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Stecher - Eine logische, aber nicht die bequemste ÖSV-Wahl

Mario Stecher steigt als Sportdirektor zu einer der einflussreichsten Personalien im ÖSV auf. Er gilt als Macher, der auch mal den Finger in die Wunde legt.

Stecher - Eine logische, aber nicht die bequemste ÖSV-Wahl Foto: © GEPA

Im Österreichischen Skiverband wurde am vergangenen Freitag eine neue Ära eingeläutet.

Die Bestellung von Mario Stecher zum neuen Sportdirektor ist fundamentaler, als sie auf den ersten Blick scheint.

Der ÖSV hat nach der Regentschaft von Peter Schröcksnadel unter dessen Nachfolgerin Roswitha Stadlober seine Führungsstruktur reformiert. Das Amt des Sportdirektors, das seit dem Abgang von Toni Giger im Frühjahr 2022 vakant war, hat im mächtigen Verband nun noch mehr Gewicht.

Stecher wird als Sportdirektor ab Juni (dann tritt die neue ÖSV-Satzung mit der ordentlichen Länderkonferenz in Kraft) gemeinsam mit Generalsekretär Christian Scherer das hauptberufliche Leitungsorgan des ÖSV bilden, also die Geschicke von Ski Austria operativ leiten. Damit einhergehend rückt die (weiterhin ehrenamtliche) Präsidentin wohl zunehmend in die Rolle der Repräsentantin.

Der gebürtige Steirer Stecher steigt mit seiner Beförderung vom Sportlichen Leiter für Skispringen und Nordische Kombination zum spartenübergreifenden Sportdirektor zu einer der einflussreichsten Personalien der Ski-Nation auf.

Der ehemalige Weltklasse-Kombinierer verantwortet in seiner neuen Position primär die Ausrichtung und Strategien der einzelnen Disziplinen sowie die Technologie- und Forschungsabteilung.

Mit Stecher hat sich das fünfköpfige ÖSV-Gremium rund um Präsidentin Stadlober, Scherer, Finanzreferent Patrick Ortlieb sowie die Landesverbands-Präsidenten Karl Janovsky (Tirol) und Walter Hlebayna (Vorarlberg) letztlich für den Favoriten auf den verantwortungsvollen und zukunftsweisenden Posten des Sportdirektors entschieden.

Seiner Kür war ein monatelanges Auswahlprozedere vorausgegangen. 35 Bewerbungen aus dem In- und Ausland gingen beim rot-weiß-roten Skiverband ein, darunter einige vor allem im Alpin-Bereich bekannte Namen. Schlussendlich fiel die Wahl aus letztlich noch fünf Kandidaten auf den Mann aus den eigenen Reihen.

Es ist eine logische, aber nicht die bequemste Wahl.

Logisch deshalb, weil Stecher in den vergangenen fünf Jahren mit seiner Arbeit im ÖSV die beste Bewerbung abgegeben hat.

Der Olympiasieger und Weltmeister ist seit 2018 Sportlicher Leiter für Skispringen und Nordische Kombination, unter seiner Ägide waren die Skispringer Garanten für Medaillen, gewannen Stefan Kraft, Sara Marita Kramer und Eva Pinkelnig den Gesamtweltcup. Auf Seiten der Kombinierer stieg Johannes Lamparter als Doppel-Weltmeister und Gesamtweltcup-Sieger zur absoluten Elite empor.

Die Leistungen im Nachwuchs lassen in beiden Sparten auch für die Zukunft einiges erwarten.

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Stechers Beförderung ist eine Anerkennung seiner Arbeit, soll aber auch ein Zeichen nach innen und der Kontinuität sein.

"Es ist eine Signalwirkung, jemand aus den eigenen Reihen mit dieser Position zu betrauen, dass wir innerhalb der Organisation auf eigene Kräfte setzen", erklärt Generalsekretär Scherer, der eine besonders enge Zusammenarbeit mit dem Steirer ankündigt. "Es wird wohl kein Blatt Papier zwischen uns passen."

Jemanden mit "Stallgeruch" mit einem so wichtigen und einflussreichen Posten zu betrauen, ist aus ÖSV-Sicht einleuchtend.

Auch wenn ein Blick von außen dem Verband, im dem jahrzehntelang dieselben Personen das Sagen hatten (und teilweise noch haben) und starre Strukturen vorherrschten, an der einen oder anderen Stelle nicht schaden würde.

Aber auch Stecher hat das Zeug dazu, im ÖSV an den entscheidenden Stellen umzukrempeln.

Er ist bekannt dafür, dass er den Finger gerne mal in die Wunde legt.

Das hat der 46-Jährige gleich bei seiner Antrittsrede als Sportdirektor bewiesen, als er die "Baustellen" im ÖSV – etwa den Riesentorlauf bei den Alpin-Frauen oder im Biathlon – offen angesprochen hat. Dass es in gewissen Bereichen beträchtlichen Aufholbedarf gibt, verhehlt er nicht.

Stecher scheut die Konfrontation nicht, stellt sich auch unbequemen Situationen.

Das könnte verbands-intern der eine oder andere nach dem Winter zu spüren bekommen. Neubesetzungen an Schlüsselpositionen im Betreuerstab sind nicht auszuschließen. Stecher möchte in seiner neuen Funktion frische Akzente setzen. Vorzugsweise mit rot-weiß-rotem Personal.

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Gleichzeitig fordert der ehemalige Kombinierer von seinem Team, aber auch von den Sportlerinnen und Sportlern, vollen Einsatz, hat hohe Ansprüche.

"Seine Mentalität, die Ärmel hochzukrempeln und Mut zur Veränderung zu haben, waren schon sehr starke Argumente", unterstreicht Scherer, warum die Wahl auf Stecher fiel.

Da ist es auch nur eine Randnotiz für alle Beteiligten, dass im Alpin-verliebten Österreich ein Nordischer künftig das sportliche Sagen im ÖSV hat.

"Ich bin jetzt zwar der erste Nordische, aber mit einem großen Faible für den alpinen Skisport."

Im Alpin-Bereich sieht er sich nicht zuletzt durch seine familiäre Situation – Stecher ist mit Ex-Slalomläuferin Carina Raich verheiratet, die zwei gemeinsamen Kinder fahren selbst Rennen, dazu kommen Schwager Benni Raich und Schwägerin Marlies Raich - gut aufgestellt.

"Im Bereich Skisprung, Nordische Kombination bin ich Experte. Da braucht mir keiner was vormachen. Ich weiß aber auch ganz genau, dass ich gemeinsam mit Experten der einzelnen Sparten arbeiten muss, um die Situation besser zu beurteilen. Ich bin der Meinung, dass ich mir vom Skifahren sehr viel Ahnung angeeignet habe. Trotzdem will ich mir nicht anmaßen, der große Experte zu sein", sagt Stecher. "Das ist aber auch wieder eine Größe eines Sportdirektors, dass er diese Experten dann auch zulässt und in die Entscheidungsfindung mit einbringt."

Stechers Entscheidungen als Sportdirektor, sie werden in Ski-Österreich ganz genau zu beobachten sein. Denn am Ende wird auch er sich an den Erfolgen messen lassen müssen.

Zum Beispiel bei der Alpinen Heim-WM in Saalbach-Hinterglemm 2025 oder den Olympischen Spielen in Mailand/Cortina 2026...


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