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ÖEHV bei der WM: Es braucht keine Sternstunden

Österreich darf sich berechtigte Hoffnungen auf den erneuten Klassenerhalt machen. Sternstunden sind kein Muss, Zählbares aus den Schlüsselspielen dafür schon:

ÖEHV bei der WM: Es braucht keine Sternstunden Foto: © GEPA

Die Erwartungshaltung ist deutlich gestiegen.

Letztes Jahr reiste Österreich noch als "Graue Maus" nach Tampere, hatte praktisch nichts zu verlieren. Immerhin spielte das ÖEHV-Team erst aufgrund des Ausschlusses von Russland und Belarus bei der A-WM 2022 mit.

Als etatmäßige B-Nation war der Druck, den Klassenerhalt zu schaffen, nicht unbedingt gegeben. Viel mehr war es vor Turnierstart das ausgerufene Ziel.

Wäre es nicht erreicht worden, hätten Teamchef Roger Bader und seine Cracks zwar eine geschenkte Chance vertan, der Aufschrei unter den einheimischen Eishockey-Fans wäre jedoch nicht allzu groß gewesen.

Österreichs WM-Auftakt gegen Frankreich am Samstag, ab 11:20 Uhr, im LIVE-Ticker >>>

Vergangene Misserfolge brachten Umbruch, der Wirkung zeigte

Heuer stehen die Vorzeichen anders. Der Verbleib in der Top-Divison wird von vielen Seiten als absolutes MUSS angesehen.

Im Eishockey-Verband nimmt man dieses Wort zwar nicht in den Mund, nach der genommenen Entwicklung seit der vergangenen Weltmeisterschaft sind sich die Verantwortlichen allerdings bewusst, dass alles andere als der Klassenerhalt ein herber Rückschlag wäre.

Roger Bader nützte zuletzt jede Gelegenheit um zu betonen, Österreich als Top-12-Nation etablieren zu wollen. Als erster Teamchef seit 2004 könnte er das Nationalteam zum zweiten Klassenerhalt en suite führen und damit den nächsten Schritt in die richtige Richtung tätigen.

Gelingt dies nicht, dürfte die Kritik am Schweizer wieder etwas lauter werden. Vielen Fans hängt immer noch die blamable WM 2019 in den Köpfen fest, als Österreich nach einer äußerst bitteren Niederlage gegen Italien den Gang in die Zweitklassigkeit antreten musste. Oder die misslungene Olympia-Qualifikation im Sommer 2021.

Danach folgte der harte Cut, mithilfe einer Verjüngungskur verschaffte Bader dem ÖEHV-Team ein neues, frisches Gesicht. Der Spaß im und am Team ist groß, der Respekt unter den Cracks und im Staff ebenfalls. Zugute kommt dem Teamchef zudem, dass Österreich aktuell viele Talente herausbringt.

Marco Rossi und Marco Kasper sorgten in den letzten drei NHL-Drafts für zwei österreichische Top-10-Picks, Verteidiger David Reinbacher könnte Ende Juni in Nashville der nächste werden. Hinzu kommen Benjamin Baumgartner, Thimo Nickl und Vinzenz Rohrer, deren Namen 2020 bzw. 2022 ebenfalls in der Talenteziehung gefallen sind.

Viele etablierte Spieler haben außerdem nochmal einen Schritt nach vorne gemacht und nehmen nicht nur im Nationalteam gewichtige Rollen ein.

Das Leistungsniveau im Nationalteam ist wohl so hoch wie seit vielen Jahren nicht mehr, eine maßgeschneiderte und attraktive Spielweise, die Roger Bader nach der Olympia-Quali implementiert hat, trägt ihr Übriges bei.

Gerne weniger Sternstunden, dafür Zählbares aus den Schlüsselspielen

Dadurch war eine derart starke Performance beim letzten WM-Antreten in Tampere erst möglich, wobei an dieser Stelle festgehalten werden muss, dass Österreich sich mit einem über weite Strecken nervösen Spiel gegen Großbritannien beinahe selbst um die Lorbeeren gebracht hätte.

Da rückten der historische Sieg über Tschechien oder weitere Sternstunden gegen Schweden oder die USA beinahe in den Hintergrund, weil es verabsäumt wurde, wirklich Zählbares aus den Schlüsselspielen gegen Norwegen und Lettland mitzunehmen.

Darauf wird es auch in den kommenden gut zwei Wochen ankommen. Teil-Erfolge über die großen Nationen sind schön und gut, haben allerdings überhaupt keinen Wert, wenn die Ergebnisse in den Spielen gegen Frankreich, Deutschland, Dänemark und allen voran Ungarn nicht stimmen.

Das Nationalteam würde indes gut daran tun, es nicht schon wieder auf ein Entscheidungsspiel am letzten Spieltag ankommen zu lassen. Das Nervenkostüm litt im Vorjahr bereits massiv und glich am Ende nur mehr einem kleinen Fetzen.

Einen ersten Maßstab, wohin die Reise bei dieser WM gehen wird, liefert gleich das Auftaktspiel gegen Frankreich. Für viele Beobachter ein Gegner auf Augenhöhe, manche stellen das ÖEHV-Team sogar über "Les Bleus".

Der Kader kann sich jedoch sehen lassen. Mit Alexandre Texier findet sich ein NHL-Spieler, der heuer aus persönlichen Gründen in der Schweiz spielte, in den Reihen wieder. Hinzu kommen Legionäre, die in der Schweiz, Finnland, Deutschland, Tschechien oder Nordamerika spielen.

Die Strukturen sind also ähnlich, in der Weltrangliste ist Frankreich darüber hinaus knapp über Österreich angesiedelt. Von einem Pflichtsieg wie jenem im Duell mit Ungarn zu sprechen, wäre vermessen, spiegelt allerdings die teils zu große Erwartungshaltung exakt wider.

Natürlich konnte die Bader-Truppe unter anderem in der jüngsten WM-Vorbereitung mit guten Ergebnissen auf sich aufmerksam machen und Selbstvertrauen sammeln, allerdings gibt es auch das eine oder andere Sorgenkind, welches zum Tragen kommen und gerade in diesen Schlüsselspielen den Unterschied ausmachen könnte.

Es obliegt den Spielern, diese in jeder Partie über 60 Minuten nicht oder so gut wie kaum zum Vorschein bringen zu lassen - Talent und Routine ist reichlich vorhanden. Dann sollte sich die leidgeprüfte österreichische Eishockey-Community auf eine neuerlich erfolgreiche WM freuen dürfen.

Die Spieltermine des ÖEHV-Nationalteams >>>


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