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"Resultate in Zukunft zwingende Notwendigkeit"

Im WM-Spiel gegen Brasilien wird Leo Windtner der U20-Auswahl in Kolumbien erstmals vor Ort die Daumen drücken.

Der ÖFB-Präsident, der auch am Donnerstag in Cartagena beim Match gegen Ägypten im Stadion sitzen wird, traf am Montag in Barranquilla ein.

Die Anreise erfolgte über Rio de Janeiro, wo der Oberösterreicher gemeinsam mit Teamchef Dietmar Constantini die WM-Qualifikationsauslosung verfolgt hatte.

Mit der APA sprach der 60-Jährige unter anderem über die Chancen in einem Pool mit Deutschland, Schweden, Irland, Färöer und Kasachstan und sinnierte über die Zukunft von Constantini.

Frage: Bleiben Sie auch mit einem gewissen zeitlichen Abstand bei der Meinung, es hätte bei der Auslosung schlimmer kommen können?

Leo Windtner: Ja, denn es gibt schon einige Hammergruppen. Wir wissen aber, dass es für uns keine leichte Gruppe gibt. Es wird aller Voraussicht nach wieder ein Spiel um Platz zwei, weil Deutschland haushoher Favorit ist.

Frage: Gibt es diesmal eine klare Vorgabe, dass man Zweiter werden muss?

Windtner: Die Latte liegt schon dort, dass wir den zweiten Platz ansteuern. Wir können nicht dauernd nur auf die Ergebnisse warten, wir müssen sie auch einmal machen. Es gibt jetzt eine Reihe von Spielern, die im A-Team und im internationalen Bereich ihre Feuertaufe bestanden haben und sich immer mehr zu Führungsspielern entwickeln. Daher muss diese Konsolidierung geschafft werden, dass man nicht nur gut auftritt, sondern auch Erfolge hat.

Frage: Das heißt, die positive Entwicklung allein ist ab sofort zu wenig?

Windtner: Die positive Entwicklung gehört fortgesetzt. Es ist toll, wenn wir jedes Jahr mehrere Spieler in ausländischen Ligen unterbringen und sofort wieder Top-Talente nachbringen. Doch die Öffentlichkeit und die Fans erwarten auch Ergebnisse. Das Match gegen Deutschland war symptomatisch: Wir haben uns bestens dargestellt, aber das Resultat hat nicht gestimmt. Es wird eine zwingende Notwendigkeit sein, dass sich in Zukunft auch die Resultate dazugesellen.

Frage: Gibt es im Nationalteam überhaupt eine positive Entwicklung?

Windtner: Rein auf die Nationalmannschaft bezogen hat es sicher gewaltige Rückschläge gegeben, besonders das Belgien-Match mit dem anschließenden Türkei-Spiel. Aber wir haben in den letzten beiden Spiele gegen Deutschland und Lettland gezeigt, dass wir grundsätzlich auf dem Weg sind.

Frage: Kann sich Constantini daher Hoffnungen auf eine Vertragsverlängerung machen?

Windtner: Das Thema ist offen. Wenn die Entwicklung im zweiten Länderspiel-Halbjahr auch resultatsmäßig klar nach oben zeigt, dann wird es wahrscheinlich wenig Diskussionen geben. Wenn die Entwicklung nach unten geht, dann wird's auch keine Diskussionen geben. Wenn wir in dieser - sagen wir, etwas abwechselnden - Linie weiterfahren, dann wird man offen ausdiskutieren müssen, was die vernünftigste Lösung ist.

Frage: Kann Constantini das Potenzial der Nationalmannschaft voll ausreizen?

Windtner: Ich würde nicht Nein sagen. Tatsache ist aber, dass wir dort anschließen müssen, wo wir gegen Deutschland und Lettland aufgehört haben und eine Konstanz entwickeln müssen.

Frage: Würden Trainer vom Typus eines Thomas Tuchel mehr aus dem Team herauskitzeln können?

Windtner: Diese Frage ist theoretischer Natur. Wir haben einen Teamchef, mit dem es einen Vertrag bis Jahresende gibt. Aber ich glaube, Constantini wird sich sicher auch in diesem Umfeld umsehen und nicht nur im Bisherigen verharren, sondern schon schauen, wo die Entwicklung des Fußballs hingeht.

Frage: Sie verlangen also von Constantini eine gewisse Fortbildungswilligkeit?

Windtner: Ich halte das für zwingend notwendig, das muss in jedem Job passieren. Man kann nicht im eigenen Saft braten, man muss schon immer wieder schauen, was auf der internationalen Bühne abgeht.

Frage: Hat Constantini das bisher nicht gemacht?

Windtner: Ich glaube, dass er in letzter Zeit verstärkt in diese Richtung tendiert.

Frage: Warum kommen in Österreich keine Coaches a la Tuchel heraus?

Windtner: Wir haben ja mit einem Franco Foda, Peter Schöttel oder Walter Kogler durchaus Trainer der neuesten Charakteristik. Die österreichische Trainerausbildung kann sich international absolut sehen lassen.

Frage: Aber wäre es nicht wichtig, dass von außen in den geschlossenen Kreis eingebrochen wird, um neue Inputs zu erhalten?

Windtner: Absolut, doch es ist auch durch unsere Zugangskriterien zur Profi-Lizenz gewährleistet, dass wir keinen 'closed shop' für Ex-Nationalspieler haben. Wir bemühen uns immer wieder, dass nicht nur Ex-Profis drankommen, sondern auch Quereinsteiger eine Chance bekommen.

Frage: Ebenfalls in den ÖFB-Bereich fällt der Cup-Bewerb - halten Sie es für sinnvoll, dass die Amateur-Teams der Profi-Vereine daran teilnehmen dürfen?

Windtner: Die Klubs beharren stark darauf, das Thema ist möglicherweise noch nicht erschöpfend erledigt. Wir haben mit dem Auslosungsmodus versucht zu vermeiden, dass eine Mannschaft auf die eigenen Amateure trifft. Grundsätzlich sind wir mit dem Cup auf keinem schlechten Weg. Die Vereine haben seinen sportlichen und finanziellen Wert erkannt. Dass immer wieder Verbesserungsnotwendigkeiten auftreten, ist klar. Wir analysieren und evaluieren den Cup jedes Jahr aufs Neue.

Frage: Sind Sie auch wie ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner der Meinung, die Cup-Teilnahme sei für Amateur-Spieler ein wichtiger Lernprozess?

Windtner: Das sehe ich nicht so. Die Amateure lernen am meisten in der Meisterschaft, der Cup ist ein Zusatz. Daher ist es weit brisanter, dass man die Amateur-Mannschaften auf die dritte Ebene verbannt hat. Das hat keinen Sinn gemacht. Die Erste Liga ist für mich die klassische Ausbildungsliga. Wir können nicht unsere Top-Talente in die dritte Liga verbannen.