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Bernd Freimüller auf Zeitreise mit Thomas Vanek

LAOLA1-Scout Freimüller über seine ersten Kontakte mit dem Ex-NHL-Stürmer.

Bernd Freimüller auf Zeitreise mit Thomas Vanek Foto: © GEPA

"Wenn ich heute nicht irgendwo unterkomme, dann war's das für mich!"

In der US-Radio-Show "The Instigators" kündigte Thomas Vanek am Montag - dem Tag der NHL-Trade-Deadline - seinen Abschied aus der National Hockey League an. Dabei wurde der 36-jährige Steirer von seinem langjährigen Buffalo-Sabres-Teamkollegen Andrew Peters interviewt.

"Ich bin glücklich mit dem, was ich erreicht habe", betont Österreichs Sportler des Jahres 2007 und gibt Privates preis: "Zu Hause zu sein und meine Buben zu trainieren macht richtig Spaß", berichtet Vanek, der nicht ausschließen möchte, dass er künftig als General Manager eines Teams arbeitet.

"Ich möchte dem Spiel verbunden bleiben und eines Tages GM werden und einige der Dinge umsetzen, die ich in meiner eigenen Karriere gelernt habe", sagt Vanek, der zwei Jahre nach der Flucht seiner Eltern aus der damaligen Tschechoslowakei (1982) in Baden in Niederösterreich auf die Welt kam.

Thomas Vanek wuchs in Zell am See und in Graz auf

Klein-Thomas wuchs in Zell am See und in Graz - wo sein Vater Zdenek Vanek als Eishockey-Spieler engagiert war - auf.

Heute genießt der ehemalige Stürmer-Star das Familienleben mit seiner Frau Ashley und den drei Söhnen Blake (12 Jahre), Luka Robert und Kade Ashton (beide 9) in dem 15.000-Einwohner-Städtchen Stillwater im US-Bundesstaat.

Sein letztes NHL-Match bestritt Vanek am 23. März 2019. Damals trug er das Trikot der Detroit Red Wings, für die er bereits in der Saison 2016/17 gespielt hatte. Begonnen hatte der Flügel-Stürmer seine Spieler-Laufbahn in der besten Eishockey-Liga der Welt am 5. Oktober 2005 bei den Buffalo Sabres, bei denen er bis zum 27. Oktober 2013 unter Vertrag stand.

Weitere Karriere-Stationen in der NHL waren die New York Islanders, Montreal Canadiens, Minnesota Wild, Detroit Red Wings, Florida Panthers, Vancouver Canucks sowie die Columbus Blues Jackets.

In Summe bestritt Vanek in insgesamt 14 NHL-Saisonen gesamt 1.098 Spiele (1.029 im Grunddurchgang und 69 in den Playoffs). In diesen verbuchte er in Summe 825 Punkte (394 Tore/davon 21 im Playoff und 431 Assists - davon 15 im Playoff).

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller kennt Vanek seit dessen Junioren-Spielen und erinnert sich: "Unglaublich, wie die Zeit vergeht. Es ist fast 17 Jahre her, dass ich mich das erste Mal näher mit ihm beschäftigte. Ich kannte seinen Namen zwar schon und wusste, dass er bereits mit 14 Jahren nach Nordamerika übersiedelt war, hatte den jungen Vanek aber nie spielen gesehen."

Im Sommer 2001 las ich in der slowakischen Zeitung "Sport", dass er eine Einladung zum Camp des slowakischen U18-Nationalteams erhalten hatte. Als Europa-Scout der Atlanta Thrashers wäre es für mich zwar egal gewesen, für wen er aufläuft, als Österreicher aber nicht ganz.

Heim-WM 2001 als erste Chance

Was blieb mir übrig? Ein Anruf bei APA-Eishockey-Redakteur Stefan Grüneis, der daraus sofort eine Story machte, die natürlich von vielen Zeitungen übernommen wurde.

Nach einigem Hin und Her schwang sich der heimische Verband (ÖEHV) dann doch aufs Pferd und nahm in der Form von Greg Holst (damals U20-Nationaltrainer) Kontakt auf. Trotz seiner familiären Situation – Vater Tscheche, Mutter Slowakin – fühlte sich Vanek stets als Österreicher, ließ die Slowakei Slowakei sein und lief bei der U20-Weltmeisterschaft im Dezember 2001 erstmals für Österreich auf, womit er sich für das rot-weiß-rote Team festgespielt hatte.

Die Saison 2001/02 war eigentlich auch Vaneks Draft-Jahr, daher war diese Heim-WM in Kapfenberg für mich auch eine wichtige Gelegenheit, ihn spielen zu sehen.

Trotz seiner Jugend dominierte er schon damals gegen zwei Jahre ältere Spieler und war ein Schlüsselakteur für ein starkes österreichisches Team, das nur an Deutschland (mit späteren NHLern wie Christian Ehrhoff, Christoph Schubert, Marcel Goc und Dennis Seidenberg besetzt) scheitern sollte.

Wenn man alte Scouting-Reports liest, fragt man sich oft: "Was habe ich damals nur gesehen?" – bei Vanek waren die Stärken und Schwächen seinerzeit aber offenbar bereits früh evident.

Ein Treffer für die Ewigkeit...

Bei Tausenden an Partien und Abertausenden an Spielern die ich über die Jahre hinweg verfolgt habe, erinnere ich mich natürlich nur ganz selten an Spieldetails.

Dennoch: Eines von Vaneks Toren in Kapfenberg – ein einhändiger Abfälscher im Slot – blieb mir bis heute im Gedächtnis.

Solche Treffer sind kein Zufall und deuten auf weit überdurchschnittliche Fähigkeiten hin. Vaneks "Hand-Eye-Coordination" blieb auch über die Jahre eine der größten Waffen in seinem Repertoire.

Diese Reports sowie ein Interview mit ihm sollten aber vorläufig vergebene Liebesmüh bleiben. Vanek entschloss sich am Ende der Saison, sich nicht für den Draft anzumelden, nahm also die Opt-In-Möglichkeit, die damals im ersten Draft-Jahr bestand, nicht wahr. Diese Regel gibt es heute nicht mehr, wer altersmäßig draftbar ist, muss sich der Auswahl stellen.

So verschob sich sein Schicksal auf die darauffolgende Saison, meine nordamerikanischen Kollegen schwärmten dann schon die ganze Saison von seinen offensiven Fähigkeiten. Für mich war wieder die U20-WM, die in Bled mit dem Aufstieg des österreichischen Teams endete, die einzige Möglichkeit, ihm auf dem Schläger zu schauen.

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Ein wenig schmeichelhafter Vergleich

Meine zusammengefasste Gesamt-Meinung über ihn vor dem Draft: Weltklasse-Offensivtalent, großartige Hände, Schuss und Übersicht, Goalgetter mit Spielmacherfähigkeiten. Muss in puncto Dynamik und Eislaufen noch zulegen. Hört sich das nicht auch nach dem Thomas Vanek an, den wir seit Jahren aus der NHL kennen?

Als Thrashers-Organisation hatten wir Vanek sogar als Nummer 1 auf unserer Gesamtliste. Eine relativ unnötige Siegesserie im Saison-Endspurt kostete uns aber die Top-Positionen im Draft, als achtplatziertes Team wussten wir schon damals, dass Vanek außer Reichweite sein würde. Dass ihn Buffalo an Nummer fünf zog, überraschte auch nicht, sie hatten ihn im College-Finalturnier quasi vor der eigenen Haustür oft genug spielen gesehen.

Vor allem Dan Marr, unser Headscout, war von Vanek irrsinnig angetan, bezeichnete ihn als den "österreichischen Dany Heatley". Im Nachhinein ist das nicht unbedingt ein Kompliment – Heatley anfänglich so kometenhafte Karriere wurde von einem Autounfall, bei dem sein Teamkollege Dan Snyder ums Leben kam, und sehr mühsamen letzten Jahren in der NHL überschattet.

An offensive threat every time he steps onto the ice. Had 4 assists vs. FRA and scored a big-time goal against Luongo (taking drop pass, cutting to middle, shooting against the grain). Very good at protecting the puck. His most distinguishing strength is his decision-making progress in the offensive zone - before the puck is on his stick, he already knows what to do with it. Either can make a play or rifle it himself, very hard to figure out. Intensity level in mid-ice and own end has to get better but that is only to expected. A natural offensive contributor who could develop into a potential 80-90 points guy.

Bernd Freimüller bei der A-WM 2004 über Thomas Vanek

Mein einziger Kontakt mit Vanek blieb das Interview in Kapfenberg und ein kurzes Hallo beim Draft – als Angestellter eines NHL-Teams hält man sich von Spielern anderer Teams stets fern. Ich sah ihn dann noch live bei seiner dritten Junioren-WM und einigen weiteren Weltmeisterschaften.

Vanek bestritt B-WM mit gebrochenem Kiefer...

Schade nur, dass sich sein Verhältnis mit dem ÖEHV über die Jahre gewandelt hat. Am Anfang rückte er noch zu jeder WM ein – unvergesslich, dass er eine B-WM sogar mit einem gebrochenen Kiefer bestritt. Nach den Olympischen Spielen in Sotchi 2014 und den dortigen Ereignissen war aber endgültig Schluss – wer woran Schuld hatte, konnte und wollte ich aus der Ferne nicht beurteilen.

Thomas Vanek ist und bleibt der beste Spieler, den Österreichs Eishockey je hervorgebracht hat.

Als NHL-Superstar würde ich ihn nicht bezeichnen, als Star und Top-Offensiv-Spieler in seinen besten Jahren sehr wohl. Während sich Spieler in ihrem Stil über die Jahre manchmal wandeln, blieb Vanek der, der er immer war – ein Offensivbringer mit großartigen Händen und Abschlussqualitäten, seine Beine und ein Hauch von Lethargie kosteten ihm aber vor allem im zunehmenden Alter etwas von seiner Qualität.

Vanek kann gut mit jungen Spielern

In Vancouver hat er aber irgendwie den Ruf eines "Elder Statesman" – Youngsters wie Brock Boeser schwärmen von seiner Hilfsbereitschaft auf und neben dem Eis.

Dazu passt, wie Vanek seine Zukunft sieht, wenn er erklärt: "Ich habe mir in den letzten sechs, sieben Jahren viele Notizen gemacht, was die Burschen wirklich mögen. Denn am Ende des Tages kommt es darauf an. Du musst 23 Spieler haben, die nicht nur schätzen, wo sie sind, sondern auch lieben, wo sie sind, die gemeinsam spielen und füreinander da sind."

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