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Banken anzünden statt Fußballspielen

Banken anzünden statt Fußballspielen

Javi Poves trat für seine Ideale ein und entschied sich gegen ein wohlhabendes Leben als Fußballer in einer der besten Ligen der Welt.

Nach seinem Debüt in der Primera Division im vergangenen Mai löste der 24-Jährige im Juli seinen Vertrag mit Sporting Gijon auf und hängte seine Fußballschuhe an den Nagel.

„Als ich klein war, spielte ich aus Liebe zum Sport. Aber je besser du den Fußball kennenlernst, desto mehr fällt dir auf, dass es nur um Geld geht. Das nimmt dir ein bisschen die Illusion“, erklärt Poves seinen Rücktritt.

"Große Betrügerei"

Seine Kritik beschränkt sich aber nicht auf den Fußball, sondern gilt vielmehr dem gesamten Weltsystem: „Die Realität des Fußballs ist eine Metapher für die gegenwärtige Welt. Alles basiert auf großer Betrügerei.“

Poves liest viele Bücher, die von Karl Marx bis „Mein Kampf“ von Adolf Hitler reichen, um sich mit möglichst vielen unterschiedlichen Ideologien zu beschäftigen. Er versucht, die Welt um ihn herum zu verstehen, was ihn zu einem Außenseiter im Fußball-Geschäft machte.

„Es ist deprimierend, zu sehen, dass praktisch kein Fußballer mal ein Buch liest“, ist Poves von seinen ehemaligen Kollegen enttäuscht: „Es gibt kaum Fußballer, die sich auch nur minimal dafür interessieren, was um sie herum passiert.“

"Ein eigenartiger Junge"

„Niemand reagiert, sobald man über bestimmte Themen redet – das ist schrecklich. Es kommen Spieler aus der Dritten Welt und in der nächsten Minute vergessen sie, wo sie herkommen.“

Die Schuld an dem fehlenden Interesse gibt Poves aber nicht den Spielern, sondern der westlichen Erziehung, die keine Querdenker zulässt: „Wenn du dem System abschwörst, das sie aufgebaut haben, bist du ein Verrückter.“

Sporting Gijon ist bemüht, so wenig wie möglich über den Aussteiger zu reden. „Er war immer ein eigenartiger Junge“, lautet eine der wenigen Reaktionen aus der Vereinsführung.

"Man muss Banken anzünden"

Es wurde wohl als eigenartig aufgefasst, dass Poves den geschenkten Dienstwagen ablehnte, weil ihm sein eigener Smart genügte. Auch mit der Bitte, sein Gehalt nicht per Banküberweisung bezahlt zu bekommen, überraschte er seine Arbeitgeber. Poves wollte den Banken die Möglichkeit nehmen, mit seinem Geld zu spekulieren.

„Was bringt es mir 1.000 Euro statt 800 zu verdienen, wenn ich weiß, dass das Geld mit dem Leid vieler Menschen gemacht wird?“, fragt Poves, der in spanischen und immer mehr internationalen Medien große Aufmerksamkeit genießt.

Mit den „Empörten“, deren Proteste seit 15. Mai die Bilder vieler Städte in Spanien prägen, kann sich der ehemalige Innenverteidiger nicht identifizieren.

Die Demonstrationen haben für Poves einen zu wenig systemkritischen Charakter: „Die Bewegung ist von den Medien kreiert worden, um das soziale Unbehagen zu kanalisieren und zu verhindern, dass etwas Gefährliches und Unkontrollierbares für das System entsteht."

"Der Kapitalismus wäscht sein Gesicht, aber es gibt keinen radikalen Wandel. Man muss Banken anzünden, Köpfe rollen lassen. Das Glück dieses Teils der Welt ist das Unheil des Restes.“

Suche nach "sauberem Leben"

„Fußball ist einzig und allein dafür gedacht, die Menschen von der Realität abzulenken. Es gibt enorm viel Korruption im Fußball – das habe ich gesehen – sowie in jedem Sektor, in dem mit Geld hantiert wird“, ist der 24-Jährige überzeugt. An diesem Spiel will er künftig nicht mehr teilnehmen. Poves will sein Geschichte-Studium fortsetzen, viel lesen und sich über alles informieren.

„Ich will mich nicht prostituieren – wie 99 Prozent der Leute. Wenn ich kein sauberes Leben in Spanien führen kann, werde ich es in Birma oder wo auch immer führen.“

Manuel Preusser