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Michael Haga: Ein Glücksfall für die Black Wings Linz

Der Norweger ist ein Mitgrund für das Wiedererstarken der Linzer. Wo seine Stärken und Schwächen liegen.

Michael Haga: Ein Glücksfall für die Black Wings Linz Foto: © GEPA

Die Suche nach einem "Einser-Center” beschäftigt die meisten Teams in der Offseason und endet oft mit Kompromissen oder Enttäuschungen.

Die Black Wings Linz fanden mit Michael Haga im Sommer aber einen Mann, der diese Rolle von Beginn an gut ausfüllte. Nach 18 Spielen hält er bei sechs Toren und satten 15 Assists.

Ein Scouting Report des 30-jährigen Norwegers von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:

Seine Karriere

Eigentlich typisch für einen Norweger: Nach seinen Nachwuchsjahren in seiner Heimatstadt Asker wechselte er nach Schweden, wo er in Lulea seine letzten beiden Juniorenjahre verbrachte. Nachdem es nur zu Kurzeinsätzen in der SHL reichte, wechselte er in sein Heimatland zurück.

Sein zweiter Versuch in Schweden folgte dann zwei Jahre später: Zwei Jahre in der Allsvenskan bei Almtuna, eine tolle Saison 2015/16 brachte ihm ein SHL-Engagement in Örebro ein. Mit nur einem Tor blieb er hinter den Erwartungen zurück, seine nächste Saison splittete sich daher zwischen Mora, Djurgarden (beide SHL) und AIK Stockholm (Allsvenskan) auf.

Es folgte wieder eine starke Saison in Mora und danach noch zwei Jahre bei Djurgarden. Nach insgesamt sechs Jahren in Schweden wechselte er für eine Saison in Finnland zu Lukko Rauma, ehe er Mitte Juli in Linz unterschrieb.

Haga ist natürlich auch im norwegischen Nationalteam ein Fixstarter, wenn auch keineswegs als Frontliner. Er bestritt insgesamt fünf Weltmeisterschaften, erzielte in 31 Spielen allerdings nur ein Tor. Ich könnte nicht sagen, dass er mir bei diesen Turnieren übermäßig ins Auge gestochen wäre.

Seine Stärken

Haga ist, das ist schon nach wenigen Shifts ersichtlich, ein (nicht nur) für unsere Liga herausragender Eisläufer. Ich würde ihm das Attribut "SHL-Skater" anhängen – wenn mehr ICE-Spieler seine eisläuferischen Fähigkeiten hätten, wäre unsere Liga wesentlich schneller und dynamischer.

Haga beschleunigt in kürzester Zeit, kann fast aus dem Stand (seine Beine kommen fast nie zur Ruhe) in seine Höchstgeschwindigkeit wechseln. Damit kommt er – ob mit oder ohne Scheibe – aus dem eigenen Drittel mit hohem Speed, ist damit ein wichtiger Faktor bei den Zone Exits.

Die Scheibe auf seinem Stock macht ihn auch nicht langsamer, er kann Pässe sowohl mit der Backhand als auch der Forehand gut verarbeiten. Entweder trägt er den Puck dann auch über die Mittelzone ins gegnerische Drittel, sorgt so für die meisten kontrollierten Zone Entries in seiner Linie oder spielt die Scheibe mit beiden Seiten des Schlägerblatts schnell auf seine Flügel Brian Lebler und Stefan Gaffal.

Haga bei der WM gegen Marco Kasper
Foto: © GEPA

Der Norweger behält sein Tempo auch bei, wenn die Scheibe nicht mehr auf seinem Stock ist. Bestes Beispiel dafür: Sein Treffer gegen Asiago zum 5:2 beim 6:3-Heimsieg, als er ein schnelles Odd-Man-Break mit einer Deflection im vollen Lauf abschloss, sein Stock war dabei vorbildlich auf dem Eis. Er "dangelt" nicht zum Selbstzweck, sondern versucht so schnell wie möglich von der Defensive in die Offensive zu kommen. Auch im Backcheck nutzt er seinen Speed, ist daher auch bei Puckverlusten eher selten aus der Position.

Haga verfügt über einen kompakten Körperbau – trotz seiner nur 1,78 Meter steht er stark auf den Eisen, geht so gut wie nie zu Boden. Er verwaltet die Mitte des Eises – sein Speed und vor allem seine Agilität und Quickness kommen ihm vor allem in der Offensivzone zugute. Im Cycling Game ist er an den Seiten- und Endbanden sehr effektiv, findet mit und ohne Scheibe aus engen Lagen heraus. Head Dekes und seine guten Hände (auch Passannahmen machen ihm auf beiden Seiten des Schlägers keine Probleme) ermöglichen seiner Linie viel Eiszeit in der offensiven Zone.

Man sagte Haga aus seiner Zeit in Schweden defensive Schwächen nach – etwas, das ich für unsere Liga nicht unterschreiben würde. Er bleibt in der eigenen Zone in der Mitte des Eises, verfügt auch über etwas, seine räumliche Wahrnehmung ist gut. Im Gegensatz zu anderen Spielern, die immer nur die Scheibe im Auge haben, wandert sein Blick zwischen dem Puck und dem Geschehen rund um ihn. Er verteidigt mit Positionsspiel und einem energischen Stock, kurvt nicht in Gegenden, wo ohnehin schon eine Überbesetzung stattfindet.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Ich würde ihn daher als soliden, aber nicht überragenden Spieler in seiner eigenen Zone kategorisieren, der sich eben durch seine Fähigkeit, schnell auf die Offensive umschalten zu können, hervortut. In Unterlegenheit setzt ihn Coach Phil Lukas jedoch nicht ein und ich zögere immer ein bisschen, Spieler, die nicht in allen Phasen des Spiels zum Zug kommen, als absolute Topspieler einer Liga zu bezeichnen.

Im Powerplay spielt Haga an der rechten Halfwall, rückt von dort bis zum Bullypunkt ein. Er hat wie Nick Petersen beim KAC (der allerdings von der anderen Seite) die Gabe, Pässe von dort in den Slot (auf Shawn St-Amant oder Stefan Gaffal knapp dahinter), hinter das Tor (Gaffal) und durch die Mitte des Eises auf Brian Lebler zu spielen. Das macht er alles sehr gut, seine Passfähigkeiten sind besser, als ich sie ihm vor der Saison zugetraut hätte.

Allerdings: Die Gegner können sich darauf einstellen, dass er von dieser Position seine Kollegen sucht. Als Pass-First-Player bringt er sich um die Chance, gegen ein PK-Unit, das auf diese Vorlagen eingestellt ist und damit passiver agiert, selbst noch Meter zum Tor zurückzulegen und von dort selbst abzuschließen.

Die Ligastatistik weist Haga mit etwa 53 Prozent an gewonnenen Faceoffs aus, was ihn in seinem Team knapp vor Graham Knott rangieren lässt. Die Einwürfe auf der rechten Seite der offensiven Zone überlässt er dem Rechtsschützen Stefan Gaffal. Von den Zahlen und dem Augentest her würde ich Haga als  durchschnittlichen Faceoff-Guy ansehen.

Seine Schwächen

Um noch einmal auf das Powerplay zurückzukommen: Haga ist eben ein Pass-First-Guy, das kann aber damit zusammenhängen, dass er kein großes Zutrauen in seinen Schuss hat. Im letzten Spiel gegen Fehervar, als ich ihn noch einmal genauer auf den Schläger sah, kann ich mich an überhaupt keinen Schuss aufs Tor erinnern.

Er gehört sicher nicht zu den Spielern, die gegnerische Torhüter aus einer größeren Distanz überwinden können. Damit meine ich gar nicht voluminöse Slapshots, die im heutigen Eishockey immer seltener werden, weil keine Zeit für lange Windups ist. Aber auch schnelle Snapshots oder Wristshots von der Mitte der Hashmarks wird man von ihm eher selten sehen.

Überhaupt: 40 Schüsse in 18 Spielen sind für einen Top-Linien-Center alles andere als eine herausragende Bilanz.

Von seinen sechs bisherigen Toren ist natürlich der "Between-the-legs"-Treffer gegen Asiago in Erinnerung. Dazu kamen eben der Abfälscher im selben Spiel und eine Scheibe, die er aus Zentimetern über die Torlinie drückte (gegen Innsbruck). Drei Tore entsprangen Schüssen: Eine Direktübernahme aus schwerem Winkel nach schneller Kombination (gegen die Capitals) sowie zwei Wrist Shots – nach einem Solo gegen Pustertal und nach einem schnellen Angriff alleine vor Dahm gegen den KAC. Diese beiden Tore waren auch alles andere als unhaltbar, auch wenn sie schnell kamen.

Ohne bösartig sein zu wollen, glaube ich, dass Hagas Schuss keine Glasscheibe zerbrechen würde und das weiß er wohl auch, sucht daher die Nahdistanz oder den Nebenmann.

In seiner zehnjährigen Profikarriere kam Haga nur auf drei Saisonen mit zweistelligen Trefferzahlen: 2013/14 bei Frisk-Asker (13), 2015/16 beim Allsvenskan-Team Almtuna (23) und 2018/19 bei Mora in der SHL mit 15 Toren. Die Zehn-Tore-Marke wird er heuer in Linz ohne längere Ausfälle übertreffen und Brian Lebler und vor allem Stefan Gaffal profitieren sicher von seinen Pässen und seinem Speed. Aber in besseren europäischen Ligen als der ICE entspricht seine Produktion eher keinem Mann für die Top-Linie.

Haga ist kein Spieler, der Checks groß nachjagt. Er absorbiert diese allerdings sehr gut, hat keine Angst vor Nahkämpfen und fühlt sich im Getümmel sicher nicht unwohl. Seine durchaus hohen Strafminuten-Zahlen in jungen Jahren überraschen mich etwas, in unserer Liga würde ich ihn als durchschnittlich physischen Spieler bezeichnen, der aber größere Spieler durchaus einmal auf dem falschen Fuß erwischen kann, wenn er seinen kompakten Körper einsetzt.

Fazit

Das Engagement von Michael Haga war für die Black Wings sicher ein Glücksfall – nicht nur im Vergleich zu den letzten beiden Jahren, als in Linz eine Garnison an Dritt- oder Viertlinien-Centern offensive Dienste verrichten musste und daran scheiterte. Sein Speed und seine Fähigkeit, schnell von Defensive auf Offensive umschalten zu können, hilft dem Team immens.

Würde ich ihn Teams in besseren Ligen – etwas in der DEL, wo der Centermarkt heuer auch so manchen Sportmanager zur Verzweiflung brachte – empfehlen? Ja, allerdings mit dem Vorbehalt, dass er dort eher nicht an der Spitze der Center-Depth-Chart stehen sollte…

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