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Tenor Buffon gibt Italien Sicherheit

Tenor Buffon gibt Italien Sicherheit

Gianluigi Buffon bewies prophetische Gabe, irrte aber beim Termin. "Manuel, du bist derzeit der beste Tormann der Welt", betonte der Italiener, "im Finale der EURO 2012 werden wir uns in Kiew gegenüberstehen."

Mit seinem kurz vor der EM per Video aufgezeichneten Tipp lag er nur knapp daneben. Statt im Endspiel trifft Buffon bereits im Halbfinale am Donnerstag in Warschau auf den geschätzten deutschen Torhüterkollegen.

Welttorhüter gegen möglichen Erben

Der Fußball-Klassiker zwischen Italien und Deutschland wird zum Duell zweier Ausnahmekönner zwischen den Pfosten. Buffon und Bayern-Goalie Manuel Neuer gehen als Schlüsselspieler in die Partie.

Voller Respekt erklärte der 34-jährige Routinier den acht Jahre jüngeren Bayern-Profi zu seinem möglichen Erben: "Manuel Neuer kann eine wichtige Tormann-Ära im internationalen Fußball begründen."

Im Gegensatz zu Neuer in Deutschland genießt der "Portierone" (Tormanngigant) genannte Buffon in seiner Heimat seit Jahren Kultstatus. Daran konnten nicht einmal die jüngsten Schlagzeilen über seine Zahlung in Höhe von 1,6 Millionen Euro an ein Wettbüro etwas ändern.

Erzürnt über die Veröffentlichung gab er kurz vor der Abreise nach Polen zu Protokoll, mit dem aktuellen heimischen Wettskandal nichts zu tun zu haben: "Ich kann mit meinem Geld machen, was ich will." Und bisher sah die Staatsanwaltschaft keinen Grund, Buffon vorzuladen.

Buffon gibt Sicherheit

Spätestens seit dem Elfer-Krimi gegen England wird in Italien wieder mehr über die sportliche Klasse des Torhüters als über seine seit Jahren bekannte Wettleidenschaft gesprochen. Denn "Gigi" bestätigte seinen Ruf als coolster Schlussmann.

Mit den Worten "Forza ragazzi - wir gehen jetzt da hin und siegen!" schwor er seine Mitstreiter auf den Showdown im Viertelfinale ein. Dann hielt er einen Elfmeter und gab Alessandro Diamanti auch noch den entscheidenden Tipp für den Elfer zum 4:2-Triumph. Verbandspräsident Giancarlo Abete geriet ins Schwärmen: "Wir sind ein Team, aber große Spieler wie Buffon geben Sicherheit."

Von dieser Sicherheit hätten die Italiener liebend gern auch bei der WM 2010 in Südafrika profitiert. Das verhinderte jedoch der Bandscheiben-Vorfall des Keepers zu Turnierbeginn. Für viele Italiener war Buffons Ausfall der Grund für das frühe Scheitern der "Squadra" in der Gruppenphase.

Auf Zoffs Spuren

Vom erfolgreichen Comeback Buffons profitierte nicht nur das Nationalteam. Dank seiner Klasse blieb Juventus Turin in der Serie A in der abgelaufenen Saison ungeschlagen und wurde Meister.

Nun will der Schlussmann dazu beitragen, dass die Deutschen am Donnerstag wie stets bei großen Turnieren gegen Italien den Kürzeren ziehen und wie beim 0:2 im WM-Halbfinale von 2006 gegen die Azzurri ohne Torerfolg bleiben.

Das erhöht für Buffon die Chance, mit seinem legendären Landsmann Dino Zoff gleichzuziehen und nicht nur Welt-, sondern auch Europameister zu werden.

Deshalb verzichtete er nach dem Sieg gegen England auf ausgelassenen Jubel, wie er betonte: "Ich mache keinen Freudensprünge für ein Halbfinale. Ich werde jubeln, wenn ich den EM-Pokal in Händen halte."

Einstimmung auf den Kampf

Davor muss aber noch Deutschland ausgeschaltet werden. Direkt vor dem Spiel wird Buffon wieder als leuchtendes Beispiel voran gehen und schon gesanglich 100 Prozent geben.

Keiner singt die Nationalhymne so inbrünstig wie Italiens Kapitän. Mit geschlossenen Augen wird er wieder lautstark die Hymne "Fratelli d'Italia" (Brüder Italiens) zum Besten geben - und bei manchem Ton daneben liegen.

Fast könnte man den Eindruck gewinnen, der Weltklassetormann stimme sich tatsächlich auf einen Kampf auf Leben und Tod ein, wie er in der Hymne besungen wird.

"Stringiamci a coorte, siam pronti alla morte. Siam pronti alla morte, l'Italia chiamo!", ruft Buffon aus ganz Herzen am Ende des Refrains ins Stadion. "Lasst uns die Reihen schließen. Wir sind bereit zum Tod. Wir sind bereit zum Tod, Italien hat gerufen!"

Buffon als Vorsänger einer Nation

Jeder italienische Heldentenor wird ihn am Donnerstagabend in Warschau um die gigantische Bühne beneiden. Allein in Italien werden mehr als 20 Millionen Fernsehzuschauer "Gigi" Buffon sehen und hören. Denn der Star von Juventus Turin singt alle seine Teamkollegen an die Wand.

Im Stadion und weltweit an den Fernsehern werden die italienischen Tifosi aufstehen und mitsingen. Die aus dem 19. Jahrhundert stammende "Inno di Mameli" - der Text der Hymne stammt vom italienischen Dichter Goffredo Mameli - ist den Italienern enorm wichtig.

Nachdem die Hymne bei den EM-Spielen gegen Spanien und Kroatien ausgepfiffen worden war, beschwerte sich Italiens Fußballverband (FIGC) bei der UEFA.

Stolzes Italien

Auch Formel 1-Rekordweltmeister Michael Schumacher bekam den Stolz der Italiener auf ihre Hymne einst zu spüren. Als der Deutsche nach einem Ferrari-Sieg einmal während der "Inno di Mameli" ausgelassen wie ein Dirigent im Takt der Hymne mit dem Armen herumfuchtelte, fanden das die Italiener gar nicht komisch.

Nach der Kritik lauschte Schumacher der italienischen Hymne bei den folgenden Siegerehrungen wieder andächtig und voller Respekt. Gianlugi Buffon hätte gewiss lautstark mitgesungen.