Derzeit kämpft Marco Rossi mit seinen Minnesota Wild gegen die Vegas Golden Knights um das Weiterkommen in den Stanley-Cup-Playoffs der NHL.
Vor und nach den Playoffs ist aber auch ein Kampf seines Agenten mit Wild-General-Manager Bill Guerin um einen neuen Vertrag angesagt.
Derzeit kursieren viele Gerüchte und Halbannahmen – ein Blick auf die Rahmenbedingungen eines neuen Deals oder Alternativen dazu von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:
Vertragsstatus
Rossis Entry-Level-Deal läuft mit 1. Juli aus. Er ist noch bis Sommer 2029 ein "Restricted Free Agent", hat also nicht das Recht, sich seinen Arbeitgeber selbst auszusuchen.
Die Wild müssen ihm bis 30. Juni ein "Qualifying Offer" in der Höhe von knapp 875.000 Dollar machen, was aber nur eine reine Formsache darstellt. Vertragsverhandlungen sind in der Höhe und Vertragsdauer davon unabhängig, so es bis dahin nicht schon zu einem Deal gekommen ist.
Vertragslänge und -höhe
Rossi könnte theoretisch bis zu acht Jahre bei den Wild unterschreiben, die ebenfalls maximal theoretische Höchstgrenze wären 20 Prozent des oberen Salärsgrenze eines NHL-Teams, diese wird nächste Saison ca. 95 Millionen betragen. Letzteres ist natürlich kein Thema.
Bisherige Offerten

Angeblich soll das Camp um Rossi, der von Ian Pulver vertreten wird, ein Angebot über fünf Jahre zu je fünf Millionen abgelehnt haben. Mit diesen fünf Jahren hätten die Wild Rossi sein erstes Jahr als "Unrestricted Free Agent" (also mit freier Klubwahl) abgekauft.
Guerin liegt auf der NHL-Bezahlskala, die von Dagobert Duck bis zum betrunkenen Matrosen auf Landurlaub reicht, eher bei Zweiterem, Knausrigkeit konnte man bis jetzt weder ihm noch Eigentümer Craig Leopold unterstellen. Bei Franchise-Star Kirill Kaprizov will man ohnehin bis zur Obergrenze gehen.
Neben der ansteigenden Upper Cap auch nicht zu vergessen: Die zuletzt wie ein Stein auf den Wild lastenden Auszahlungssummen für Zach Parise und Ryan Suter fallen in den nächsten Jahren auf jeweils 1,6 Millionen gesamt, behindern Guerin damit nur noch geringfügig.
Ohne auf (ungesicherte) Angebote eingehen zu wollen: Joel Eriksson Ek, in der Depth Chart der Wild Center Nummer 1, unterschrieb 2021 einen Acht-Jahres-Vertrag mit einer Durchschnittssumme von 5,25 Millionen und verzichtete dabei auf fünf UFA-Jahre.
Gut möglich, dass Guerin Rossi gehaltstechnisch nicht über den Schweden, der allerdings noch unter einer niedrigeren Salary Cap und damals mit weniger Offensive in seinem Spiel unterschrieb, stellen will. Im Nachhinein ist Eriksson Eks Kontrakt jedenfalls eine der größten Mezzien der Liga.
Was wären die Alternativen, wenn die Wild und Pulver wirklich auf keinen grünen Zweig mehr kommen?
Trade
Gerüchte diesbezüglich gibt’s schon länger.
Das Problem dabei: Guerin müsste gleichwertigen Ersatz bekommen, womöglich auf der Center-Position, die nach Erikssson Ek immer noch dünn besetzt wäre. Danila Yurov, Wild-Erstrunder von 2022, spielte zuletzt in Magnitogorsk am Flügel. Könnte der 22-Jährige (ebenfalls noch ohne Vertrag) den Sprung in die NHL reibungslos schaffen?
In der Abwehr stehen mit Brock Faber und Zeev Buium ohnehin zwei aufregende Youngsters, im Tor setzt man trotz gewisser Ruckeligkeiten weiter auf Jesper Wallstedt als Fleury-Nachfolger.
Sollte es nach der Wild-Saison zu keiner Vertragseinigung kommen, könnten eventuelle Gespräche wegen eines Trades um das Draftwochenende Ende Juni in die Gänge kommen. Es gibt allerdings keinerlei Deadlines für Guerin, der alle Karten in der Hand hat. Auch nach dem 1. Juli und ohne aufrechten Vertrag bleibt Rossi weiter Wild-Eigentum.
Bei Kevin Fiala, der nach einer tollen Saison 2022 aus finanziellen Gründen von Guerin nach LA getradet wurde, gewannen beide Seiten: Der Schweizer spielte auch bei den Kings groß auf, die Wild bekamen Faber und einen Erstrunden-Pick.
Es gilt jedenfalls: Das aufnehmende Team eines Spielers ohne Vertrag testet schon im Vorfeld ab, unter welchen Vertragsbedingungen der Spieler unterschreiben würde, sonst verlagert sich das Problem ja nur von einer Organisation auf die nächste.
"Sign-and-trades" - ein Spieler unterschreibt einen neuen Vertrag und wird umgehend getradet - mögen in der NBA üblich sein, in der NHL keineswegs.
Offer Sheets
Ohne auf die sehr komplizierten Details dieser Variante einzugehen, nur eine Kurzfassung: Ein anderes Team macht Rossi ein Vertragsoffert, das von diesem auch akzeptiert wird. Die Wild können das so gemachte Angebot matchen oder für Rossis Rechte eine Reihe von Draftpicks kassieren (abhängig vom angebotenen Gehalt).
Ich habe vor kurzem in einer Tageszeitung gelesen, dass dies sehr wahrscheinlich sei. Eine verwegene Behauptung, denn: Diese Variante kam 1986 auf den Markt, seitdem gab es 44 solcher Offer Sheets. Das läuft auf knapp eines pro Jahr hinaus.
Unter den heute gültigen Regeln - also seit dem CBA 2012 - kamen zwölf solcher Offer Sheets vor, also im Schnitt noch weniger.
Es gibt zwar den einen oder anderen NHL-GM, der nach den parallelen Offer Sheets von St. Louis-GM Doug Armstrong an die beiden Oilers Philip Broberg und Dylan Holloway im letzten Sommer eine neue Welle auf die Liga zukommen sieht, aber das sollte man erst glauben, wenn es so weit ist. Noch ist diese Variante eine äußerst selten gewählte.
Immerhin hat ein Österreicher schon einmal ein solches Offert bekommen: Thomas Vanek, der 2007 in Diensten der Buffalo Sabres stand. Das (gematchte) Offer Sheet der Edmonton Oilers brachte ihm fast 50 Millionen Dollar an Gehalt ein.
Die Saison für Offer Sheets beginnt parallel zur Free Agency am 1. Juli und endet – wenn ein RFA bis dahin noch keinen Vertrag hat – am 1. Dezember.
Arbitration
Warum nicht das Gehalt per Arbitration – also vom einem neutralen Schiedsgericht – klären lassen? Auch wenn das schon anders zu lesen war, fällt diese Variante für Marco Rossi heuer noch flach.
Grund dafür: Er unterschrieb mit 18 Jahren seinen Entry-Level-Deal. Um danach diese Arbitration Rights zu bekommen, muss er vier Saisonen mit mindestens jeweils zehn NHL-Spielen absolviert haben. Rossi kam nur auf drei solcher Spielzeiten, daher wäre diese Variante frühestens 2026 für ihn ein Thema.
Auch für die Wild, die ebenfalls das Schiedsgericht anrufen könnten (eine allerdings weit seltenere Variante), gelten diese Regeln. Ähnliches gilt übrigens für J.J. Peterka, der Deutsche in Diensten der Buffalo Sabres sitzt im selben Boot wie Rossi.
Noch ruht der See still, beide Seiten geben keine Wasserstandmeldungen heraus, was etwaige Animositäten verhindert. Das kann sich im Laufe des Sommers noch ändern, allerdings kommen Signings (oder Trades) oft völlig unvermutet daher...