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"Wir spielen jetzt keinen Harakiri-Fußball mehr"

Mario Sonnleitner erlebt bei Rapid momentan ein Auf und Ab.

Durch die Verpflichtung von Harald Pichler verlor der Steirer seinen Stammplatz in der Innenverteidigung des Rekordmeisters und verbrachte die ersten 180 Minuten der Saison auf der Reservebank.

Die Abwesenheit von Michael Schimpelsberger, der bei der U20-WM in Kolumbien verweilte, verhalf dem 24-Jährigen aber zu einem Comeback auf der für ihn ungewohnten rechten Abwehrseite.

Vor dem Spiel in Graz spricht der Blondschopf im LAOLA1-Interview über den teaminternen Konkurrenzkampf, die neue Philosophie von Trainer Peter Schöttel und das kommende Duell mit dem amtierenden Meister.

LAOLA1: Rekordmeister trifft auf den amtierenden Titelträger. Wie ist die Vorbereitung auf das Spitzenspiel gelaufen?

Mario Sonnleitner: Wir haben fleißig trainiert. Die Trainingsqualität der ganzen Mannschaft war gut und wir fiebern natürlich auf das Spiel gegen den Meister hin. Es wäre wichtig, unsere Serie weiterhin beizubehalten.

LAOLA1: Und mit welchen Ambitionen gehst du persönlich in das Duell, das für dich wieder einmal eine Rückkehr nach Graz bringt?

Sonnleitner: Ich habe nun schon vier Partien gegen Sturm Graz gespielt. Es ist immer wieder schön, zurückzukehren. Aber natürlich habe ich, wie in den anderen Spielen zuvor, das Ziel, mit der Mannschaft zu siegen. Wir werden alles daran setzen, um als Sieger vom Platz zu gehen.

LAOLA1: Du bist im letzten Jahr von Sturm zu Rapid gewechselt. Sturm ist Meister geworden, Rapid hat die Europacup-Ränge verpasst. Wurmt dich diese Entscheidung im Nachhinein?

Sonnleitner: Nein, eigentlich überhaupt nicht. Es war mir im Vorhinein klar, dass es immer wieder Saisonen geben kann, in denen man nicht so erfolgreich ist. Das war jetzt eben bei Rapid der Fall. Aber ich habe den Schritt, zu Rapid zu gehen, nie bereut, da ich mich persönlich sehr weiterentwickelt habe. Wir haben auch im Herbst eine wunderschöne Zeit erlebt, als wir gegen Aston Villa in die Europa League aufgestiegen sind, und waren auch bis zum Schluss an den Europacup-Plätzen und am Cup-Sieg dran. Natürlich, die letzten zwei, drei Monate und die Zeit nach dem Abgang von Peter Pacult waren nicht optimal. Ich habe Sturm aber nie nachgetrauert, sondern bin froh, bei Rapid zu sein. Deswegen wollen wir dieses vergangene Jahr vergessen lassen und werden versuchen, aus diesem Jahr so viel wie möglich herauszuholen.

LAOLA1: Hat es dich gefreut, dass mit Sturm zumindest dein ehemaliger Verein Meister geworden ist?

Sonnleitner: Ich habe meine Wurzeln in Graz, und wenn es wir schon nicht werden, so ist es mir natürlich am liebsten, wenn es Sturm wird. Aber das kann man nicht beeinflussen. Ich freue mich für die Spieler von Sturm Graz, die ich kenne und von denen ich weiß, dass sie auch immer hart arbeiten, um derartige Erfolge zu feiern. Es freut mich, dass viele meiner Freunde Meister geworden sind und diesen Meistertitel auskosten durften.

LAOLA1: Wie beurteilst du nun Sturm in dieser Saison. Das Spiel am Samstag ist das Duell des Tabellenführers gegen das Tabellenschlusslicht. Woran ist das deiner Meinung nach auszumachen?

Sonnleitner: Sturm Graz hat in der Meister-Saison wirklich sehr gut und vor allem sehr effizient gespielt. Sie waren nicht immer die bessere Mannschaft, haben aber zur richtigen Zeit das Tor gemacht und das Spiel dann kontrolliert fertig gespielt. Dazu haben sie das nötige Glück gehabt. Und hin und wieder gibt es Situationen im Fußball, in denen man das Gleiche macht, es aber nicht so gelingt. Das ist ihnen, so glaube ich, in der Anfangsphase der Saison passiert. Jeder gibt sein Bestes, aber manchmal fehlt das nötige Spielglück. Wenn einmal der Torerfolg nicht gelingt, oder ein Ball an die Stange geht, verliert man Spiele schon einmal und kommt in eine leichte Krise. Wobei ich glaube, dass Sturm sicher in keiner Krise ist. Sie spielen immerhin im Champions-League-Playoff und haben sich in den Qualifikationsspielen gut präsentiert. Auch wenn sie nicht immer die bessere Mannschaft waren, sind sie beide Male aufgestiegen. Das zeigt, dass sie eine sehr starke Mannschaft sind.

LAOLA1: Kommen wir zu deiner Rolle bei Rapid. Du hast gegen Ried Außenverteidiger gespielt, im Cup gegen die LASK Juniors auf deiner angestammten Position als Innenverteidiger. Wie definierst du dich nun selbst?

Sonnleitner: Ich glaube schon, dass ich in erster Linie Innenverteidiger bin. Das weiß auch das Trainerteam von Rapid. Aber ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn ich auf der rechten Seite spielen muss, oder auf der linken Seite, oder irgendwo, wo mich der Trainer braucht. Wichtig ist nur der mannschaftliche Erfolg, der steht immer im Vordergrund. Es zählt nur Rapid und was mit Rapid passiert - nicht, wo ich spiele oder nicht spiele. Deshalb müssen wir zusehen, dass wir gemeinsam erfolgreich sind.

LAOLA1: Das heißt, auch die Verpflichtung von Harald Pichler, der in den ersten Spielen auf deiner angestammten Position gespielt hat, war dir recht, da sie zum Erfolg Rapids führt?

Sonnleitner: Mir ist einfach der Erfolg Rapids wichtig. Dass es immer Duelle um den Platz in der Startelf gibt, ist völlig normal und auf jeder Position dasselbe. Nicht nur in der Innenverteidigung, auch im Sturm, im zentralen Mittelfeld oder auf den Seiten haben wir einen harten Konkurrenzkampf. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft und stärkt auch die Persönlichkeit jedes Spielers. Deswegen ist es wichtig, dass immer wieder gute Spieler zu uns kommen. Wer im Endeffekt dann spielt, entscheidet der Trainer. Wir Spieler müssen nur versuchen, immer die besten Leistungen zu bringen.

LAOLA1: Bist du mit deinen bislang gebotenen Leistungen zufrieden? Glaubst du, dass sie dir erneut zu einem Startplatz verhelfen?

Sonnleitner: Das weiß ich noch nicht, aber mit den Leistungen bin ich zufrieden. Es gibt natürlich immer etwas zu verbessern, aber grundsätzlich ist es okay. Die Entscheidung, wer letztlich spielt, obliegt dem Trainer. Aber wie gesagt, das Wichtigste ist immer die Mannschaft.

LAOLA1: Wenn man sich nun die Entscheidungen des Trainers ansieht, haben sie in der Abwehr bislang sicherlich Früchte getragen. Die Null steht immer noch. Wie lässt sich das erklären?

Sonnleitner: Wir haben eine System-Veränderung durchgeführt. Wir spielen nicht mehr diesen „Harakiri-Fußball“, sondern setzen mehr auf kontrollierte Offensive. In der vergangenen Saison wurde vielleicht zu viel auf den Mann gespielt, wodurch es vermehrt zu Eins-gegen-Eins-Situationen gekommen ist. Jetzt versuchen wir, mannschaftlich geschlossen in der Defensive zu arbeiten, was ganz gut funktioniert. Die Stürmer und Mittelfeldspieler arbeiten nach hinten und helfen in der Verteidigung. Der Trainer hat die richtigen Maßnahmen gesetzt, damit wir nicht so viele Tore bekommen und erfolgreich sind. Er hat die Mängel gut erkannt und deswegen stehen wir jetzt besser. Man muss aber auch sehen, dass wir eine gute Auslosung hatten und die schwierigeren Aufgaben erst bevorstehen. Wir dürfen jetzt nicht glauben, wir seien so stark, denn die guten Teams kommen jetzt.

LAOLA1: Also wird es auch wieder Rapid-Gegentore geben?

Sonnleitner: (lacht) Sollten wir 36 Runden lang zu Null bleiben, dann würde ich eine Runde für alle Rapid-Fans zahlen. Aber das wird natürlich nicht der Fall sein.

LAOLA1: Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, war es eine taktische Umstellung von Manndeckung auf Raumdeckung, die zum Erfolg in der Defensive führte. Ist das Spiel zu Null ein Credo von Trainer Schöttel, der ja selbst früher Verteidiger war?

Sonnleitner: Ganz genau. Das sind einfach unterschiedliche Spielphilosophien. Pacult hatte eine andere Philosophie wie Schöttel. Wir Spieler versuchen einfach, das System des Trainers so gut wie möglich zu verinnerlichen, und sind damit erfolgreich. Jeder Trainer hat unterschiedliche Ansichten und für Schöttel hat eben die Defensive hohe Priorität. Wir haben sehr hart daran gearbeitet und konnten in den ersten Runden die Früchte dieser Arbeit ernten.

LAOLA1: Zum Trainieren bleibt nach den verpassten europäischen Startplätzen in dieser Saison auch mehr Zeit, während andere österreichische Vereine in der Europa League Erfolge feiern. Wie stehst du dazu?

Sonnleitner: Natürlich bin ich auch Patriot und wünsche den Teams viel Glück, da europäische Erfolge sehr wichtig für den österreichischen Fußball sind. Aber es kommen natürlich Erinnerungen hoch, wie es voriges Jahr war. Jeden dritten Tag ein Spiel und viele internationale Spiele zu haben, ist einfach das Schönste, was es gibt. Wir haben im vorigen Jahr gesehen, wie beeindruckend diese Spiele vor ausverkauftem Happel-Stadion sind. Dafür haben wir mehr Zeit, uns auf die Bundesliga zu konzentrieren und jeden Gegner genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir versuchen, diese Chance zu nutzen und so viele Punkte wie möglich zu holen.

LAOLA1: Ziel ist es aber, nächstes Jahr diese Spiele wieder selbst zu erleben, oder?

Sonnleitner: Auf jeden Fall. Minimalziel ist es, wieder europäisch zu spielen und das werden wir auch regeln. Dann werden wir sehen, wie es weitergeht.


Das Gespräch führte Christian Eberle