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Harnik: "Turnier-Erfahrung nicht entscheidend"

Martin Harnik bei LAOLA1 über Malta-Kritik und eine mögliche Zukunft in Österreich:

Harnik:

Am Eröffnungstag der EURO 2016 feiert Martin Harnik seinen 29. Geburtstag.

Vier Tage später wird der „Piefke“ des ÖFB-Teams zum zweiten Mal bei einer EM-Endrunde auf dem Platz stehen. Nach Christian Fuchs (74) verfügt der ÖFB-Legionär mit 57 Partien über die zweitmeiste Erfahrung im 23-Mann-Kader, dem er zum zweiten Mal nach der Heim-EURO 2008 angehört.

„So ein Turnier ist der Wahnsinn“, sagt der Offensivspieler, der nach sechs Jahren mit dem VfB Stuttgart absteigen musste, im Gespräch mit LAOLA1 beim Media Day seines Ausrüsters „Puma“.

Der gebürtige Hamburger spricht dabei über die Nachwehen des Testspiels gegen Malta, die Bedeutung von Turniererfahrung, seine Zukunft und ob ein Österreich-Engagement je möglich sei.

LAOLA1: Hierzulande gibt es bekanntlich zwischen Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt wenig Spielraum. Wo steht das ÖFB-Team nach dem 2:1 gegen Malta wenige Tage vor der EURO?

Martin Harnik: Es war sicher richtig, dass wir dieses Spiel nicht schöngeredet haben. Aber man darf es nicht überbewerten. Das gilt auch für das nächste Spiel gegen die Niederlande, egal in welche Richtung. Wir hatten vor dem Malta-Spiel eine coole Woche in der Schweiz, wobei die Betonung auf cool liegt. Wir haben abseits des Platzes viel gemacht: radfahren, klettern oder auch golfen. Also Aktivitäten, die fußballerisch vielleicht etwas weniger wertvoll waren. Dementsprechend ist die Partie am Dienstag einzuschätzen. Wir hatten uns zuvor natürlich viel vorgenommen, wollten endlich mal auch in Klagenfurt ein richtig gutes Spiel zeigen, weil der Spielort für uns etwas verflucht zu sein scheint. Doch am Ende war dem einfach nicht so und so man muss es dann auch abhaken.

Aber man darf trotz starker Qualifikation nicht vergessen, dass wir bei dieser EM ein Überraschungsteam sind. Wir haben uns alle gewünscht, dabei zu sein, haben das auch geschafft, aber wir haben uns zum allersten Mal überhaupt sportlich dafür qualifiziert.

LAOLA1: Weil Testspiele einfach auch Testspiele sind?

Harnik: Bewusst wollten wir sicher alle, unbewusst geht man vielleicht nicht immer so intensiv in die Zweikämpfe, wie man es bei der EURO tun würde. Man hat den einen oder anderen Schritt vermissen lassen, weil man sich auch nichts tun will. Es ist ein Freundschaftsspiel und als solches sollte es auch abgetan werden.

LAOLA1: Wie bewertest du deine eigene Leistung, die medial sehr kritisch gesehen wurde?

Harnik: Wir sind nach dem Spiel gleich zurückgeflogen, ich habe das medial gar nicht so verfolgt. Ich selbst brauche die Medien nicht, um mich selbst einzuschätzen. Natürlich ist mir aber gegen Malta wenig gelungen, obwohl ich mich körperlich sehr wohl gefühlt habe. Aber ich habe einfach nicht ins Spiel gefunden und war mit mir auch selbst unzufrieden. Es hat zur Mannschaftsleistung gepasst, ich war in dem Fall einer von vielen, hätte es mir aber natürlich auch anders gewünscht.

LAOLA1: Inwiefern spielt der Abstieg mit dem VfB Stuttgart noch eine Rolle in deinem Kopf?

Harnik: Er hat mich natürlich schon einige Tage beschäftigt und es wäre auch traurig, wenn dem nicht so wäre. Dafür habe ich zu lange in Stuttgart gespielt, um das Thema mit Abpfiff abzuhaken. Aber das ist jetzt keine Ausrede für meine Leistung gegen Malta. Ich hatte auch schon gute Trainingseinheiten in den letzten Tagen davor und habe auch kein Problem mit meinem Selbstbewusstsein. Es war einfach ein gebrauchter Tag für mich, das war nicht mein erster und wird nicht mein letzter gewesen sein.

Wir haben mit der EM sicherlich die größte Bühne und das größte Schaufenster, das man als Fußballer haben kann. Ich werde einen Teufel tun und schnell eine Entscheidung über meine Zukunft treffen wollen.

LAOLA1: Welche Kritik nimmst du allgemein an?

Harnik: Die wichtigste Meinung für mich ist jene des Trainers. Wir haben auch über das Spiel gesprochen und haben das verarbeitet. Ansonsten höre ich auf meine Familie und Freunde. Da kann ich sicher gehen, dass es ehrlich gemeint ist, und aus einem guten Hintergrund kommt.

LAOLA1: Warum wird diese Mannschaft, wenn es drauf ankommt, da sein?

Harnik: Weil wir es in der EM-Qualifikation auch gezeigt haben. Wenn es drauf ankam, haben wir Top-Leistungen gezeigt. Von einer Turnier-Mannschaft kann man bei uns leider noch nicht sprechen (grinst), das müssen wir noch abwarten, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass solche Turniere einfach der Wahnsinn sind. Wenn man am Platz steht und diese Wichtigkeit und Emotion spürt, dann zeigt man auch richtig gute Leistungen.

LAOLA1: Was ist dein persönliches Ziel bei dieser EURO?

Harnik: Wir haben eine Gruppe, von der jeder sagt, sie sei machbar und kein Weiterkommen eine Enttäuschung. Aber man darf trotz starker Qualifikation nicht vergessen, dass wir bei dieser EM ein Überraschungsteam sind. Wir haben uns alle gewünscht, dabei zu sein, haben das auch geschafft, aber wir haben uns zum allerersten Mal überhaupt sportlich dafür qualifiziert. Dementsprechend sehe ich uns schon auf Augenhöhe mit Ungarn und Island, die Ähnliches erreicht haben. Portugal ist bei solchen Turnieren Dauergast, hat sicher etwas mehr Erfahrung und individuelle Qualität. Aber wir gehen in jedes Spiel, um es zu gewinnen und wollen so weit kommen, wie möglich. Das ist ja klar.

LAOLA1: Du hast mit der U20-WM in Kanada 2007 und der Heim-EURO 2008 Turnier-Erfahrung gesammelt. Ist diese wirklich so entscheidend?

Harnik: Ich glaube nicht, dass sie entscheidend ist. Es geht um Qualität und wer die bessere Tagesform hat. Ich hoffe, dass wir hier öfters vorne liegen werden.

LAOLA1: Du hast nach Christian Fuchs die meisten Länderspiele für Österreich absolviert. Wie hat sich Martin Harnik seit seinem Traum-Debüt gegen Tschechien als Nationalteamspieler verändert?

Harnik: Gute Frage (überlegt). Ich glaube schon, dass ich in den Jahren einfach professioneller geworden bin und den Beruf sowie die Zeit mehr zu schätzen gelernt habe. Aber die Lockerheit und den Schmäh habe ich dabei nicht verloren, sondern weiter daran gearbeitet (grinst). Mir ist Spaß einfach sehr wichtig, das trifft aber denke ich in jedem Beruf zu. Ich lebe es jeden Tag.

Arnautovic und Harnik beim Puma Media Day

LAOLA1: Marko Arnautovic sagt, du bist der Witzigste im ÖFB-Team.

Harnik: Das ist definitiv Geschmackssache (lacht). Er steht mit seiner Meinung aber sicher nicht alleine da, allerdings kann ich auch nicht für jeden sprechen. Ich gebe mir Mühe und bin jedem gleichgesinnt. Der eine mag es mehr, so wie Marko, der andere denkt sich vielleicht: Mein Gott, wann hält er endlich die Papp’n? (lächelt)

LAOLA1: Bist du situationskomisch oder ein toller Witzeerzähler?

Harnik: Auf Witze erzählen stehe ich überhaupt nicht. Es ist definitiv Situationskomik und Schlagfertigkeit.

LAOLA1: Deine Zukunft nach der EURO ist offen. Soll sie noch vorher geklärt sein?

Harnik: Das muss definitiv nicht vorher sein. Wir haben mit der EM sicherlich die größte Bühne und das größte Schaufenster, das man als Fußballer haben kann. Ich werde einen Teufel tun und schnell eine Entscheidung treffen wollen. Nicht nur wir schauen auf das Turnier, auch viele Vereine werden das tun, ehe sie eine Entscheidung treffen. Dementsprechend bin ich mir ziemlich sicher, dass meine Zukunft erst nach der EURO entschieden sein wird.

Harnik im Gespräch mit Bernhard Kastler

LAOLA1: Könntest du dir vorstellen, gegen Ende deiner Karriere in Österreich zu spielen?

Harnik: Ich war mit meiner Frau und meiner Tochter zwischen Ende der Meisterschaft in Deutschland und Trainingslager in der Schweiz ein paar Tage bei der Familie in Österreich. Da ist uns schon wieder aufgefallen, wie schön es hier ist. Wir können uns sicher vorstellen, hier auch zu leben und einen Wohnsitz zu haben. Aber einen Karriereplan habe ich da nicht.

LAOLA1: Welcher Klub wäre dein Favorit? „Schuldest“ du nicht der Austria noch etwas? Schließlich wurdest du auf deren Empfehlung zum Nachwuchs-Nationalspieler und alles nahm seinen Lauf…

Harnik: (lacht) Das wird sich am Ende herausstellen. Nein, ich habe keinen Favoriten, Sturm Graz wäre lokal gesehen das nächste, was die Familie betrifft. Wenn die entscheiden würde, wäre es auch sicher Sturm, weil sie Sympathien für den Klub hegt. Aber es gibt auch andere tolle Vereine und schöne Gegenden, um die Karriere ausklingen zu lassen. Wobei die österreichische Liga sicher kein Zuckerschlecken ist, um mit 37 Jahren noch ein wenig Spaß zu haben. Auch hier wird Fußball gespielt.

 

Das Interview führte Bernhard Kastler


Klein lässt Harnik auffliegen:




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