Sechs, sieben oder acht - eine Personal- und Philosophie-Frage, wenn es um die Anzahl der Defender im Eishockey-Ligenbetrieb geht.
Welches ist die geläufigste Variante? Wie halten es die ICE-Teams? Eine Übersicht von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:
Als der KAC in der letzten Saison einmal ein paar verletzte Spieler zurückbekam, bot Coach Petri Matikainen sieben statt der in Klagenfurt üblichen sechs Defender auf. Die Aufregung bei Fans, aber auch Medien war groß, der Finne hätte nicht für mehr Aufsehen sorgen können, wenn er nur mit einer Speedo bekleidet hinter der Bande gestanden wäre.
Nachfolger Kirk Furey musste heuer zu Saisonbeginn auf Legionärsdefender Jesper Jensen Aabo verzichten, hatte daher auch nur sechs Verteidiger zur Verfügung. Nach Aabos Rückkehr bietet Furey sieben Ds auf, es ist kein Mucks zu hören.

Furey greift damit auch auf die in Europa gängigste Variante zurück - sieben Defender sind eigentlich die Regel, was auch der Sehtest bei meinen internationalen Besuchen bestätigt hätte. Wohlgemerkt im Ligenbetrieb, bei A-WMs, wo die Kader 25 Mann betragen und viele Spiele innerhalb kürzester Zeit absolviert werden, warten einige Teams mit vier Defenderpärchen auf, darunter das ÖEHV-Team. Nicht alle Teams, aber doch die meisten, bei Nationalteams ist das Leistungsniveau der Defender 6-8 natürlich auch höher, Coaches müssen bei den Shifts der Tiefenverteidiger nicht zum Rosenkranz in der Sakkotasche greifen.
In Nordamerika sind weiter nur sechs Defender gebräuchlich, obwohl einige NHL-Teams zuletzt öfters auf die Variante "7/11" setzten. Drei Verteidigerpärchen sind auch nur logisch - selbst in der NHL beträgt der zulässige Spieltagskader nur 20 Mann, also genau sechs Defender und zwölf Forwards. In der ECHL sinkt diese Zahl sogar auf 19 ab, an eine komplette vierte Linie ist ebenso wenig zu denken wie sieben Verteidiger.
Ein Vergleich mit der Extraliga
Zur (natürlich nur kleinen) Bestätigung meiner These ein Blick in die tschechische Extraliga, wo die Kaderregelungen (maximal 22 Spieler, es müssen zwei jüngere Cracks aufgeboten werden) der ICE sehr ähneln. Ich habe mir einen Spieltag der letzten Woche herausgepickt, die Eiszeiten sind ja schön gelistet.
Von 14 Extraliga-Teams spielten nur zwei (Sparta Prag und Kladno) mit sechs Defendern, der Rest bot sieben auf. Die Eiszeit für den siebten Verteidiger variierte zwischen 4:16 und 13:21 Minuten. Acht dieser zwölf Defender sahen PK-Eiszeit, im Powerplay kam keiner zum Zug. Das lässt darauf schließen, dass die Rolle des siebten Defenders variabel gestaltet wurde.
Ähnliches gilt für die ICE (und andere Ligen), sieben Ds heißt nicht gleich sieben Ds. Ein Blick auf diese Unterkategorien in unserer Liga sowie die Teams, die mit sechs oder - als aktuelle Ausnahme - sogar mit acht Defendern antreten (die Vienna Capitals fehlen in dieser Auflistung aufgrund der derzeitigen Personalmisere und Coach-Übergangslösung):
Die "WM-Variante" mit acht:
Das gab es über die Jahre in der ICE nur höchst selten - kurze Zeit managte Salzburg-Coach Greg Poss so ein Überangebot, auch in Wien boten Dave Cameron und Dave Barr zeitweise acht Verteidiger auf, sogar in Paaren.
Salzburg hat diese Variante auch in den letzten Spielen wiederbelebt. Die vier Legionärsdefender sind gesetzt, dahinter bekommen Sinn, Schreier und Wimmer ungefähr die gleiche Eiszeit, Stapelfeldt kommt nur in Unterlegenheit zum Zug. Sinn war von Saisonbeginn an gesetzt, Wimmer hatte meist die Nase vor Schreier (musste sogar in die AlpsHL oder als Stürmer aushelfen), Stapelfeldt war länger verletzt. Die gebräuchliche Variante ist aber auch in Salzburg sieben, Coach Oliver David stellt derzeit viele gleichwertige Spieler zufrieden. Das heißt aber nicht, dass die zwei am Spielbericht als letzte geführte Pärchen so am Eis stehen.
Die nordamerikanische Variante mit 6 Ds:
VSV-Coach Rob Daum ist ein Verfechter dieser Spielweise: "Bei sieben Defendern bekommt jeder zu wenig Eiszeit, außerdem fehlt oft der gewohnte Nebenmann." Derzeit muss Wetzl als siebter Verteidiger hinter Viveiros anstehen oder sich die Spielpraxis in Kitzbühel holen.
Ebenfalls nur mit sechs Defendern unterwegs:
Asiago - Rigoni ist der klare Sechser, bekommt keinerlei Eiszeit in den Special Teams. Dahinter herrscht Ebbe. Allerdings ist mit Philip Beaulieu ein neuer Mann im Anflug - rückt Rigoni dann auf die Bank oder bekommt er immer noch Eiszeit? Auch in der letzten Saison setzte Coach Tom Barrasso stets auf drei Paare.
Pioneers Vorarlberg - Drei Legionäre (Kirichenko, Bull, jetzt Podlipnik statt des verletzten Vanttaja), dazu Routinier Pallestrang, Payr und Korecky. Die jüngeren Kräfte wie Summer oder Mussbacher rücken bei Verletzungen ins Lineup.
HC Pustertal - Nachdem Arvin Atwal oft im Angriff eingesetzt wurde, standen hinten von Haus aus nur sechs Mann zur Verfügung. Doch auch mit ihm ist das defensive Lineup top-heavy, Glira und Althuber fallen nicht nur in Richtung Eiszeit deutlich ab. Beide killen ab und an Strafen, stehen aber auch hier hinter Stanton, Ege, Messner und Kasastul an. Coach Tomek Valtonen fordert grundsätzlich seine Topleute stark.
Die Siebener-Varianten und ihre Verwendung in der ICE
Der siebte Defender mit "Anstands-Shifts":
Der HC Bozen war immer ein Team mit drei Pärchen und eigentlich ist das heuer auch so - Kris Pietroniero bekommt anfangs den einen oder anderen Shift, verschwindet aber bald wieder auf der Bank. Bei jüngeren Cracks (Pietroniero ist allerdings schon 22) kommt das öfters vor.
Auch bei Fehervar bekommt der siebter Defender (Vokla bzw. der wiedergenese Kiss) nur sehr wenige Shifts, drei Minuten Eiszeit sind hier keine Ausnahme.
Beim HC Innsbruck erfüllt Noah Kerber heuer diese Rolle, auch die Haie waren über die Jahre ein "Sechser-Team" (bei Verletzungen wurde das dann schnell zu fünf oder gar vier). Coach Mitch O'Keefe meint zu Kerber: "Er hat sich im Training meist gut präsentiert, spielt auch mit etwas Grit. Wenn ein siebter Defender schon im Training nicht mithalten kann, kann er natürlich auch nicht spielen."
O'Keefe spannt Kerber gerne mit dem eisläuferisch starken Nick Albano zusammen und meint: "Acht Defender im Training, sieben im Spiel, um die Topleute zu entlasten, wäre die Idealvariante". Die Eiszeit für Kerber bleibt aber überschaubar, in Salzburg kam er erst im letzten Drittel zum Einsatz.
Bei den Graz99ers fiel erst Amadeus Egger, zuletzt Jacob Pfeffer in diese Kategorie. Diese Rolle bedeutet dann eine einstellige Zahl an Minuten und kein PK.
Fast alle sieben Defender bekommen dieselbe Eiszeit:
1-2, 3-4, 5-6, 7-1, 2-3 usw. - diese Variante ist eine eher seltene, am ehesten nimmt sie Olimpija Ljubljana wahr. Alle sieben Defender spielen mehr als zehn Minuten, bei den Special-Teams sind aber Cepon, Cosic und Stojan außen vor.
Der sechste und siebte D wechseln sich ab, der Siebener spielt im PK:
Beim Spiel zwischen den Black Wings Linz und dem KAC war diese Variante auf beiden Seiten zu sehen. Bei 5-5 (nach Strafen verschiebt sich das für einige Zeit) blieben die Paare Strong-Postma/Aabo-Sablattnig bzw. Roe-McKenzie/Wolf-Würschl nach Möglichkeit unverändert. An der Seite von Unterweger wechselten sich Maier und Vallant ab, bei den Black Wings kamen entweder Kragl oder Lindner neben Stajnoch zum Zug. Wohlgemerkt, Vallant und Lindner sind eiszeitmäßig schon klar ersichtlich die Siebener, kommen aber im PK zum Einsatz und je nach der Anzahl der Strafen kann das die Eiszeit schon drastisch erhöhen.
Black-Wings-Headcoach Phil Lukas spielt seit seinem Amtsantritt immer mit sieben Ds: "Die genauen Einsätze überlasse ich Mark Szücs, aber ich bin kein Fan davon, dass ein Defender nur zusieht. Klar wollen die meisten Spieler soviel Eiszeit wie möglich, der eine oder andere würde sicher für sechs Verteidiger plädieren. Aber ich will wie bei den Stürmern eine gewisse Rotation, wobei natürlich die Top-Spieler immer mehr spielen werden. Im Laufe der Saison werden auch sicher einige andere Defender ins Lineup rotieren."
Die Variante mit dem siebten Defender, der nur im PK spielt, hätte ich heuer in der ICE noch nicht gesehen. Ich kenne sie aber aus dem Ausland, meistens handelt es sich dann um einen unbeweglichen Schüsseblocker. Dass ein siebter Verteidiger nur im PP zum Einsatz kommt (weil er defensiv zu schwach ist), kommt alle Jubeljahre vor. Im Vorjahr soll das bei Kloten mit Lucas Ekestahl Jonsson der Fall gewesen sein. Ich selbst erinnere mich an seinen schwedischen Landsmann Robin Press - Färjestad verwendete das Schussmonster nur bei Überzahl.
Eine Menge an Einsatzvarianten für die jeweiligen Defender-Crews jedenfalls, auch ohne (offizielle) Eiszeit-Aufzeichnung gibt diese einen interessanten Eindruck über die verschiedenen Denkweisen der ICE-Coaches...