eigenkapital positiv gewesen, trotzdem war bereits in diesem Jahr die Zahlungsunfähigkeit "objektiv errechenbar".

Ein Jahr später ortete der Gutachter eine "subjektive Errechenbarkeit". 2006 betrug die Überschuldung des Vereins bereits 10,6 Mio. Euro, und erst da erfolgte schließlich der Konkurs.

Auch die Schwarzzahlungen und der Wert der Spieler waren Thema. Der Gutachter schilderte detailliert die Praxis der Brutto- und Nettoverträge, für letztere mussten die Spieler keine Abgaben mehr zahlen. "Diese Verträge standen nebeneinander, außerdem gab es noch die Pensionszusagen", erläuterte Kleiner.

Pensionszusagen fragwürdig

Diese Zusatzpension sollte den Spielern laut Vertrag ab dem 60. Lebensjahr ausbezahlt werden.

"Ich habe die Ernsthaftigkeit dieser Pensionszusagen angezweifelt, denn es ist fraglich, ob ein Spieler bis 60 beim Verein bleibt und ob es den Verein dann noch gibt", sagte der Sachverständige.

Die Sinnhaftigkeit des Pensionsmodells konnte Kleiner nicht nachvollziehen: "Wenn ursprünglich schwarze Löhne bezahlt wurden und es später dann die Pensionszulagen gab, für die auch keine Abgaben bezahlt wurden, hätte man gleich die schwarzen Löhne weiterzahlen können."

Zahlungsunfähigkeit "objektiv errechenbar"

Dann kam der Sachverständige noch auf das während des gesamten Prozesses umstrittene Thema "Wert der Spieler" zu sprechen. Es gebe dafür keine klaren Richtlinien, die Transferkosten seien keinesfalls mit stillen Reserven gleichzusetzen.

"Das heißt nicht, dass der Spieler nichts wert ist, nur, dass das in einer Bilanz nicht dargestellt werden kann", führte Kleiner aus. Die Anwälte hatten immer betont, dass bei einem Verkauf der Spieler Geld vorhanden gewesen wäre. Doch dazu kam es damals nicht, und so sei bereits 2002 die Zahlungsunfähigkeit "objektiv errechenbar" gewesen.

Der Prozess wird am Dienstag (ab 9.00 Uhr) mit der Befragung des Gutachters durch die Verteidiger fortgesetzt.