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"Das ist sehr unfair Marcel Koller gegenüber"

Übrigens: Fußball gespielt wird auch noch. Teamchef-Diskussionen hin oder her.

Am Donnerstag tritt die ÖFB-Delegation gewissermaßen eine Reise ins Ungewisse an. Destination Baku.

Aserbaidschan erwies sich im Laufe dieser EM-Qualifikation gerade in Heimspielen als unangenehmer Gegner. Die einzige Niederlage setzte es mit 1:3 gegen Deutschland, das dritte DFB-Tor fiel erst in der Nachspielzeit.

Die Türkei ging als Verlierer vom Platz (0:1), Belgien musste sich mit einem Punkt begnügen (1:1) – für beide ging es zu diesem Zeitpunkt noch um ein EURO-Ticket. Dieses kann Österreich leider nicht mehr lösen.

Christian Fuchs tritt im LAOLA1-Interview trotzdem entschieden der Meinung entgegen, dass es für die ÖFB-Elf um nichts mehr gehe.

Zudem begrüßt er, dass der Verband die Zeichen der Zeit erkannt und einen Schnitt gemacht hat, beziehungsweise kann er über die heftige Kritik an der Installierung von Marcel Koller als neuen Teamchef nur den Kopf schütteln.

LAOLA1: In den letzten Tagen ist viel von einem Charaktertest die Rede. Ist das die richtige Bezeichnung für das Spiel in Aserbaidschan?

Christian Fuchs: Es geht ja auch um einiges. Es ist nicht so, dass die letzten beiden Spiele mehr oder weniger nur mehr Pflicht sind, sondern es geht darum, dass wir im FIFA-Ranking nicht weiter nach hinten rutschen oder vielleicht einen Topf nach hinten gereiht werden. Deswegen sind die Ergebnisse sehr wichtig. Unser Anspruch ist, diese beiden Spiele positiv zu beenden und zu gewinnen, denn ich habe keine Lust darauf, hinter einem der beiden Länder zu landen. Dazu müssen zwei Siege her.

LAOLA1: Verstehst du so gesehen, dass man rundherum immer wieder hört, dass es zwei unwichtige Spiele seien, in denen es um nichts geht?

Fuchs: Was rundherum erzählt wird, ist uns eigentlich sehr egal. Wir schauen, dass wir in den nächsten beiden Spielen unsere Leistung bringen. Es geht darum, dass wir Österreich noch zwei Mal 90 Minuten lang vertreten und zwei Siege holen.

LAOLA1: Aserbaidschan hat zu Hause die Türkei geschlagen und gegen Belgien Remis gespielt. Ihr habt den Gegner bereits analysiert, was zeichnet ihn aus?

Fuchs: Sie kämpfen bis zum Umfallen. Für sie ist es eine große Ehre, gegen Nationen wie zum Beispiel Deutschland zu spielen. Das ist sicher sehr unangenehm für jede Mannschaft, die dort spielt, weil auch das Publikum mit vollem Enthusiasmus hinter ihnen steht. Wir haben trotzdem auch gesehen, dass sie Schwächen haben, haben uns aber auch ihre Stärken angeschaut. Wir sind sehr gut vorbereitet.

LAOLA1: Wie kann man Aserbaidschan knacken?

Fuchs: Das werdet ihr dann sehen. Wir müssen ganz einfach schauen, dass wir unsere Stärken auf den Platz bringen, was uns in der jüngeren Vergangenheit zu selten gelungen ist. Das ist das Allerwichtigste für dieses Spiel.

LAOLA1: Teamchef Ruttensteiner hat unter anderem schnelle Balleroberungen hervorgehoben.

Fuchs: Wenn du den Ball hast, kann der Gegner keine Tore schießen. Auch wenn es nur ein Testspiel gegen einen Zweitligisten war, hat man schon gegen Hartberg gesehen, dass wir auf möglichst schnell Rückeroberung des Balles aus sind. Wir werden probieren, das im Training noch zu optimieren.

LAOLA1: Abseits vom Spiel ist vieles neu beim ÖFB. Willi Ruttensteiner leitet die aktuelle Zusammenkunft. Was hat sich alles verändert?

Fuchs: Ich glaube überhaupt, dass ein gewisses Umdenken beim ÖFB stattgefunden hat und man aus den Fehlern, die man vielleicht in der Vergangenheit gemacht hat, gelernt und die richtigen Schlüsse gezogen hat. Ich denke, dass der ÖFB einen sehr guten Weg eingeschlagen hat, auch mit der Verpflichtung von Marcel Koller. Man sieht es auch an der täglichen Arbeit: Es ist ein ganz anderer Zug dahinter, meiner Meinung nach wird jetzt viel professioneller als in der Vergangenheit gearbeitet. Wichtig wäre es, dass man die Vergangenheit ruhen lässt und sich auf die Zukunft konzentriert.

LAOLA1: Man hat gesehen, was in den letzten Jahren passiert ist. Hätte man nicht früher einschreiten müssen?

Fuchs: Klar könnte man das sagen, aber im Nachhinein ist man immer schlauer. Ich finde, es ist wichtig, dass der Schnitt gemacht worden ist, dass die Lehren gezogen worden sind, und dass alles auf die Zukunft fokussiert wird.

LAOLA1: Die Reaktionen auf Kollers Bestellung sind teilweise sehr negativ. Er hat noch keine Minute mit euch gearbeitet und wird trotzdem bereits heftig kritisiert. Wie ärgerlich ist das?

Fuchs: Ich finde, das ist sehr unfair Marcel Koller gegenüber. Und da geht es nicht um Marcel Koller, das wäre es gegenüber jedem Trainer. Er hat noch nicht einmal sein Amt angetreten und wird schon vorverurteilt. Auch wenn er international vielleicht nicht so ein bekannter Name ist, die Frage ist, ob es so wichtig ist, dass man ihn in Österreich kennt. In Deutschland kennt man ihn, dort hat er meiner Meinung nach viel mehr Gewicht. Er ist ein Trainer, der sich einen Namen gemacht hat und in Deutschland auch schon bei einigen Spitzenklubs im Gespräch war. Er verfügt schon über das nötige Wissen, das wir unbedingt brauchen, und auch über die nötige Erfahrung. Ich sehe dem Ganzen sehr positiv entgegen und glaube schon, dass das eine gute Entscheidung war.

LAOLA1: Das heißt, bei der Kritik gehört ein wenig Hysterie rausgenommen?

Fuchs: Ich meine, was soll das? Jeder hat eine faire Chance verdient. Wie es sich letztendlich entwickelt, bleibt ohnehin abzuwarten. Da sind wir auch selbst in der Verantwortung, und nicht nur der Trainer - auch alle Betreuer rundherum, der ganze ÖFB. Mein Appell an alle ist wirklich, ihm eine faire Chance zu geben. Wenn es nicht läuft, kann man immer noch kritisieren. Wenn es gut laufen sollte, sind wir aber auch froh, oder?

Das Gespräch führte Peter Altmann

LAOLA1: Du hast 2005 schon mit der U21 in Baku gespielt, das Spiel endete 0:0. Wie sind deine Erinnerungen?

Fuchs: Ans Spiel kann ich mich nicht mehr so genau erinnern, mehr an das vom A-Team (Ebenfalls 0:0; Anm.d.Red.). Aber es ist natürlich eine eigene Atmosphäre dort. Es sind schwere Bedingungen, wir haben drei Stunden Zeitunterschied, was für den Körper natürlich eine Belastung ist, da wir erst einen Tag vor dem Spiel anreisen. Mal sehen, wie wir uns auf die Gegebenheiten einstellen können. Aber letztendlich geht es 90 Minuten lang nur um Fußball, und ich glaube, dass wir die bessere Mannschaft sind, das haben wir auch im Heimspiel gezeigt.

LAOLA1: Die Reise geht in ein exotisches Land, wo man nicht so oft hinkommt. Hat man als Fußballer Zeit, sich die Stadt ein bisschen zu Gemüte zu führen, oder geht es nur darum, den Job zu erledigen?

Fuchs: Es geht nur darum, den Job zu erledigen, und zwar positiv. Es ist ja nicht so, dass wir hinfahren, um Urlaub zu machen und uns eine schöne Farbe zu holen, sondern wir wollen Österreich vertreten und möglichst drei Punkte holen.