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"Deutschland auszuschließen, war ein Irrtum"

Zugegeben, einen Sportler am Vormittag nach einer Aufstiegsfeier anzurufen, ist nicht die durchdachteste Handlung.

„Sorry, ich schlafe noch“, war späteren Dienstagvormittag am Ende der LAOLA1-Leitung zu vernehmen.

Doch Ümit Korkmaz wäre nicht Ümit Korkmaz, wenn er das jemandem übel nehmen würde. Der stets gut gelaunte ÖFB-Legionär rief Stunden später entspannt zurück.

Auch kein Wunder, hatte der 26-Jährige abends zuvor doch allen Grund zu feiern. Mit einem 3:0-Sieg in Aachen fixierte seine Frankfurter Eintracht den sofortigen Wiederaufstieg in die Bundesliga.

Schöner Abschied

„Es könnte kein schönerer Abschied sein“, schildert der in Rapid-Zeiten „Ü-Ü-Ümit“ getaufte Dribblanski. Korkmaz wird nach vier Jahren – Ausnahme ist ein halbjähriges Gastspiel in Bochum – Frankfurt verlassen, der auslaufende Vertrag nicht verlängert.

Bei neun Einsätzen und 207 Einsatzminuten kommt es nicht überraschend, dass beide Parteien einen Schlussstrich gezogen haben.

Im LAOLA1-Interview spricht der Publikumsliebling über seine Zukunft.

LAOLA1: Herzlichen Glückwunsch zum Aufstieg. Wie war die Party?

Korkmaz: Die war echt angemessen. Wir haben ja noch zwei Spiele, haben es nicht übertrieben. Natürlich haben wir gefeiert, das gehört dazu und war toll und richtig angenehm. Wir sind gegen drei Uhr in Frankfurt angekommen, haben dann noch mit den Fans, die da waren, angestoßen.

LAOLA1: Du hast in dieser Saison nicht viel gespielt, hat das deiner Freude einen Abbruch getan?

Korkmaz: Nein, auf keinen Fall. Wir haben eben eine super Mannschaft, einen tollen Kader und da darf keiner beleidigt sein, wenn er nicht spielt. Der Erfolg gibt den Spielern und dem Trainer Recht, weiterhin so zu spielen. Deswegen stehen wir nun in der Bundesliga. Klar will jeder spielen, aber es können eben nur elf Spieler auflaufen. Das ist bei anderen Teams nicht anders.

LAOLA1: Dein Abschied ist schon länger bekannt. Könnte er schöner nicht sein?

Korkmaz: Absolut. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir das geschafft haben. Es ist toll, wieder in der Bundesliga zu sein, auch wenn ich nicht mehr hier sein werde. Aber ich gehöre noch dazu, keiner sagt, Ümit würde jetzt nicht dazugehören. Das merkt man alleine vom Verhalten her. Ein anderes Gefühl hatte man die ganze Saison nicht. Alle haben an einen Strang gezogen.

LAOLA1: Wie bislang überall bist du auch in Frankfurt ein Publikumsliebling. Hast du das auch in dieser für dich schwierigen Spielzeit gemerkt?

Korkmaz: Ja, am Montag erst habe ich es wieder mitbekommen, wie die Fans auf mich zugekommen sind. Das gilt scheinbar noch immer. Ich werde mich auch so verabschieden, wie ich gekommen bin - mit Respekt. Von oben ist Respekt da, ich respektiere alle – aufgestiegen, hervorragend!

LAOLA1: Hat es mit Trainer Armin Veh jemals Probleme gegeben?

Korkmaz: Nein, gar keine. Mit Michael Skibbe hatte ich damals welche, aber mit Armin Veh überhaupt nicht. Er ist ein hervorragender Trainer. Man sieht, dass er richtig professionell trainiert und diese Mannschaft richtig gut gemacht hat. Wir hatten ja aufgrund der Stärke großen Konkurrenzdruck innerhalb des Teams und er hat es geschafft, dass am Ende keiner beleidigt war.

LAOLA1: Wann war klar, dass Frankfurt und du getrennte Wege gehen?

Korkmaz: Es gab keinen fixen Zeitpunkt, es hat sich einfach ergeben. Man hat gesehen, dass wir eine starke Mannschaft haben, die Konkurrenten kommen auch nach. Da macht man sich seine Gedanken und es ist alles Schritt für Schritt gekommen. Ich denke, wir haben beide zeitgleich den Punkt gesetzt. Ich habe damals auch schon mit meinem Berater (Max Hagmayr, Anm.) gesprochen, dem ich sagte, dass ich etwas anderes brauche. Und der Verein hat ähnlich gedacht.

LAOLA1: Wohin geht die Reise für dich?

Korkmaz: Es gibt ein paar Sachen, die konkret sind, aber allzu viel möchte ich dazu noch nicht sagen. Die Türkei ist auf jeden Fall dabei, Deutschland auch. Ich habe zwar einmal gesagt, ich möchte nicht mehr hier bleiben, aber es zählt halt immer das Sportliche. Es sind ein paar richtig tolle Sachen dabei. Auch mit Trainern, die mich etwa als Gegner kennen, und auf mich bauen würden. So gesehen habe ich kein Problem, weiterhin in Deutschland zu bleiben. Aber die Türkei ist eben auch ein großes Thema. Man wird sehen.

LAOLA1: Warum hattest du überhaupt ausgeschlossen, in Deutschland bleiben zu wollen?

Korkmaz: Diese Aussage kam in einer Situation zustande, in der ich emotional am Boden war. Wenn man nicht spielt, dann hasst man natürlich einiges. Da habe ich eben gesagt, ich will weg und woanders hin. Aber wenn ich das Sportliche und die Professionalität hier sehe, dann muss ich schon sagen, dass ich mich geirrt habe.

LAOLA1: Hast du irgendeine Präferenz?

Korkmaz: Es muss einfach richtig gut passen. Das Wichtigste ist das Umfeld und dass das Konzept passt. Hinzu kommt das Vertrauen des Trainers. Aber man muss auch in die Mannschaft hineinpassen. Wegen einem Spieler kann man nicht alles umbauen.

LAOLA1: Macht dir dein Freund Veli Kavlak (Besiktas-Legionär, Anm.) die Türkei schmackhaft?

Korkmaz: Veli hat ja auch keine andere Wahl, als das zu machen. Er spielt bei Besiktas und ist in Istanbul, er muss sagen, dass es dort geil ist. (lacht)

LAOLA1: Willst du auch dort hin?

Korkmaz: Wir haben gute Angebote aus der Türkei. Sei es Halil Altintop (aktuell Trabzonspor, Anm.) oder ein paar andere Spieler, die in der Türkei sind – ich habe gesagt bekommen, dass ich aufgrund meiner Spielart sehr gut in die Liga passen würde. Ich habe auch die Bestätigung bekommen, dass die Fans auf Spieler wie mich stehen. Gut, wer steht nicht auf mich? Scherz… (lacht)

LAOLA1: Skibbe angeblich…

Korkmaz: Jaja (lacht).

LAOLA1: Spaß beiseite: Ist es nicht auch so, dass dir hinsichtlich Einsatzminuten mit 26 Jahren die Zeit davon läuft?

Korkmaz: So ist es. Deswegen muss es richtig passen. Ich habe ja nichts davon, wenn ich zu irgendeinem Verein gehe und dasselbe wie hier erlebe. Es muss passen, das kann in Deutschland, aber auch die Türkei sein. Bevor ich zu Frankfurt gegangen bin, waren bei mir ja auch ein paar türkische Mannschaften im Gespräch. Die Trainer rufen mich auch nach wie vor an, ich bin noch immer in Kontakt mit ihnen. Sie wissen, was ich für ein Spieler bin.

LAOLA1: Kann eine Österreich-Rückkehr somit gänzlich ausgeschlossen werden?

Korkmaz: Österreich war nie ausgeschlossen, aber jetzt sind eben diese Angebote da. Wir werden sehen.

LAOLA1: Abschließend ein Rückblick auf vier Jahre Frankfurt: Eine Spur von Reue?

Korkmaz: Nein, überhaupt nicht. Ich habe mit Top-Spielern gespielt und einiges gesehen. Etwa habe ich in Dortmund vor ausverkauftem Haus gespielt, es ist etwas Besonderes gegen Ribery und Robben zu spielen. Ich wünsche es jedem Spieler in Österreich, der kann, nach Deutschland zu kommen.

LAOLA1: Spricht hier der gereifte Ümit Korkmaz?

Korkmaz: Auf jeden Fall. Ich habe einiges dazugelernt und auch meine Art, Fußball zu spielen, geändert. Und nur weil ich weniger gespielt habe, heißt das nicht, dass ich mich nicht weiterentwickelt habe. Man lernt hier immer dazu, man erreicht das Niveau der Anderen. Wenn man mit besseren Spielern spielt, wird man einfach besser. Was macht ein Tormann ohne gute Verteidigung? Er kann Spider-Man sein und bekommt ohne gute Verteidigung dennoch die Tore (lacht).

 

Das Interview führte Bernhard Kastler