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Wie sollten sich Trainer für einen neuen Job präsentieren?

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller stellt einen Leitfaden auf, nach dem sich ein Trainer-Kandidat im Bewerbungsprozess richten sollte:

Wie sollten sich Trainer für einen neuen Job präsentieren? Foto: © GEPA

Ein Coach, der sein Engagement für die nächste(n) Saison(en) schon in der Tasche hat? Eine Organisation, die mit einem bewährten Trainer in die nächste Saison startet?

Nichts schöner als das, aber ab und zu steht doch eine Suche nach einem neuen Coach an.

Wie sollten sich Kandidaten hier präsentieren? LAOLA1-Experte Bernd Freimüller mit einem Leitfaden:

Sobald ein Trainerstuhl (während der Saison) einmal wackelt oder sich nach der Saison eine Vakanz auftut, hat jeder Sportmanager eines Teams gleich Dutzende Bewerbungen in seinem E-Mail-Postfach liegen. Fast immer über Agenten, selten kommen direkte Anfragen und das sind dann meist Leute ohne großen Lebenslauf.

Nach dem Durchforsten der Namen – worauf gleich etwa 90 bis 95 Prozent wegfallen – holen die Sportmanager Erkundigungen ein, wenn sie die Kandidaten nicht ohnehin schon kennen. Wer telefonisch kontaktiert wird, hat die erste Runde geschafft, wer eingeladen oder vor Ort besucht wird, kann sich schon größere Hoffnungen machen.

Wie sollten sich die potentiellen zukünftigen Arbeitnehmer in solchen Gesprächen präsentieren? Es gibt auf jeden Fall Parallelen und Unterschiede zu Bewerbungsgesprächen in "normalen" Jobs:

Kleider machen Leute

Die Geschichte, dass der HSV von einem Engagement von Jürgen Klopp absah, weil dieser in löchrigen Jeans und mit Drei-Tages-Bart zum Interview kam, ist schon längst Legende – im Nachhinein hätten sie ihn sogar im Adamskostüm auf der Bank brauchen können.

Allerdings: Ein solides Erscheinungsbild kann kein Fehler sein – ich weiß von einem DEL-Team, das vor Jahren nicht gerade davon angetan war, dass der Kandidat in kurzen Hosen und Flip-Flops vor dem Hauptgesellschafter erschien.

Eine normale Hose, ein Hemd (ohne Krawatte) und vielleicht ein Sakko – das erscheint dem Anlass gemäß, gleichzeitig nicht zu sehr aufgebrezelt. Ein Dressman, der im Slim-Fit-Anzug den Manager in den Schatten stellt, kann zu viel des Guten sein.

Schriftliche Unterlagen

Ein Lebenslauf – bei Leuten innerhalb der Liga natürlich nicht mehr notwendig – sollte schon übermittelt worden sein, es schadet aber nicht, diesen nochmals mitzubringen. Bei Nordamerikanern sind hier auch immer Referenzen mit Telefonnummern angegeben – gehe davon aus, dass du auf Nachfragen nur Gutes hören wirst. Allerdings kann man so wiederum einige Telefonnummern von Kontakten in Übersee sammeln.

Danach scheidet sich schon die Spreu vom Weizen: Ein "Tactical Package", wo sich der Sportmanager in deine Forecheck-, PP- und PK-Methoden einlesen kann, kommt schon höchst professionell daher, auch wenn es oft bedeutet, Perlen vor die Säue zu werfen. Aber wenn so etwas einmal angelegt und abgespeichert ist, kann es bei Bedarf immer wieder ausgedruckt werden.

Eine schriftliche Übersicht über das mögliche neue Team – mit Gedanken zu den Spielern, die noch unter Vertrag stehen – würde das Ganze noch einmal verfeinern.

Vorbereitung auf das Gespräch

Wie bei einem normalen Vorstellungsgespräch: Du solltest über deine möglichen neuen Arbeitgeber doch einigermaßen Bescheid wissen, nicht nur sportlich: Erzähle nicht, dass du immer schon Gutes über das Leben in Bayern gehört hast, wenn du auf z.B. auf den Job in Iserlohn spechtelst. Grundlegende Infos über die Stadt bzw. die Arena dort sind im Internet leicht zu finden. Sei auch ehrlich: Schwärme nicht von einer tollen Stadt, wenn der Manager gegenüber weiß, dass das ein Nest in der Einöde ist.

Zum Sportlichen: Dein Agent sollte dich schon informiert haben, warum es zu einem Trainerwechsel kommt. Vielleicht kennst du auch jemanden von den derzeitigen oder ehemaligen Spielern. Kein böses Wort über den Vorgänger - überlass das deinem Gesprächspartner -, aber mache klar, was du anders machen würdest.

Was immer gut ankommt: Wissen über den bisherigen Spielstil bzw. Stärken und Schwächen des Teams und der einzelnen Akteure. Es wird dich wohl kaum jemand über den Viertlinien-Winger ausfragen, aber wenn du seinen Namen und einige Charakteristika ("sehr schnell, kämpft, kann im PK spielen, leider kein Abschluss") weißt, kann das durchaus für Eindruck sorgen. Wenn dein Gegenüber aber zu einer langen Rede über sein Team ansetzt, solltest du nicht den Eindruck erwecken, dass du die Mannschaft besser kennst. 

Ein selbstbewusstes, aber nicht nassforsches Auftreten wäre ein Plus – vermeide aber den Eindruck, dass du dem Team mit deinem Engagement eine Gnade erweisen würdest. Schon erlebt: Ein Coach, der gleich einmal anmerkte, dass ohne Auflösen des Großteils der Verträge nichts weitergehen würde – kann man so machen, wird aber deine Jobchancen eher reduzieren, außer du bewirbst dich bei einem Team mit unbegrenzten Mitteln.

Hinterlasse einen gefestigten Eindruck – mir erzählte ein DEL-Manager einmal die Story, dass sein Gesprächspartner vor Nervosität in Schweiß gebadet war. Wie soll man sich einen solchen Mann im Ernstfall bei einer Rede vor dem Team vorstellen?

Sei dir auch deiner Reputation bewusst – giltst du als strenger Herrscher, solltest du im Gespräch vielleicht etwas amikaler rüberkommen. Hast du einen Ruf als Spielerversteher, streiche auch heraus, dass du im Ernstfall sehr wohl auch laut werden kannst. Was gerne auch abgeschwächt oder dementiert wird: Reputationen als Defensiv-Coaches bzw. Leute, die nur mit Routiniers umgehen können.

Warst du bisher ein Assistant Coach und bewirbst dich um deine erste Chefrolle: Streiche deine Verdienste bei deinen letzten Jobs hervor und warum sie dich für einen Head-Coach-Posten qualifizieren. Vermittle aber nicht den Eindruck - selbst wenn es stimmt -, dass ohne dich der Laden zusammengebrochen wäre und dein Chef nicht einmal alleine die Arena gefunden hätte.

Finanzielles wird bei solchen Gesprächen eher nie besprochen, das übernimmt danach dein Agent. Die Parameter sollten vorher ohnehin schon abgeklärt gewesen sein.

Nach dem Gespräch

Wahrscheinlich ist einmal Geduld angesagt, auch wenn du und dein Gegenüber beim Interview fast wie jahrelange Buddies ausgekommen seid. Sicher kein Fehler, sich per SMS für das Gespräch zu bedanken, aber rufe nicht zwei Tage später wieder an. Dein Agent wiederum sollte am Ball bleiben, aber nicht zu dick auftragen: Auf den Satz "Mein Klient hat noch ein Angebot, das er bald wahrnehmen muss", kann da die Antwort kommen: "Dann soll er dort unterschreiben, ich muss noch mit anderen Leuten reden."

Sollte es zu einer Absage kommen – die hoffentlich telefonisch erfolgt – lasst dir deine Enttäuschung nicht zu sehr anmerken und grummle nicht herum. Es kann leicht sein, dass du eine knappe Nr. 2 warst und schon ein paar Monate später, wenn der neue Coach einen Fehlstart hingelegt hat, gebraucht wirst. Wenn nicht, kreuzen sich die Wege vielleicht erst in ein paar Jahren, aber der gute Eindruck bleibt bestehen.

Alles vielleicht keine großen Erkenntnisse und den Vorstellungsgesprächen in anderen Jobs nicht unähnlich. Doch es gibt nichts, was es nicht gibt: Dass selbst Coaches mit jahrelanger Berufserfahrung völlig unvorbereitet zu einem Gespräch auftauchen, von der Stadt, Liga bzw. dem Team keine Ahnung hatten, kommt öfters vor als man glaubt – ich habe eine solche Story erst vor kurzem gehört. Das heißt nicht unbedingt, dass man eine schlechte Wahl wäre – nur die Chancen zum Zug zu kommen, sind nachhaltig reduziert...


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