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Wegen Rossi & Co. nicht auf die Schulter klopfen

ÖEHV-Sportdirektor Bader über die U20 und die Draft-Hoffnungen:

Wegen Rossi & Co. nicht auf die Schulter klopfen Foto: © GEPA

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Die bet-at-home ICE Hockey League wurde zuletzt arg von Corona gebeutelt und auch auf Nationalteam-Ebene sagte der ÖEHV fast alle Termine des IIHF-Breaks Anfang November ab.

Gespielt werden lediglich zwei Testspiele der Frauen (5. und 6.11., jeweils um 16:30 Uhr LIVE auf LAOLA1) sowie der U20-Herren in St. Pölten (Donnerstag, 17 Uhr, bzw. Freitag, 13 Uhr, LIVE auf LAOLA1), allesamt gegen Ungarn.

Die U20 spielt aus gutem Grund, denn es wird die letzte Gelegenheit zur Probe vor dem Nachwuchs-Highlight überhaupt sein, der IIHF World Junior Championship, also der U20-A-WM, die Ende Dezember bis Anfang Jänner in der Bubble von Edmonton stattfinden wird.

Auch Österreichs NHL-Draftpicks Marco Rossi und Thimo Nickl gehören zum Kader, Benjamin Baumgartner war noch am Aufstieg letztes Jahr beteiligt, ist aber ein Jahr älter.

ÖEHV-Sportdirektor Roger Bader spricht mit LAOLA1 vor dem Turnier über die kommende Aufgabe der U20 und mögliche Vorbildwirkung der gedrafteten ÖEHV-Spieler:

LAOLA1: Die beiden Spiele sind die Generalprobe für die WM. Was ist zu erwarten?

Roger Bader: Es ist eine Sichtungsmaßnahme. Die Resultate in den Spielen sind nebensächlich. Der Haupt-Schwerpunkt ist, dass das Trainerteam die richtigen Entscheidungen treffen kann. Natürlich will man schauen, wie das Team von den Formationen zusammenpassen könnte. Wer kann welche Rolle übernehmen? Dafür sind die Spiele wichtig. Dieses Turnier soll Informationen liefern, welche Spieler mit nach Edmonton reisen werden.

LAOLA1: In die Organisation des Turniers hat Corona dreingefunkt, die geplanten Gegner können allesamt nicht teilnehmen, jetzt müssen zwei Spiele gegen Ungarn herhalten.

Bader: Weißrussland und Dänemark können aufgrund von Reiserestriktionen nicht kommen, Lettland hat wegen Corona-Fällen abgesagt. Das wussten wir erst wenige Tage vor dem Turnier. Ich kann aber sagen, ohne zu prahlen: Wir sind organisatorisch sehr gut aufgestellt. Etwas, was ich sicher verändert habe als Sportdirektor. Wenn man gut organisiert ist, ist man auch in der Lage, kurzfristige Änderungen umzusetzen. Schlecht ist, wenn man schlecht organisiert ist und dann auch noch improvisieren muss.

Wir sind von den Fähigkeiten her sicher keine A-Nation. Wir sind dank einer sehr guten B-Weltmeisterschaft aufgestiegen, aber das ist eine Momentaufnahme. Wir profitieren von ein, zwei guten Jahrgängen.

LAOLA1: Österreich wird bei der Junioren-WM definitiv nicht absteigen, diese Regel wurde ausgesetzt. Hat sich die Herangehensweise an da Turnier dadurch verändert?

Bader: Es ist angenehm zu wissen, dass wir auch nächstes Jahr bei der A-WM dabei sind. Auch nächstes Jahr wird es kein "Problem" sein, ein Problem ist, wenn man krank wird oder das Haus durch ein Erdbeben verliert. Es wird eine sportliche Herausforderung, die wir gerne annehmen. Dieses Jahr versuchen wir, das Beste herauszuholen - wir haben übermächtige Gegner. Und für nächstes Jahr zu lernen, wird schwierig, weil dann ein Jahrgang wegfällt. Aber wir versuchen, das österreichische Eishockey einfach bestmöglich zu verkaufen.

LAOLA1: Wäre eine relevante sportliche Entwicklung bis zum Turnier 2022 trotzdem denkbar?

Bader: Wir sind von den Fähigkeiten her sicher keine A-Nation. Wir sind dank einer sehr guten B-Weltmeisterschaft aufgestiegen, aber das ist eine Momentaufnahme. Wir profitieren von ein, zwei guten Jahrgängen. Wenn es dieses Jahr einen Absteiger geben würde, müssten wir von den Teams Schweden, Russland, USA und Tschechien eine Mannschaft hinter uns zu lassen, um nicht in die Relegationsrunde zu kommen. Diese Namen muss man sich einmal in Erinnerung rufen! Die Tschechen haben im Juni und Juli zwei Camps gemacht, im August ein Turnier in der Schweiz gespielt. Wir haben in diesem Zeitraum nichts gemacht. Normal ist, wenn wir viermal klar verlieren. Natürlich gibt es im Sport Dinge, die passieren können. Aber die anderen werden bis nächstes Jahr auch Fortschritte machen – da müssten wir ja noch mehr Fortschritte machen als diese Top-Nationen! Es ist schwierig, sich das vorzustellen. Und in einer Relegationsrunde hätten wir gegen die Deutschen, die Schweiz oder die Slowakei gespielt, allesamt gestandene Top-8-Nationen. Wir sind nicht in einem Jahr plötzlich eine Klasse besser. Wir hatten letztes Jahr etwa den guten Jahrgang 2000 mit Benjamin Baumgartner, Ali Schmidt und Paul Huber. 2001 ist mit Marco Rossi, Thimo Nickl und anderen auch noch ein guter Jahrgang.

LAOLA1: In einem Monat beginnt die finale Vorbereitung unter besonderen Umständen. Wie wird sich diese von sonst unterscheiden?

Bader: Im Moment ist die U20-WM sogar unser Hauptthema. Es werden ab 6. Dezember vier Wochen Vorbereitung in einer Bubble, aufrund der notwendigen Quarantäne eine Woche länger als sonst. Zuerst eine Woche in Österreich, dann in Kanada. Es kann aus der Bubble keiner rein oder raus. Alle, die bei der WM eine Funktion haben werden, sind darin - und noch einige Leute darüber hinaus, weil es Ersatz braucht, falls jemand ausfällt. Wir fliegen mit fast 40 Leuten nach Nordamerika.

LAOLA1: Die U20 bekommt durch den Draft von Marco Rossi und Thimo Nickl mehr Aufmerksamkeit. Eine Chance?

Sollten die Spieler den Sprung wirklich zu NHL-Stammspielern schaffen, schafft das eine Sogwirkung. Das habe ich in der Schweiz erlebt, die vor 15 Jahren auch kaum NHL-Spieler hatte. Jetzt gibt es etwa zwölf, die regelmäßig spielen, viele davon sogar in den ersten zwei Formationen. Nun ist es für jeden Schweizer ein konkretes Ziel, in die NHL zu kommen.

Bader: Das ist zu hoffen. Spieler und Organisationen brauchen Vorbilder. Es hat fast 15 Jahre gedauert, bis wieder Spieler gedraftet wurden - jetzt haben wir plötzlich drei. Das ist etwas Besonderes, heißt aber nicht, dass wir uns auf die Schulter klopfen können. Wir hatten einen guten Jahrgang, den man nicht alle Jahre hat. Sollten die Spieler den Sprung wirklich zu NHL-Stammspielern schaffen, schafft das eine Sogwirkung. Das habe ich in der Schweiz erlebt, die vor 15 Jahren auch kaum NHL-Spieler hatte. Jetzt gibt es etwa zwölf, die regelmäßig spielen, viele davon sogar in den ersten zwei Formationen. Nun ist es für jeden Schweizer ein konkretes Ziel, in die NHL zu kommen.

LAOLA1: Die Schweiz müsste sich Rossi und Baumgartner auch anrechnen können, sie haben den größten Teil ihrer Ausbildung bei den Eidgenossen verbracht.

Bader: Das wird in den Schweizer Medien auch so kommuniziert. Beide sind mehrere Jahre dort gewesen. Das muss man auch anerkennen. So wie viele Dänen und Norweger ihre Ausbildung in Schweden machen, haben auch die Beiden sicher davon profitiert, dass sie in der Schweiz die Ausbildung gemacht und in den Ligen gespielt haben. Michael Raffl ging den Weg über Schweden, auch für andere Spieler von uns ist das aktuell ein guter Weg. Es ist aber nicht auszuschließen, dass mal jemand direkt aus Österreich gedraftet wird. Auch da gibt es den Vergleich mit der Schweiz, wo viele Spieler nach Auslands-Engagements gedraftet wurden. Dann kam Roman Josi, der nie im Ausland war, bevor er in die NHL ging. Es gibt alle möglichen Wege. Nickl war ein Jahr in Nordamerika, das hat ihm ohne Zweifel geholfen. Aber letztendlich wurde er in Klagenfurt ausgebildet.

LAOLA1: Rossi hat seinen NHL-Vertrag in der Tasche, gibt es Ratschläge für Nickl und Baumgartner?

Bader: Ich bin überzeugt, dass alle drei das Zeug haben, in der NHL zu spielen. Wichtig ist, dass ihre jeweilige Organisation einen Weg mit ihnen sieht. Bei Rossi und Minnesota ist das definitiv der Fall, bei den anderen Beiden gibt es sicher Ideen. Entscheidend ist nur: Bekommen sie irgendwann die Chance, sich zu zeigen?

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