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"Jeder muss sein Ego zurückschrauben"

Es ist ein Neustart.

Und zwar für Sanel Kuljic und den Kapfenberger SV.

Der 34-Jährige gehört zu jenen sieben Spielern, die von den Falken im Winter verpflichtet wurden.

Sie sollen mithelfen, die Ober-Steirer vor dem drohenden Abstieg zu bewahren.

„Die Mannschaft hat Qualität. Ich glaube fest an den Klassenerhalt“, gesteht Kuljic, der nach zwei Jahren seine Rückkehr in die Bundesliga feiert.

Im LAOLA1-Interview spricht der ehemalige ÖFB-Teamspieler über seine vereinslose Zeit, die Herausforderung Kapfenberg und erklärt, warum ein Karriereende noch kein Thema ist.

LAOLA1: Alle guten Dinge sind drei! Nach den zwei Absagen geht es nun auch für euch los. Ich nehme an, dass ihr schon in den Startlöchern scharrt…

Sanel Kuljic: Wir freuen uns sehr, dass es endlich losgeht. Wir sind alle heiß auf das erste Match. Zuletzt hieß es nur trainieren, trainieren, trainieren, trainieren.

LAOLA1: Wie unangenehm ist die Situation, als einziger Bundesliga-Verein noch kein Match absolviert zu haben?

Kuljic: Es ist nicht leicht. Die beiden Absagen waren allerdings absehbar. Jetzt haben wir halt 17 Spiele in knapp drei Monaten. Das ist natürlich nicht wenig. Wir müssen schauen, dass wir gleich zu Beginn die Punkte holen. Ein Lauf wäre wünschenswert. Ich hoffe, dass wir uns von Runde zu Runde an die Mattersburger herantasten und vielleicht sogar Wr. Neustadt einholen.

LAOLA1: Der Rückstand auf die Burgenländer beträgt mittlerweile zehn Punkte. Ist dieser Umstand mental gesehen ein klarer Nachteil? Was stimmt dich zuversichtlich für den Klassenerhalt?

Kuljic: Es sind zwar zehn Punkte, aber wir haben zwei Spiele weniger ausgetragen. Wir können daher mit zwei Siegen aufschließen. Solche Rechenspiele interessieren mich derzeit sowieso nicht. Wir müssen auf uns schauen. Zuerst heißt es Punkte sammeln, erst danach können wir mit einem Auge auf die Mattersburger schauen. Wichtig sind die direkten Duelle – da können wir richtig Boden gut machen. Es sind viele hungrige Spieler gekommen. Die Mannschaft hat die Qualität, um im Mittelfeld mitzuspielen. Ich glaube fest an den Klassenerhalt.

LAOLA1: Ist es andererseits ein kleiner Vorteil, dass man eine längere Vorbereitungsphase hatte?

Kuljic: Kapfenberg hat sehr viele neue Spieler geholt, die sich erst integrieren müssen. Speziell für die Ausländer war die längere Vorbereitungs-Zeit sicher ein Vorteil. Sie haben sich mittlerweile auch super eingefunden und agieren so, als wären sie schon seit sechs Monate hier. Es läuft wirklich alles ohne Probleme. Daher kann man es durchaus als positiv betrachten, dass wir länger Zeit hatten, als die anderen Bundesliga-Klubs.

LAOLA1: Neben dir sind noch sechs weitere Spieler im Winter verpflichtet worden. Sind solche „Massen-Einkäufe“ in Kapfenbergs Situation notwendig gewesen?

Kuljic: Das entscheidet der Verein. Angesichts der mageren Ausbeute von zehn Punkten im Herbst kann ich es aber nachvollziehen. Die Verantwortlichen mussten handeln. Daher kamen ein neuer Trainer und neue Spieler. Frisches Blut und neue Charaktere waren notwendig, dem Team wurde ein neues Gesicht verpasst. Natürlich hätte man sich auch nicht verstärken und alles beim Alten belassen können. Ich glaube aber, dass der Klub richtig gehandelt hat.

LAOLA1: Hast du über das KSV-Angebot lange nachdenken müssen?

Kuljic: Nein. Ich war mit im Trainingslager in der Türkei und habe dort mein Bestes gegeben. Ich habe von der ersten Minute an gehofft, dass es mit einem Engagement klappt. Die Einigung ist schnell über die Bühne gegangen. Es ist wohl meine letzte Chance in der Bundesliga. Mein Vertrag läuft bis Saisonende. Wie es danach weitergeht, wird man sehen.

LAOLA1: Wie hat der ASK Mannersdorf reagiert? Angeblich hast du dich mit den Niederösterreichern  zuvor schon geeinigt…

Kuljic: Ich habe dort im Herbst mittrainiert und mich fitgehalten. Ich wollte einfach bereit sein, falls sich in der Wintertransfer-Zeit etwas ergibt. Eine Einigung hat es dort jedoch nie gegeben. Ich möchte aber gar nicht mehr viel über das Thema reden. Ich bin jetzt in Kapfenberg und habe eine Mission: Der Klassenerhalt.

LAOLA1: Präsident Erwin Fuchs sieht dich als „Super-Joker“. Begnügst du dich mit dieser Rolle?

Kuljic: Jeder Fußballer möchte spielen. Das will nicht nur ich, sondern auch zehn oder zwölf andere. Im Endeffekt entscheidet der Trainer. Ich gebe in jedem Training Gas und versuche mein Können und meine Erfahrung weiterzugeben. Wie oft ich von Beginn an spiele, ist schlussendlich egal – Hauptsache wir machen die Punkte. Jeder muss sein Ego zurückschrauben. Wir müssen zusammenhalten und als Einheit auftreten. Wenn der Trainer sagt, Spieler X beginnt und Spieler Y sitzt auf der Bank, müssen wir Spieler X voll motivieren. Es ist jetzt nicht die Zeit, um auf sich zu schauen und womöglich angefressen zu sein, wenn man nicht zum Zug kommt. Jetzt zählen nur der Verein und der Klassenerhalt. Das ist das Wichtigste.

LAOLA1: Warum warst du seit Sommer vereinslos? Gab es keine Angebote?

Kuljic: Es hat eben nicht sollen sein. Es waren zwar Angebote vorhanden, aber nicht die richtigen. Es gab eine Anfrage aus dem Ausland, aber ich wollte unbedingt in Österreich bleiben. Eine weitere Option wäre Altach gewesen. Ich habe aber abgelehnt und gehofft, dass sich im Winter etwas ergibt.

LAOLA1: Warst du nicht auch bei Sturm ein Thema?

Kuljic: Dieses Gerücht wurde von den Medien verbreitet. Ich persönlich hatte nie einen Kontakt mit den Grazern.

LAOLA1: Hast du auch ein Karriereende in Erwägung gezogen, oder ist die Lust am Fußball dafür noch zu groß?

Kuljic: Es gibt für mich einfach nichts Schöneres, als am Platz zu stehen und Fußball zu spielen. Ich habe noch immer jeden Tag Spaß am Training. Deswegen kommt ein Karriereende noch nicht in Frage.

Das Gespräch führte Martin Wechtl