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Regel-Chaos in Innsbruck sorgt für Aufregung

Die Referees bekleckern sich nicht mit Ruhm. Bernd Freimüller analysiert:

Regel-Chaos in Innsbruck sorgt für Aufregung Foto: © GEPA

Mit dem 5:2-Heimsieg über die Black Wings Linz setzten die Innsbrucker ihre Erfolgsserie fort, die Linzer bleiben am Tabellenende stecken.

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Die Begleitumstände dieses Heimsiegs sind jedoch eine Untersuchung wert. Eine Aktion in der 37. Spielminute sorgte nämlich für ordentlich Aufregung. Die Entscheidungen der Unparteiischen in weiterer Folge waren zumindest fragwürdig.

Eine Aufarbeitung der Ereignisse:

Zeit 35:05: Haie-Verteidiger Ben Betker erhält zwei Minuten wegen Roughing, die Linzer, die gerade nach einem 0:3-Rückstand zwei Tore erzielt haben, sind am Drücker.

Zeit 36:36: Die Black Wings haben bis jetzt aus dem Powerplay nichts gemacht, es erfolgt ein Faceoff im Verteidigungsdrittel der Haie. Und jetzt beginnt das regeltechnische Ungemach:

Linesman David Nothegger (einer der besten seines Faches) wirft die Scheibe ein, gleich im Anschluss daran erwischt Emil Romig (absichtlich oder unabsichtlich) Haie-Verteidiger Joel Messner mit dem Hohen Stock im Gesicht. Weder Nothegger (konnte dem Hohen Stock gerade selbst noch ausweichen) noch die beiden Heads (Manuel Nikolic und Mathias Ruetz) pfeifen, das Spiel läuft weiter, das Publikum ist echauffiert. Linz bleibt im Scheibenbesitz, Betker kommt von der Strafbank zurück, Messner hat sich inzwischen vom Eis geschleppt, die Aktion endet mit einem Save von Innsbruck-Goalie Tom McCollum.

Zeit 37:44: Das Spiel ist unterbrochen, Nothegger reportiert kurz etwas an Head Ruetz und die Innsbrucker Bank, ehe er sich mit den beiden Heads zu einem längeren Palaver einfindet. Ruetz gibt dann über das Mikrofon durch: "There is a review for high-sticking." Wohlgemerkt, es wurde bis dahin keine Strafe ausgesprochen, weder durch ein Signal noch durch eine Durchsage.

Ruetz und Nikolic verfügen sich zum Bildschirm, Nikolic kommt dann nach einiger Zeit zurück, Ruetz folgt ihm Sekunden später und verkündet über das Mikrofon: "After video review, there is a 2&2 Minute Penalty against Nr. 9 from Linz for High Sticking."

Unschöner Anstrich

Schon jetzt hat das Ganze einen unschönen Anstrich – ein Videobeweis nach einem Hohen Stock geht zwar in Ordnung (auch wenn das IIHF-Regelbuch diesen nur für WMs vorsieht, verwendet ihn die ICE schon seit letzter Saison), nur: Es muss schon vorher die Strafe ausgesprochen werden, sie erst dann auf ihre Richtigkeit überprüft und danach mit entweder vier oder null Minuten (Fehlentscheidung) geahndet werden.

Vier Minuten wegen Hohen Stocks mit Verletzungsfolge ist eine der wenigen Strafen, die ein Linesman eigenständig verhängen kann. So weit wäre Nothegger mit seiner Soufflier-Einlage noch im Recht, nur: Regel 32.4 (Linespersons) legt eindeutig fest, dass das Spiel dann sofort zu unterbrechen sei. Davon kann nach einer Spielfortsetzung von einer Minute keine Rede sein. Und Ruetz hat auch vor dem Videobeweis keine Strafe gegen Romig durchgesagt, die dann überprüft wurde. Mit anderen Worten: Nothegger hat die Attacke gesehen, dann hätte ein Pfiff kommen müssen, danach wäre auch eine Video Review möglich. Hat er sie nicht gesehen (stand fast zu nahe) und vermutete nur, kommt sein Report erstens zu spät und eine Vermutung einer Strafe reicht wirklich nicht für ein Videostudium.

Jetzt wird's lustig!

So weit, so schlecht, immerhin war es der richtige Call, wenn auch über Umwege, die man zumindest als Regelbeugung (wenn nicht -bruch) bezeichnen kann. Doch jetzt wird der Abend für Regelfreaks erst richtig lustig, für die Linzer und die Refs dagegen weniger:

Zeit 37:44: Alles steht für das anschließende Faceoff im Drittel der Linzer bereit, Spielerverhältnis 5:4 (eben Strafe gegen Romig). Linesman Manfred Wimmler macht sich zum Einwurf bereit, da unterbricht Nikolic mit einem Piff und verfügt sich zur Strafbank, will die Zeit auf den Zeitpunkt von Romigs Foul zurückdrehen.

Sehr ungewöhnlich, normalerweise werden ja Uhren nur nach spät entdeckten Toren zurückgedreht, aber durch die Regel 35. 8. gedeckt. Das Ganze dauert wieder ewig. Erst tippt die Zeitnehmung als Zeit 37:01 mit zwei Minuten ein, dann erscheint 36:39 mit sechs Minuten Strafzeit (vom Publikum stürmisch akklamiert), ehe man sich auf 36:39 und vier Minuten einigt, was auch stimmt, das Foul erfolgte Sekunden nach dem Faceoff um 36:36.

Nur: Zu dieser Zeit war Betker noch auf der Strafbank, hätte noch 26 Sekunden seiner Strafe abzusitzen gehabt. Davon ist jetzt aber keine Rede mehr, das Spiel wird mit einem Powerplay für Innsbruck fortgesetzt. Die Haie geben danach die Scheibe auch nicht mehr ab, erzielen nach einer langen Druckphase bei 38:33 den vierten Treffer.

Zu diesem Zeitpunkt wäre Betker schon lange wieder auf dem Eis gewesen, das Spielverhältnis beim Tor von 5:4 stimmte also. Allerdings wurde zuvor 26 Sekunden 5:4 statt 4:4 gespielt.

Protest wäre wohl sinnlos

Die Linzer reklamieren auch nach dem Treffer, keineswegs aufgebracht aber doch insistent, Nikolic erklärt sich auch gegenüber den beiden Bänken, das Kind ist aber schon in den Brunnen gefallen, es gibt kein Zurück mehr.

Von einem Protest der Linzer ist nichts bekannt, außer Spesen würde das auch nichts ergeben. Bei einem ähnlichen Fall erst vor kurzem in der Swiss League wurde dem Protest zwar rechtgegeben, das Spiel aber nicht wiederholt, da der Fehler der Refs (verwehrten einem Spieler den Wiedereintritt nach einer abgelaufenen Strafe) auf das Spielergebnis angeblich keinen großen Einfluss hatte.

So ließe sich auch in Innsbruck argumentieren, ein Ruhmesblatt für die drei Refs (nur Linesman Wimmler kann hier außen vor gelassen werden) und im verringerten Maß die Tiroler Zeitnehmung war dieser Abend wahrlich nicht.


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