Ob er ein paar Worte des Trosts für Österreich habe, wurde Bastian Schweinsteiger nach Spielschluss gefragt.
„Die Österreicher hatten drei Chancen und haben zwei Tore gemacht – diese Quote ist nicht so schlecht“, grinste der Bayern-Kicker.
Dieser Trost war zweifelsohne nett gemeint, streute aber unter dem Strich weiteres Salz in die tiefe rot-weiß-rote Wunde. Denn auch der deutsche Mittelfeld-Star wusste trotz zweier Gegentreffer um die mehr als drückende Überlegenheit seiner Elf.
Keine Frage: Auswärts beim „großen Bruder“ kann man verlieren. Noch mehr als das herbe 2:6-Debakel des ÖFB-Teams gegen den WM-Dritten schmerzte jedoch die Art und Weise.
Lahm: „Hätte höher ausgehen können“
So blöd es klingt: Der schwarze Abend von Gelsenkirchen hätte noch viel, viel bitterer enden können, so zahlreiche Top-Chancen ließen die Deutschen ungenützt.
„Am Schluss hätte es mit Sicherheit höher ausgehen können“, glaubte auch DFB-Kapitän Philipp Lahm. Selbst ÖFB-Teamchef Didi Constantini musste nach der siebten Niederlage in den jüngsten acht Länderspielen eingestehen:
„Das Ergebnis ist schlimm, aber wir hätten auch noch mehr Tore kriegen können.“ Nachsatz des Tirolers: „Das nehme ich natürlich auf meine Kappe.“
Özil, Kroos und Schweinsteiger nicht in den Griff gekriegt
War letztere Aussage ernst gemeint, kann man kaum von einer verfehlten Selbsterkenntnis sprechen. Denn darüber, worin der taktische Schlüssel für die drückende schwarz-rot-goldene Überlegenheit lag, herrschte im österreichischen Lager Einigkeit.
In den Worten von Christian Fuchs klang es so: „In den ersten 30 Minuten haben wir das Spiel verschlafen und den Deutschen im Mittelfeld mit ihren drei zentralen Spielern viel zu viel Raum gegeben. Die haben dann natürlich unsere Abwehr ohne Bedrängnis unter Druck setzen können. Das war einfach ganz schlecht von uns.“
In den Worten von Martin Harnik klang es so: „Wir haben es in der ersten Halbzeit überhaupt nicht geschafft, die Drei im Mittelfeld – Özil, Kroos und Schweinsteiger – in den Griff zu bekommen. Sie waren immer anspielbar und haben dementsprechend auch das Spiel gestaltet. Dann wird es einfach brutal schwer. Sie sind schnell in Führung gegangen, dann haben sie uns mehr oder weniger vorgeführt.“
Wen der Trainer („Das nehme ich alles auf meine Kappe“) damit meinte, bleibt Interpretationssache, vermutlich aber die Spieler.
„Die Deutschen waren auf jeder Position besser als wir“
Wobei natürlich nicht abzustreiten ist, dass zwischen den ÖFB-Kickern und ihren deutschen Pendants ein Klasseunterschied besteht, auch wenn Lahm festhielt: „Die Österreicher sind gute Einzelspieler, das wissen wir aus der Bundesliga.“ Daran, dass Deutschland den „besseren Kader“ habe, ließ der Neo-Literat jedoch auch keinen Zweifel.
„Heute wurden die 65 Plätze Unterschied in der Weltrangliste deutlich. Die Deutschen waren auf jeder Position besser als wir“, fand Harnik.
Dennoch hat es die ÖFB-Elf den Gastgebern zu einfach gemacht. Dass Rot-Weiß-Rot kaum in die Zweikämpfe kam, offenbarte sich auch daran, dass der italienische Referee Paolo Tagliavento einen denkbar ruhigen Abend hatte.
„Dass wir keine einzige Gelbe Karte haben, ist schlimm“, urteilte Rückkehrer Arnautovic, der mit einem Treffer und einem Assist zumindest offensive Akzente setzen konnte.
Schweinsteigers Rat: Mehr Selbstvertrauen
Dieses Aufbäumen und die dabei an den Tag gelegte Effizienz waren zwar erfreulich, letztlich jedoch auch nur Kosmetik. Denn nicht nur Schweinsteiger glaubte, dass dies auch daran lag, dass Deutschland phasenweise einen Gang zurückschaltete: „Wir hatten das Spiel jederzeit im Griff, konnten unser Tempo selbst bestimmen.“
Zum Abschluss hatte der Mastermind des DFB-Mittelfelds zwar keinen Trost, aber zumindest einen Rat für Österreich parat:
„Ihr Österreicher macht euch oft selbst ein bisschen zu klein, das nimmt ein wenig das Selbstvertrauen raus.“
Die Leistung in Gelsenkirchen hat die rot-weiß-rote Brust definitiv nicht verbreitert.
Peter Altmann
In den Worten von David Alaba klang es so: „Natürlich war es nicht einfach, in der Mitte gegen die Drei zu spielen, weil sie viel rotiert haben und man oft zu spät kommt.“
Constantini: „Ein, zwei Spieler wollten zu viel“
Der Bayern-Youngster war im österreichischen 4-4-2-System gemeinsam mit Julian Baumgartlinger der numerischen Überlegenheit Deutschlands in der Zentrale hilflos ausgeliefert. Vor allem Mesut Özil nutzte die sich ihm bietenden Räume und zündete ein wahres Feuerwerk.
Bereits nach 28 Minuten war die Partie im Prinzip gelaufen, stand es 3:0 für die entfesselten Hausherren.
Das Grundübel ist Constantini nicht verborgen geblieben: „Wir haben zu viele Fehler gemacht, unsere Formationen waren zu weit auseinander. Das war für die deutschen Mittelfeldspieler ideal.“
„Ein, zwei Spieler wollten zu viel, und dann rennst du immer hinten nach, aber ich kritisiere jetzt keinen Spieler. Pressing kannst du nur im Block spielen, und das haben wir nicht gemacht“, erläuterte der Tiroler seine Sicht der Dinge weiter.
Keine Reaktion von der Seitenlinie
Der Plan sei gewesen, zehn bis 20 Meter vor der Mittellinie zu attackieren, „aber wir haben am gegnerischen Sechszehner attackiert. Dann schreist du von draußen und verlierst die Stimme – wundert mich eh, dass ich sie noch habe.“
Der 56-Jährige mag sein Stimmorgan belastet haben, eingegriffen – zum Beispiel mit einem Wechsel, der die taktische Fehleinschätzung korrigiert und für Gleichgewicht im Mittelfeld sorgt – hat er nicht. Sein einziger Austausch erfolgte erst in Minute 73, als er Jimmy Hoffer für Daniel Royer brachte. Am System änderte sich nichts, statt des Neo-Hannoveraners ging Marko Arnautovic auf die linke Seite.
Den Einwand, dass man schon vor dem Spiel gewusst habe, wie die Mannen von Teamchef Joachim Löw agieren, konterte Constantini: „Das haben wir eh alles gewusst, aber es hängt halt auch von Menschen ab, die Fehler machen.“