news

Red Bull Salzburg: Große Lösung, große Folgen

Red Bull Salzburg: Große Lösung, große Folgen

Gut Ding braucht offenbar tatsächlich Weile.

Zwei Wochen nach dem überraschenden Rücktritt von Ricardo Moniz und rechtzeitig zum Start des Trainingslagers in Leogang wird Red Bull Salzburg am Montag einen neuen Trainer präsentieren.

Dass dieser auf den Namen Ralf Rangnick hört, ist mittlerweile ein offenes Geheimnis.

Der 53-Jährige wurde schon Mitte der Woche in Fuschl gesichtet, als er sich zu Verhandlungen mit Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz traf.

Mit dem Ergebnis, dass Rangnick die Herausforderung Salzburg annimmt.

Ähnliche Bedingungen wie in Hoffenheim

Für die „Bullen“, aber auch für die österreichische Bundesliga, ist die Verpflichtung des Deutschen ein absoluter Gewinn.

Rangnick, der seit seinem Auftritt im „Sportstudio“ 1998 „Fußball-Professor“ genannt wird, ist ein anerkannter Fachmann und hat bei Hoffenheim bewiesen, dass er unter ähnlichen Voraussetzungen Erfolg haben kann.

Den von Mäzen Dietmar Hopp gesponserten Dorfklub führte er von der Regionalliga in die Bundesliga, wo er im ersten Jahr sogar die Herbstmeisterschaft bejubeln durfte.

Pause wegen Burnout

Nach Unstimmigkeiten mit der Vereinsführung, die sich in die Personalpolitik einmischte, trat Rangnick am Neujahrstag 2011 zurück.

Wenig später heuerte er zum zweiten Mal bei Schalke 04 an, löste seinen Vertrag aber nach nur sechs Monaten wegen eines Burnout-Syndroms auf.

Nun scheint der gebürtige Schwabe seine Akkus wieder vollständig aufgeladen zu haben und für die neue Herausforderung bereit zu sein.

Was bedeutet die „große Lösung“?

Neben Rangnick hat Mateschitz aber offenbar eine weitere wichtige Personalentscheidung getroffen: Gerard Houllier, der bereits im Frühjahr im Hintergrund an einem Zukunftskonzept für Salzburg bastelte, soll nun ganz offiziell für den Double-Gewinner tätig sein.

Der langjährige Liverpool-Coach könnte der neue starke Mann im Fußball-Imperium von Red Bull werden.

LAOLA1 analysiert, welche Auswirkungen die „große Lösung“ für Salzburg haben könnte.

  • Der Stellenwert:

Mit der Verpflichtung von Rangnick und Houllier dürfte auch das Standing von Salzburg innerhalb des Konzerns wieder gestiegen sein. Nachdem zuletzt immer mehr Stimmen laut wurden, dass der gesamte Fokus auf Leipzig läge und Salzburg über kurz oder lang nur mehr ein Art Ausbildungsklub sein würde, setzt Mateschitz nun wieder ein Ausrufezeichen. Sowohl Rangnick als auch Houllier bringen das Flair der großen Fußball-Welt mit sich und dürften auch nicht gerade billig sein. Von Ausbildungsklub kann also keine Rede mehr sein. Viel mehr deutet die „große Lösung“ darauf hin, dass Mateschitz erneut einen Großangriff auf die Champions League starten will.

  • Die Philosophie:

Eigentlich wollte man in Salzburg step by step die Legionärsanzahl reduzieren, 8-8-8 hieß dabei die Zauberformel. Acht Legionäre, acht arrivierte Österreicher sowie acht Spieler aus den Red-Bull-Akademien sollten künftig den 24-Mann-Kader bilden. Ob das auch zu den Vorstellungen von Rangnick passt, ist fraglich. Denn für das große Ziel Champions League wird der Deutsche wohl noch Verstärkungen haben wollen. Dass die aus Österreich kommen, darf bezweifelt werden. Schon bei Hoffenheim holte er unbekannte Legionäre wie Carlos Eduardo, Luiz Gustavo, Demba Ba und Chinedu Obasi, um sie zu Topspielern zu formen und anschließend gewinnbringend zu verkaufen. Ähnliches könnte Rangnick nun auch bei Salzburg planen. Mit Houllier hat er zusätzlich einen erfahrenen Mann mit vielen Kontakten an seiner Seite.

  • Das Personal:

Die Verpflichtung von Rangnick und Houllier wird auch auf die bisherigen Klub-Strukturen Auswirkungen haben. Rangnick ist nämlich keiner, der sich in seine Trainings- bzw. Personalplanung dreinreden lässt. Schon in Hoffenheim ging er konsequent seinen Weg, was immer wieder zu Reibungen mit der Vereinsführung führte. In Salzburg wird er es kaum anders halten. Die einflussreiche medizinische Abteilung und der einflussreiche Nachwuchschef (Percy van Lierop) werden also zwangsläufig an Macht verlieren. Genauso wie Geschäftsführer Peter Vogl. Vor allem dann, wenn mit Houllier ein neuer starker Mann kommt. Möglicherweise wird sich der Rieder Ehrenpräsident künftig nur mehr um administrative Aufgaben kümmern.

  • Der Trainerstab:

Derzeit fungieren Niko Kovac und Piet Hamberg als Interims-Trainerduo. Was mit den beiden unter Rangnick passiert, ist noch unklar. Kovac ist aber bei den Spielern äußerst beliebt und könnte als Red-Bull-Urgestein ein wichtiger Ansprechpartner für Rangnick sein, ergo im Trainerstab als Assistent Verwendung finden. Überhaupt stellt sich die grundsätzliche Frage, wie intensiv der Deutsche tatsächlich am täglichen Trainingsbetrieb mitwirkt. Rangnick könnte als übergeordneter Teammanager agieren, wie es beispielsweise in England üblich ist. So ein Modell schwebt Mateschitz ohnehin schon seit Jahren vor. Kovac und ein Vertrauensmann von Rangnick würden dann die täglichen Trainings leiten. Denkbar wäre, dass der 53-Jährige Marco Pezzaiuoli ins Boot holt. Der Deutsche war bereits bei Hoffenheim Rangnicks Assistent und stand zuletzt auch als neuer Sturm-Trainer hoch im Kurs.

  • Die Spieler:

Der Kader für die kommende Saison steht im Großen und Ganzen. Zum einen wurden alle Stützen der Double-Gewinner-Mannschaft gehalten, zum anderen mit Dibon, Klein und Ilsanker drei Neue geholt. Punktuell wird Rangnick sicherlich noch nachbessern können bzw. müssen, vor allem dann, wenn es noch weitere Abgänge gibt. Spieler wie Leonardo und Zarate stehen auf der Kippe und werden es unter dem neuen Chef schwer haben – Undiszipliniertheiten und aufreizendes Verhalten wird Rangnick nämlich nicht dulden. Svento und Jantscher hingegen könnten dem Reiz der großen Fußball-Welt nachgeben. Beide besitzen Ausstiegsklauseln und sind Gerüchten zufolge bei einigen deutschen Bundesligisten heiß begehrt. Wie auch immer die Veränderungen bei Salzburg konkret aussehen, eines steht jetzt schon fest: Mit Rangnick und Houllier beginnt wieder einmal eine neue Ära – die sechste in den vergangenen sieben Jahren.

Kurt Vierthaler