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Kitz und TV? Lucky Schmidtleitner erinnert sich

Wie Regie-Ass Lucky Schmidtleitner die Streif-Übertragungen revolutionierte:

Kitz und TV? Lucky Schmidtleitner erinnert sich Foto: © GEPA

Die Kitzbüheler Streif ist und bleibt das Mekka der Speed-Spezialisten. Zum 80. Mal treffen sich die Alpin-Stars in dieser Woche in der Tiroler Weltcup-Metropole, um ihre Rennen um die goldene Gams von Kitz zu bestreiten.

Nach der spektakülären Abfahrt bei den Lauberhorn-Rennen in Wengen mit den atemberaubenden Bildern vom beeindruckenden Bergmassiv Eiger, Mönch und Jungfrau hält Österreich bei den Hahnenkamm-Rennen mit dem einzigartigen Nervenkitzel auf der berühmt-berüchtigten Streif dagegen.

Der Skisport lebt auch oder vor allem von den großartigen TV-Bildern die um die Welt gehen, von den dynamischen Fahrten, der Steilheit der Piste und der Geschwindigkeit der Abfahrer, den Regie-Meisterleistungen des ORF-Teams, der perfekten Arbeit vieler Kameraleute und der unvergleichlichen Momentaufnahmen von bis zu zehn Super-Slomo-Highspeed-Geräten.

Erst zum zweiten Mal wird am Wochenende in Kitz eine Remote-Kamera, die auf dem Auffangnetz im Steilhang fixiert ist, eingesetzt. Die Kamera bietet einen spektakulären Blickwinkel auf eine der gefährlichsten Stellen der berüchtigten Streif und gibt den TV-Fans die Möglichkeit, den Läufer bei der Steilhangausfahrt von hinten zu beobachten und zu sehen, wie knapp die Sportler zum Netz hinfahren.

Zusätzliche Einblicke geben eine Kamera-Position im Steilhang sowie Minifunk-Kameras beim Brückenschuss und beim Ende der Traverse.

Kitz im Bild: Von Schmidtleitner über Melchert zu Kögler

Kitz im Bild: Von Schmidtleitner über Melchert zu Kögler
Chef-Regisseur Kögler greift auf 40 Kameras zu
Foto: © GEPA

Die Streif ist und war schon immer auch die große Spielwiese der besten ORF-Regisseure.

Was im aktuellen Jubiläumsjahr der 55-jährige Niederösterreicher Michael Kögler in die Wohnzimmer der heimischen Ski-Fans liefert und zuvor für den ORF jahrelang der heute 69-jährige Fritz Melchert in großartiger Weise erledigte, war einst von ORF-Pionier Lucky Schmidtleitner (im Bild mit Ex-ÖSV-Alpindirektor Hans Pum) gestartet worden.

Der Alt-Star unter den ORF-Regisseuren genießt Kultstatus, der bald 89-jährige Lucky Schmidtleitner ("The great one") erinnert sich im Gespräch mit LAOLA1 an den Beginn der aufwendigen Ski-Übertragungen des ORF in Kitzbühel zurück.

 

LAOLA1: Wie kam es dazu, dass du den attraktiven Job in Kitzbühel einst übernehmen konntest?

Lucky Schmidtleitner: Das habe ich dem Gerhard Freund zu verdanken, der ab 1957 erster ORF-Fernsehdirektor war, ehe er 1967 von Helmut Zilk ersetzt wurde. Freund hat Anfang der 1960er-Jahre zu mir gesagt, nachdem ich zum ORF gekommen war, dass er mit der Übertragung der Skirennen aus Kitzbühel - mit gerade einmal vier Kameras - nicht wirklich zufrieden sei. Ich habe davor schon in der Schule, als ich das Schottengymnasium besuchte, beim ORF hospitiert. Freund meinte also zu mir, sie sind ja Skilehrer und machen schöne Filme über das Skifahren, können sie nicht auch die Übertragungen aus Kitzbühel übernehmen.

LAOLA1: Und du hast gleich zugesagt?

Schmidtleitner: Was für ein Einstieg. Angefangen habe ich, indem ich mir von einem Fotografen die Portraits der Rennläufer abbilden habe lassen. Die Bilder habe ich dann im Winter an einen Baum genagelt und ein Assistent hat sie abgefilmt – als Einblendungen und Grafiken für die Rennberichterstattung. Nach der Hausbergkante war eine Art Almhütte auf der eine Kamera stand, die habe ich heruntergenommen. Dadurch sind die Steilheit der Strecke und die Geschwindigkeit der Läufer besser herausgekommen. Die zweite Kamera habe ich auf den Slalomhang neben dem Zielschuss verfrachtet. Dort habe ich mir einen Turm bauen lassen, damit ich die so genannte Traverse oder Hausberg-Querfahrt optimal ins Bild bekomme. Das waren tolle Aufnahmen, wenn die Läufer im Gegenlicht aufgetaucht sind und mit den Tücken der Querfahrt zu kämpfen hatten. Dazu gab es noch zwei Kameras im Ziel. Eine tragbare und eine Kamera, die den Läufer von der Hausbergkante bis ins Ziel verfolgte. Während des Rennens gab es dann einige arge Stürze über die Absperrungen hinweg mit spektakulären Bildern. Da braucht man natürlich auch einiges Glück, um eine tolle Übertragung zu liefern.

LAOLA1: Wie ging es mit der Vier-Kamera-Übertragung auf der Streif dann weiter?

Schmidtleitner: Naja, da kam mir dann eine für mich nicht unwichtige Fernseh-Messe in Montreux in der Schweiz dazwischen. Da habe ich gesehen, wie einer am Genfer See eine Kamera auf einem Stativ aufgebaut hat. Neugierig wie ich war, bin ich hingegangen, habe durchgeschaut und plötzlich die Spitze eines Segelschiffes weit draußen auf dem See gesehen. Na bumm, das war so eine lange Optik, das habe ich noch nie zuvor gesehen. Ich habe den Herrn dann gefragt, ob er uns die Kamera nicht für die Skirennen in Kitzbühel borgen könnte und er hat eingewilligt.

LAOLA1: Wo hast du die Kamera in Kitzbühel dann eingesetzt?

Schmidtleitner: Ich habe die Kamera auf dem Kitzbüheler Horn – gegenüber der Rennstrecke - installiert. Dann ist Gerd Bacher, er war damals Generalintendant des ORF, beim Training in unseren Übertragungswagen gekommen. Also habe ich dem Kameramann am Horn den Auftrag erteilt, zum Start hin zu filmen. Der hat aber gemeint, da ist ja nur Nebel. Ich habe noch einmal wiederholt: Fahr zum Start hin. Natürlich braucht man Glück auch und ich hatte plötzlich durch den Nebel hindurch groß den Rudi Bodenseer - den legendären Starter auf der Streif - im Bild. Der Bacher ist aus dem Staunen nicht herausgekommen, hat nur gestammelt, das ist ja ein Wahnsinn, a Wahnsinn. Ich habe dann gemeint, ja das ist eh super, aber die Kamera haben wir nur ausgeborgt. Der Bacher hat gesagt: Kaufen, sofort kaufen! Die lange Brennweite, die tolle Canon-Optik, das war nicht nur für mich ein echter Quantensprung in der TV-Sportberichterstattung!

LAOLA1: Warst du eigentlich ein guter Skifahrer?

Schmidtleitner: Ich bin staatlich geprüfter Skilehrer. Ich erinnere mich an eine Abschlussfeier in St. Christoph am Arlberg, als der große Stefan Kruckenhauser - damals Leiter der Skilehrer-Ausbildung im Bundessportheim - meinte, er müsse für alle eine eher traurige Nachricht verkünden und erklärte, dass ein echter Wiener bester Skilehrer im Tiefschneefahren sei – damit meinte er dann mich.

Lucky Schmidtleitner war ein echter Pionier
Foto: © GEPA

LAOLA1: Du warst ein echter Tausendsassa und giltst auch als Erfinder der mitfahrenden Kamera auf den Rennautos. Wie kam es dazu?

Schmidtleitner: Die erste diesbezügliche Kamera haben wir beim Gaisberg-Rennen in Salzburg eingesetzt. Auf einem Tourenwagen. Doch mein Ziel war es natürlich, eine mitfahrende Kamera in der Formel 1 einzusetzen. Ich wollte die Kamera auf dem Boliden unseres Österreichers Jochen Rindt montieren. Und zwar beim Training für den Großen Preis in Monte Carlo, aber der Lotus-Chef Colin Chapman hat das nicht erlaubt. Dann bin ich zum Graham Hill gegangen. Dazu muss man wissen, dass ich mit dem zweimaligen Formel-1-Weltmeister aus England sehr eng befreundet war und bei fast jedem Grand Prix einmal eine Runde Golf gespielt habe. Ich sage also zum Hill, dass ich bei seinem Auto die Kamera montieren möchte, da der Chapman das beim Auto von Rindt nicht erlaubt. Der Graham Hill war sofort einverstanden. Dazu muss man wissen, das war damals noch Film, 16-mm-Film. Wir haben unsere Kamera in Monte Carlo also am Überrollbügel montiert und waren damit weltweit die erste TV-Station, die solche spektakulären Bilder liefern konnte. Da konnte dann auch der Champan nicht mehr nein sagen.

LAOLA1: Du warst sehr sportlich, welche Sportarten hast du betrieben?

Schmidtleitner: Ich war nirgendwo Weltklasse, aber ich war gleich in mehreren Sportarten österreichischer Meister. Begonnen hat es als Jugendlicher mit dem Fußball bei der Wiener Austria. Der einzige aus unserer Truppe, der etwas geworden ist, war Franz Svoboda, der mit Österreich 1958 zur WM nach Schweden reiste. Ich habe dann als Gast bei Freudenau gespielt. Unser Trainer bei der Austria war mit Leopold „Tscharry“ Vogl eine echte Berühmtheit. Wir sind als Jugendliche im Training immer vom Lusthaus bis zum Praterstern und wieder zurück gelaufen. Ein Wahnsinn, so etwas machen ja nicht einmal die Alten heute. Dann war ich Meister mit EK Engelmann im Basketball, da war Teamspieler Karl Privoznik unser Star. Damals habe ich auch ein paar Mal gegen Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky gespielt. Meister war ich auch im Handball mit dem Wiener Sportclub und viel später dann im Golf bei den Senioren.

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