Willi Ruttensteiner ist ein höflicher Mensch.
Also versuchte er im Rahmen seiner Kaderbekanntgabe alles, um nur nicht den Eindruck zu erwecken, als würde er die Arbeit des glücklosen Vorgängers Didi Constantini über den Haufen werfen.
„Mir liegt es am Herzen zu sagen, dass ich meine Arbeit darauf aufbauen kann, was Constantini aufgebaut hat. Auf dieser Basis kann ich meine Überlegungen einfließen lassen“, übte sich der Interims-Teamchef im Diplomaten-Sprech und fügte auch noch ein artiges Danke hinzu.
Besagte Überlegungen mögen im Detail liegen, sind jedoch interessanter, einschneidender und wichtiger, als sie Ruttensteiner selbst nach außen verkaufen möchte.
Während es am Personalsektor großteils wenig Grund für Änderungen gab, trat der Oberösterreicher im Prinzip vom ersten Tag seiner zeitlich begrenzten Teamchef-Rolle als eine Art „Anti-Constantini“ auf und verkörperte diese in punkto inhaltlicher Kommunikation auch während seines knapp 35-minütigen Pressekonferenz-Auftritts.
LAOLA1 nennt einige Beispiele für die geänderte Herangehensweise unter Ruttensteiner:
DAS BEISPIEL IVANSCHITZ/STRANZL:
DAS BEISPIEL KOMMUNIKATION:
DAS BEISPIEL ROGER SPRY:
Der Conditioning Coach steht sinnbildlich für die unterschiedliche Herangehensweise zwischen Ruttensteiner und Constantini in punkto Betreuung einer Mannschaft. Der Engländer war 2009 das erste Personalopfer des letztlich erfolglosen Teamchefs, dem die ungewöhnlichen Methoden Sprys immer ein Dorn im Auge waren. Ruttensteiner will indes „die Professionalität erhöhen“ und beordert den Fitness-Guru, den er „für einen der Besten in Europa“ hält, von der U21 wieder zum A-Team. Dieses hatte er einst für die EURO 2008 fit gemacht. Der bisherige Konditionstrainer Mike Steverding bleibt an Bord. Ruttensteiners Hintergedanke basiert darauf, dass die Teamspieler am Wochenende davor an unterschiedlichen Tagen (Samstag, Sonntag, einige sogar am Montag) zum Einsatz kommen und daher unterschiedliche Bedürfnisse haben: „Ich meine, dass vor allem in der Regeneration Individualisierung notwendig ist. Die Spieler werden auf Coaches zugeteilt, und hier ist es von Vorteil, mehrere Trainer zu haben. Es kann durchaus sein, dass ich das noch erweitere, um gerade in der ersten Phase des Camps, bis wir technisch-taktisch arbeiten, die Spieler noch besser betreuen zu können.“ Auch die Rückkehr eines von Constantini vehement abgelehnten Mentalbetreuers ist wohl nur eine Frage der Zeit. Für die aktuelle Zusammenkunft hat Ruttensteiner jedoch darauf verzichtet: „Ich habe mit vielen Spielern gesprochen, ob sie wünschen, dass wir im mentalen Bereich jemanden beiziehen. Ich bin ein Verfechter davon und glaube, dass es notwendig ist. Aber in der jetzigen Situation haben sich eigentlich alle Spieler dagegen ausgesprochen, da es zu viel wäre. Das sehe ich auch so: Zu viel zu verändern, wäre jetzt nicht gut.“
DAS BEISPIEL ZUSAMMENARBEIT MIT DER U21:
DAS BEISPIEL DETAILVERLIEBTHEIT:
„Das kann man so oder so interpretieren“
Dass Ruttensteiner, der als Theoretiker gilt, sich selbst jedoch „auch als Praktiker“ sieht, inhaltlich anders als Constantini agieren würde, war zu erwarten. Wie viel er in zwei interimistisch verantworteten Spielen bewegen kann, sei dahingestellt.
Der hauptberufliche Sportdirektor selbst sieht seine Rolle so: „Für mich ist es eine ganz sensible Aufgabe. Meine Überlegung ist, den Boden für den neuen Teamchef aufzubereiten und nicht irgendwo etwas zu zerstören.“
Maßnahmen, die Ruttensteiner jetzt setzt, können in der Folge von seinem Erben übernommen werden. So gesehen führt es doch zu einer Art Bruch mit der Ära Constantini, indem der Oberösterreicher, wie eingangs erwähnt, seine „Überlegungen einfließen“ lässt.
Ruttensteiner auf Nachfrage zum Thema Umbruch? „Ich habe bewusst gesagt, ich möchte meine Überlegungen einfließen lassen und für mich Optimierungsschritte setzen. Das kann man jetzt so oder so interpretieren…“
Peter Altmann