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Traumtor und versöhnlicher Abschied der Schweden

Traumtor und versöhnlicher Abschied der Schweden

Die Franzosen gelten seit Dienstagabend nicht mehr als großer Titelkandidat der EM in Polen und der Ukraine. Der Geheimfavorit bot in Kiew beim 0:2 gegen Schweden nicht nur eine erschreckend schwache Leistung, sondern wurde dafür auch noch hart bestraft:

Nach der ersten Niederlage nach 23 Spielen heißt der nächste Gegner der "Blauen" nun am Samstagabend in Donezk Welt- und Europameister Spanien.

"Wir müssen vergessen, was heute passiert ist", forderte Bayern-Star Franck Ribery. Frankreichs Tageszeitungen gingen mit dem Team des bisher als Erfolgscoach gepriesenen Ex-Welt- und -Europameisters Laurent Blanc in ihren Mittwoch-Ausgaben hart ins Gericht.

"Demütigend" ("Le Figaro") oder "beängstigend" ("Le Parisien") lauteten die Kommentare nach der lustlosen Vorstellung gegen die bereits ausgeschiedenen Schweden.

Im Viertelfinale wartet Spanien

Nun wartet mit dem Titelverteidiger ein ganz anderes Kaliber. "Es ist sehr schwer, Spanien zu schlagen. Wir treffen auf eines der besten Teams der Welt", weiß Blanc, dass es nun einer enormen Steigerung bedarf.

"Wir brauchen eine Heldentat, um die Spanier zu schlagen." Experten hegen aber Zweifel an einer solchen Leistungsexplosion, so ideenlos und halbherzig, wie die Franzosen in Kiew auftraten, haben sie sich bei diesem Turnier erst einmal aus dem Kreis der Favoriten verabschiedet.

"Bis heute Abend haben wir gezeigt, dass wir ein starkes Team sind. Heute war das nicht zu erkennen", gestand Kapitän Hugo Lloris. Die Fragen, die sich alle danach stellten, lauteten:

Wie soll dieses Team nun gegen Spanien bestehen? Und wie konnte es zu einem solchen Einbruch nur vier Tage nach dem souveränen 2:0-Sieg gegen die Ukraine kommen?

"Keine Weltklassespieler"

Eine schlüssige Antwort darauf fand niemand. Verteidiger Gael Clichy führte die Hitze und eine gewisse Müdigkeit nach drei Spielen in nur neun Tagen an.

Blanc steht in der Kritik, weil er Yohan Cabaye und Jeremy Menez - also ausgerechnet die beiden Torschützen aus dem Ukraine-Spiel - nicht in der Startelf aufgeboten hatte.

Und schließlich äußerte die Sportzeitung "L'Equipe" den Verdacht, dass Ribery, Lloris oder Real-Madrid-Torjäger Karim Benzema zwar alles internationale Klasseleute, aber "keine Weltklassespieler" seien.

Kurz: Wer der Meinung war, dass diese Franzosen ein Titelkandidat seien, habe sie einfach überschätzt.

Del Bosque warnt

Spaniens Trainer Vicente del Bosque widersprach dieser Analyse und betonte, dass sein Team nicht den Fehler von der WM 2006 in Deutschland wiederholen dürfe.

"Damals haben wir die Franzosen unterschätzt", erinnerte Del Bosque am Mittwoch an die damalige 1:3-Achtelfinalniederlage. Für den 61-Jährigen sind die Franzosen noch immer der "schwierigste Gegner, den wir aus Gruppe D bekommen konnten".

Blanc hofft, dass sein Team diesem Ruf gerecht wird und will sich die Kroaten zum Vorbild nehmen. "Sie haben gezeigt, was man gegen Spanien tun muss", sagte der 46-Jährige vor allem mit Blick auf die erste Hälfte des Montagsspiels, das Kroatien unglücklich 0:1 (0:0) verlor.

Die Schwede richten Blick auf WM-Quali

Den tiefen Frust über das frühe Aus hatte sich Zlatan Ibrahimovic mit einem atemberaubenden Tor gerade von der Seele geschossen, da blickte Schwedens Superstar bereits voller Entschlossenheit auf die WM-Qualifikation gegen Deutschland, Irland und Österreich.

"Das ist jetzt der Beginn einer neuen Zukunft", posaunte der Stürmer nach dem 2:0-(0:0)-Sieg in Kiew über Frankreich.

Die Skandinavier hatten sich zuvor als faire Sportler in ihrem letzten Gruppenspiel präsentiert: Obwohl nach zwei Niederlagen chancenlos auf den Aufstieg ins Viertelfinale, zeigten sie vollen Einsatz. Und rund 10.000 schwedische Fans bereiteten ihrer Mannschaft im Olympiastadion einen emotionalen Abschied.

Baby-Pause bei Olsson

Wohl niemand verkörperte den Sportsgeist der Schweden so wie Verteidiger Jonas Olsson. Der 29-Jährige reiste kurz wegen der Geburt seiner Tochter nach Hause, flog dann aber wieder direkt zurück in die Ukraine - obwohl es für Schweden im letzten Spiel nur noch um die Ehre ging.

Freudestrahlend stand der Jungvater dann nach der Partie gegen Frankreich in den Katakomben der Arena. "Wir haben auch aus Respekt vor den anderen Mannschaften heute alles gegeben", betonte Olsson.

Ibrahimovic hatte mit einem spektakulären Volley-Seitfallzieher Schweden in Führung geschossen (54.). "So ein Tor von Zlatan sehen wir jeden Tag im Training", kommentierte Stürmer Markus Rosenberg das Traumtor des 30-jährigen AC-Milan-Stürmers trocken.

Sebastian Larsson besiegelte mit seinem Treffer in der Nachspielzeit das Debakel für Frankreich, das nun auf Welt- und Europameister Spanien trifft.

Duell mit Österreich erst 2013

"Ich sehe aber nicht Spanien, sondern Deutschland als beste Mannschaft der Welt", meinte Schwedens Mittelfeldspieler Anders Svensson und warf einen Blick voraus auf die WM-Qualifikation.

"Wir waren mit dem Los nicht glücklich. Aber es ist reizvoll, gegen die Besten zu spielen."

Bereits am 16. Oktober werden die Schweden zum ersten Duell in Deutschland erwartet. Österreich bekommt es mit "Ibra" und Co. dagegen erst im Jahr 2013 zu tun - am 7. Juni zu Hause und am 11. Oktober auswärts.