news

Warum die NHL-Preseason mit Vorsicht zu betrachten ist

Bernd Freimüller erklärt die Regeln für die Vorphase der Saison und warum ihre Ergebnisse wenig Aussagekraft haben.

Warum die NHL-Preseason mit Vorsicht zu betrachten ist Foto: © getty

Die Hälfte der NHL-Preseason ist vorbei, das Saisonende am 10. Oktober ist in Sicht.

Noch stehen einige Personalentscheidungen aus, doch längst nicht so viele, wie Fans oft annehmen.

Ein Blick auf einige Besonderheiten der Camps und Preseason-Games von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:

Einige Fans und Medienvertreter untersuchen Scrimmages und Preseason-Games wie den Zapruder-Film vom JFK-Attentat, doch das ist oft vergebene Liebesmüh. Der CBA gibt den Training Camps und den Testspielen so viele Vorgaben vor, dass diese oft nicht mehr als Bewegungstherapie darstellen.

Etwa 80-90 Prozent der Personalentscheidungen ergeben sich von selbst, vor allem jahrelange Routiniers halten sich in der Vorbereitung vornehm zurück, ihre Stammplätze sind gesichert. Es geht vor allem um die Randplätze im Kader, um die sich mehrere Tiefenspieler balgen, dazu kommt auch noch der eine oder andere Draft Pick, der sich zumindest zu Beginn der Saison festkrallen will. Einige CBA-Schmankerl zur NHL-Saisonvorbereitung:

Wie lange dürften Training Camps dauern?

Mindestens 20 und höchstens 27 Tage. Der erste Tag des Camps dient immer medizinischen Tests, Spieler, die in der Vorsaison 50 Spiele absolviert haben, können auch darauf bestehen, diese vor dem Camp abzulegen.

Die 27 Tage schließen allerdings schon die Rookie Camps ein, Die 50-Spiele-Spieler dürfen nur für höchstens 20 Tage angefordert werden.

Was sind die Rahmenbedingungen für diese Camps und den Saisonstart?

An den Tagen 2-5 dürfen die Spieler maximal 105 Minuten auf dem Eis stehen, dazu 75 Minuten Off-Ice-Einheiten absolvieren. Die Spieler haben das Recht auf zwei freie Tage während des Camps, die dürfen auch durch keine Reisetätigkeiten (also Anreisen oder Rückkehren zu und von den Testspielen) beschnitten werden.

Die Spieler bekommen für bis zu 28 Tage ein Single-Hotelzimmer bereitgestellt. Wenn sie in ihrer eigenen Wohnung leben, geht das auf ihre Rechnung. Nach 28 Tagen bekommen sie entweder die Anweisung, sich eine Wohnung zu suchen (bleiben also beim Team) oder, wenn das Team den Spieler weiter ausprobieren möchte, bis zu weitere 28 Tage bezahlter Unterkunft, diesmal aber sogar mit einem Upgrade auf größere Zimmer für die Familien. Nach 56 Tagen (also schon tief in der Saison) kann sich der Spieler von sich aus endgültig eine Unterkunft suchen.

Diese "28/56"-Regeln gelten aber nur für Wackelkandidaten, Spieler, die bei einem Team bei 160 Spielen im Kader gestanden sind (auch nicht spielend) und für dieses Team 40 Spiele absolviert haben, können sich in der eigenen Stadt gleich eine eigene Wohnung suchen bzw. diese wieder beziehen. Der erlösende Satz eines GMs - "Such dir eine fixe Bleibe" - gilt also meist für junge Spieler oder AHLer.

Die Regeln für die Preseason Games:

Mindestens sechs und höchstens acht Spiele dürfen ausgetragen werden.

Kein Spieler muss mehr als drei Spiele am Stück absolvieren. In den ersten drei Tagen des Camps ist kein Spiel auszutragen.

Die Teams sollen mindestens acht "Veterans" pro Spiel stellen. Darunter fallen:

  • Spieler, die in der Vorsaison 30 NHL-Spiele absolviert haben oder als Goalie bei 50 Spielen auf dem Spielbericht standen
  • Erstrunden-Picks des vergangenen Entry Drafts
  • Jeder Spieler mit 100 oder mehr NHL-Spielen.

Ab und zu bestreiten Teams zwei Spiele pro Tag, das ist auch ein Grund für die oftmals riesigen Kader (über 60 Spieler) zu Camp-Beginn. Die Teams versuchen vor allem zu Hause eher gute Aufgebote zu stellen, es kommt aber öfters zu ungleichen Paarungen. Beim 10:0 der Calgary Flames gegen die Vancouver Canucks vor einigen Tages passierte genau das. Das ist auch ein Grund, warum es wenig Sinn ergibt, fieberhaft auf diese Spiele und deren Statistiken zu blicken. Das lernten die österreichischen Hockeyfans auch im Falle von Marco Rossi im letzten Sommer, der die gesamte NHL in Preseason-Punkten anführte.

Vor kurzem weichte die NHL auch ihre eigenen Preseason-Regeln auf und gewährte den LA Kings einen Dispens bezüglich der Veteranen-Regel. Diese kamen gerade von ihren Testspielen in Australien gegen die Coyotes zurück, durften dann gegen die Vegas Knights mit einem sehr jungen Aufgebot auflaufen. 772 NHL-Spiele standen so fast 5.000 bei Vegas gegenüber, die Kings gewannen aber trotzdem mit 4:3.

Ein Beispiel der Wild

Die letzten ein oder zwei Testspiele geben dann noch am ehesten Rückschlüsse auf die Aufgebote zu Saisonbeginn. Doch gerade das Beispiel von Marco Rossis Wild zeigt, wie wenig offene Stellen eigentlich zu vergeben sind:

Sammy Walker, bis jetzt eine positive Erscheinung, muss wohl aus zwei Gründen wieder in die AHL.

Mit 855.000 Dollar fällt er mehr zur finanziellen Last als etwa Neuverpflichtung Jujhar Khaira, der das NHL-Mindestgehalt von 775.000 Dollar einstreifen würde. Bei den Wild zählt jeder Cent. Darüber hinaus ist Walker "waiver exempt", die Wild können ihn also am Weg in die AHL an kein anderes Team verlieren. Khaira muss auf die Waivers und da die Wild wahrscheinlich nur mit zwölf Stürmern in die Saison gehen werden, könnten sie Khaira noch verlieren, danach Walker bei Bedarf immer noch zurückholen.

Es würde also wenig überraschen, wenn die Wild - ohne Verletzungen - mit sieben Defendern und zwölf Stürmern in die Saison gingen, um so etwas Cap Space für den Rest der Saison anzusparen. Diese Parameter gelten bei vielen Teams weit mehr als etwaige Leistungen in Preseason Games, wo gelangweilte Routiniers auf oft übermotivierte Youngsters treffen...

Kommentare