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Blues-Goalie Greiss: Das macht einen guten Torhüter aus

Der deutsche Goalie-Routinier im Interview über nötige Qualitäten, vielfältige NHL-Eindrücke und die Schlagzeilen um seine Person.

Sich 15 Jahre lang in der NHL festsetzen zu können, zeugt von Zuverlässigkeit.

Zwar hat Thomas Greiss in diesem Zeitraum "nur" rund 380 Spiele bestritten, bei sechs Teams aber viele Eindrücke gewinnen können. 2019 gewann der Deutsche auch die William-M.-Jennings-Trophy für den Torhüter mit dem geringsten Gegentor-Schnitt.

Seit dieser Saison spielt der ehemalige DEB-Nationaltorhüter bei den St. Louis Blues, mit denen er am Tag vor seinem 37. Geburtstag im LAOLA1-LIVE-Spiel auf die Colorado Avalanche trifft (Samstag, ab 21:00 Uhr im LIVE-Stream>>> und im linearen TV-Programm von LAOLA1).

Mit dem Stanley-Cup-Sieger von 2019 will Greiss noch einmal einen Run starten, die bisherige Saison verlief aber mittelmäßig. Noch ist der Playoff-Zug nicht abgefahren, Spiele wie jenes gegen die Avs sind aber richtungsweisend.

Gut möglich, dass der Routinier - dessen Blues-Vertrag nur ein Jahr umfasst - seinen Fanghandschuh bald an den Nagel hängt. Es würde eine Karriere abschließen, die neben sportlichen Highlights wie zwei Olympia-Teilnahmen mit Deutschland auch einen unschönen Abschied aus dem DEB-Nationalteam bereithielt.

2017 geriet Greiss in die Schlagzeilen, als er auf Instagram ein Bild likte, das einen Vergleich zwischen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und Adolf Hitler zeigte. Auch seine Kondolenz für den verstorbenen rechtskonservativen Radiomoderator Rush Limbaugh trug dazu bei, dass der Deutsche Eishockey-Bund ab 2017 auf eine Einberufung von Greiss verzichtete.

Es stünde im Zweifel, ob die Werte des Schlussmanns mit jenen des DEB übereinstimmen würden, hieß es damals. Greiss entschuldigte sich, für das DEB-Team spielte er nie wieder.

Im LAOLA1-Interview spricht Greiss darüber, welche Qualitäten ein NHL-Torhüter mitbringen muss, wie sich seine NHL-Eindrücke bei den einzelnen Teams unterschieden und was er fünf Jahre nach dem Wirbel um seine Person über den Umgang mit Social Media gelernt hat.

LAOLA1: In deinem ersten Jahr beim Team kämpfen die St. Louis Blues um ihre Playoff-Chance. Wie lautet dein Saison-Zwischenfazit?

Thomas Greiss: Wir sind nicht froh darüber, wo wir in der Tabelle sind. Aber wir haben immer noch Hoffnung, dass wir die Playoffs erreichen können. Wir spielen einfach sehr unkonstant, selbst von Spiel zu Spiel und Drittel zu Drittel.

LAOLA1: Du hast bislang 14 Spiele absolviert, bist du zufrieden mit deiner Rolle und der Arbeitsteilung mit Jordan Binnington?

Greiss: Er ist die klare Nummer 1, aber bei den wenigen Einsätzen habe ich gut gespielt und bin soweit zufrieden.

LAOLA1: Du bist über 15 Jahre in der NHL engagiert. Wie hast du es geschafft, dich festzusetzen – gerade auf einer Position, auf der die Plätze limitiert sind?

Greiss: Es war eine wilde Fahrt. Ich war ja zuerst ein paar Jahre in der NHL, bevor ich zwischenzeitlich nach Schweden geschickt wurde (2010/11 zu Brynäs, Anm.). Es war harte Arbeit und Weiterentwicklung. Wenn ich mir anschaue, wie ich vor 10, 15 Jahren gespielt habe, war das noch ein ganz anderer Stil als heute.

LAOLA1: Du hast in sechs NHL-Teams gespielt. Was waren die größten Unterschiede zwischen den Franchises?

Greiss: Der Unterschied von Franchise zu Franchise ist nicht so groß. Es geht mehr um die Stadt. Wenn man im Süden in der Sonne lebt, ist das was anderes als in Pittsburgh, wo jeden Tag grau in grau herrscht. Außerdem haben manche Teams mehr Geld, wodurch das Drumherum besser aufgezogen ist, etwa beim Essen oder den Hotels, in denen man bleibt.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

LAOLA1: Die letzten zwei Jahre hast du bei den Detroit Red Wings gespielt, wo wir mit Marco Kasper hoffentlich bald einen österreichischen NHL-Einsteiger haben. Was kannst du über die Stadt und das Team berichten?

Greiss: Die Stadt hat einen schlechteren Ruf, als sie verdient hätte. Die Innenstadt ist nicht schön, aber außerhalb gibt es schöne Gegenden, wo man leben kann. Das hat mir vor allem für die Familie gefallen. Die Red Wings haben eine riesige Fangruppe, das Stadion und das Drumherum ist super aufgebaut. Steve Yzerman (General Manager, Anm.) macht auch einen guten Job. Aber sie sind noch am Rebuild, das wird noch ein paar Jahre dauern. Sie sind auf dem richtigen Weg und haben ein paar gute, junge Spieler bekommen. Es dauert eben, bis sich das alles entwickelt.

LAOLA1: So richtig als Starter durchsetzen konntest du dich in deiner Karriere selten. Wie würdest du bis hierher bilanzieren?

Greiss: Ich hatte gute Jahre mit den New York Islanders, dort wahrscheinlich den meisten Erfolg und Spaß. Wir haben gutes Eishockey gespielt. Den habe ich immer noch – das ist das Wichtigste.

LAOLA1: In Österreich haben wir eine schwierige Situation in Sachen Torhüter. Wie würdest du einen jungen Eishockey-Interessierten davon überzeugen, dass er Goalie werden sollte?

Greiss: Es ist nicht die einfachste Position, macht aber viel Spaß – vor allem, wenn man Erfolg hat. Auf der anderen Seite ist man immer der Schuldige...

"Ich bin froh, dass das rum ist. Ich habe Instagram mittlerweile auch gelöscht, weil mir das ziemlich egal ist und ich auch glücklich damit bin."

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LAOLA1: Was unterscheidet einen guten von einem NHL-tauglichen Goalie?

Greiss: Hauptsächlich, wie man das Spiel liest. Fit sind mittlerweile alle, alle können sich bewegen und hart auftreten. Dazu gehört auch Spielintelligenz, wie man sich das Feld aufteilt. Und die Fähigkeit, viele Spiele zu absolvieren. Wenn man viel spielt, wie etwa Jordan Binnington – das ist nicht leicht für den Kopf.

LAOLA1: Wenn du einige Punkte benennen müsstest, die auf dem obersten Level den Unterschied ausmachen - welche wären das?

Greiss: Harte Arbeit! Es gibt kaum einen NHL-Torhüter, der das nicht tut. Aber manche sind auch einfach super Talente. Ein guter Torwarttrainer ist sehr wichtig, man muss an sich weiterarbeiten, das Spiel entwickelt sich und man muss auch selbst Schritte machen, um aktuell zu bleiben. Als ich begonnen habe, sind alle noch mit den Beinen am Pfosten gestanden, mittlerweile ist das Knie am Eis. Und man muss den Kopf dafür haben, jedes Spiel heiß zu sein und seine Top-Leistung bringen zu können. Manchmal kommst du spätabends an, hast morgens Training, spielst abends wieder und reist viel. Das kann geistig und körperlich viel Saft ziehen. Und du musst Fehler schnell vergessen können und das Selbstvertrauen haben, es wegzustecken, wenn einer passiert.

LAOLA1: Wie ist die Zusammenarbeit mit deinem Torhüterkollegen und den Trainern einzuschätzen?

Greiss: Wir sind gute Freunde, auch außerhalb des Eishockeys machen wir einiges zusammen, etwa wandern gehen. Jordan ist ein guter Kerl. Wir reden auch viel über die Spiele und Situationen, auch mit den Trainern haben wir eine kleine Gruppe. Wir versuchen, gemeinsam besser zu werden.

LAOLA1: Seit du in die NHL gekommen bist, hat Deutschland auch Stars hervorgebracht. Hat sich das Standing der Sportart dadurch geändert?

Greiss: Das bekomme ich weniger mit, weil ich seit 17 oder 18 Jahren in den USA lebe. Aber ich rede noch mit meinen Eltern und Olympia war ja riesig für das deutsche Eishockey. Das hat sehr viel geholfen. Leon Draisaitl ist mittlerweile ein riesiger Name. Schön zu sehen, dass es aufwärts geht.

LAOLA1: Du hast einen Einjahresvertrag und bist nun 37 Jahre alt. Was ist dein persönlicher Zukunftsplan?

Greiss: Ich habe mir noch keine großen Gedanken gemacht. Ich hätte letzten Sommer kein Problem damit gehabt, mit dem Eishockey aufzuhören, wenn kein Angebot gekommen wäre, vielleicht hätte ich das auch dieses Jahr nicht. Ich rede noch mit meiner Familie, was wir machen wollen. Es kommt sehr auf die Stadt an und wie es der Familie mit dem Umziehen passt.

LAOLA1: Was könnte nach der Karriere auf dich warten?

Greiss: Ich werde in den USA bleiben. Mein "Spezl" hat hier ein Fahrradgeschäft, könnte sein, dass ich mit ihm arbeite.

LAOLA1: Die Instagram-Affäre um deine Person ist nun fünf Jahre her. Was hast du daraus über deinen Umgang mit Social Media gelernt?

Greiss: Ich bin froh, dass das rum ist. Ich habe Instagram mittlerweile auch gelöscht, weil mir das ziemlich egal ist und ich auch glücklich damit bin. Die Leute lesen viel in Sachen rein, wo nichts da ist. Da muss man vorsichtig sein, aber ich mache mir keine großen Gedanken darum.

LAOLA1: Gibt es mit dem Deutschen Eishockey-Bund wieder Kontakt?

Greiss: Nein, das hat sich erledigt.

LAOLA1: Am Wochenende spielt ihr im LAOLA1-LIVE-Spiel gegen die Colorado Avalanche, die aktuell eine Siegesserie hinlegen. Was lässt sich über das Duell sagen?

Greiss: Sie spielen sehr gut zurzeit. Beide Teams haben sich letztes Jahr in den Playoffs getroffen, es sind immer enge und heiße Spiele. Das letzte Duell in Colorado haben wir gewinnen können. Die andere Mannschaft muss einfach hart bearbeitet werden.

 

NHL: St. Louis Blues - Colorado Avalanche im LIVE-Stream (Samstag, ab 21:00 Uhr)>>>

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