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Die unendliche Geschichte der 99ers-Goalies

Schlechte Personal-Entscheidungen führen 99ers in den Tabellenkeller.

Die unendliche Geschichte der 99ers-Goalies Foto: © GEPA

Zehn Spiele sind in der grenzüberschreitenden Eishockey-Punktejagd gespielt und die Graz99ers sehen wie in der letzten Saison die Rücklichter aller anderen ICE-Teams. Dazu kommen noch die altbewährten Probleme im Tor. Ein Rückblick auf die letzten zehn Jahre und die vielen Männer im Grazer Kasten.

Von den zehn letzten Saisonen verpassten die 99ers gleich sechsmal die Playoffs, dreimal war im Viertelfinale Schluss (davon einmal wegen Corona, allerdings bei Serienrückstand gegen die Vienna Capitals). Lediglich in der Saison 2018/19 schafften es die Murstädter ins Halbfinale, wo sie am KAC scheiterten.

Verletzungsteufel ist Dauerkarten-Besitzer im Grazer Bunker

Was fast jedes Jahr auffällt, sind die Torhüter-Probleme und -rochaden. Teilweise durch schlechte Personal-Entscheidungen selbstverschuldet, andererseits ist der Verletzungsteufel schon seit Jahren stolzer Dauerkarten-Besitzer im Bunker. So muss auch heuer der als große Verstärkung angekündigte Anthony Peters wegen einer Wirbelsäulenverletzung bereits langfristig w.o. geben.

Seiner Vertretung Niklas Lundström eilte aus Schweden kein guter Ruf voraus, was er mit seinen ersten beiden Einsätzen, wo er fleißig den Kasten angefüllt bekam, auch nicht widerlegen konnte.

Engagement des englischen Team-Goalies wird zum kleineren Desaster

Engagement des englischen Team-Goalies wird zum kleineren Desaster

Vor allem in den letzten Saisonen war die Goalie-Position mit einer Drehtür versehen. Am besten standen die Grazer noch 2019/20 mit Cristopher Nihlstorp da, der zwar zwischendurch auch ausfiel, aber bei seinen Einsätzen durch Ruhe und Ökonomie auffiel.

Es wäre nur logisch gewesen, ihn trotz seiner bereits 35 Jahre zu verlängern, aber nachdem man sich finanziell nicht einigen konnte, stand der englische Teamkeeper Ben Bowns schon sehr früh auf der Dacke. Sein Engagement wurde wie erwartet zu einem kleineren Desaster – erst verletzte er sich schon vor Saisonbeginn, nach seiner Rückkehr agierte er wie Szenekennern bekannt wild und unkoordiniert.

Aber Bowns war geradezu noch ein NHL-Goalie im Vergleich zum Finnen Hannu Toivonen, der 2017/18 zwischen den Pfosten stand. Er ließ so viele Treffer aus der Distanz zu (neben glücklichen Saves, bei denen er oft den Puck gar nicht sah), dass ein Termin beim Optiker nur logisch gewesen wäre. Zwischen Nihlstorp und Toivonen agierte zeit- und leistungsmäßig der Schwede Robin Rahm - ein Durchschnittsgoalie - was er jetzt auch in der slowakischen Extraliga bestätigt.

Was Peters, Nihlstorp, Rahm und Toivonen gemeinsam hatten? Sie konnten einfach keine Saison ohne Verletzungen absolvieren, fielen kürzer oder länger aus. Aushilfsgoalies wie heuer Lundmark gab es im Bunker zuhauf: Olivier Rodrigue brachte es letzte Saison mit 23 Spielen auf zehn mehr als Bowns, fiel aber nach gutem Beginn stark zurück. Kürzere Gastspiele gaben Oliver Dackell (3 Spiele 2019/20), Linus Lundin (8 Spiele 2018/19), der schwedische Jugend-Goalie Simon Rönning (5 Spiele 2018/19) und Andrew Engelage (5 Spiele 2017/18).  

Die Schieflage Richtung schwedischer Goalies in den Jahren seit 2018, als Jens Gustafsson als Assistant-Coach kam, ist augenfällig: Inklusive Aushilfsgoalies insgesamt sechs Schweden, dazu kommt noch Peters, der die letzte Saison in der Allsvenskan verbrachte. Lediglich Bowns und Rodrigue hatten keinerlei Bezug zum Tre-Kronor-Land.

Thomas Höneckl gilt seit Jahren als brauchbarer EBEL/ICE-Ersatz-Goalie

Ein veritables Goalie-Karussell, auf dem natürlich auch die jeweiligen Ersatz-Goalie fleißig mitfuhren. Von 2015 bis 2020 brachte es Thomas Höneckl auf insgesamt 60 Einsätze, konnte aber lediglich Toivonen zeitweise verdrängen. Höneckl gilt seit Jahren als brauchbarer EBEL/ICE-Ersatzgoalie, der aber spätestens beim dritten Einsatz hintereinander an seine Grenzen stößt.

Wird aus dem jetzigen Backup Felix Nussbacher (Bild) mehr? Im Gegensatz zu Höneckl verfügt er über bessere athletische Fähigkeiten, aber er macht auch gerne aus einem einfachen Glove-Save ein Spektakel für die Fans, entblößt dafür bei simplen Rettungsaktionen oft große Teile seines Kastens. Er muss einfach ökonomischer in seinem Stil werden.

Der Goldstandard für 99er-Goalies ist und bleibt natürlich der heutige KAC-Goalie Sebastian Dahm. Seine starken Leistungen in den beiden Saisonen von 2015 bis 2017 reichten dann für einen DEL-Vertrag, in Graz allerdings auch nur für eine Viertelfinalteilnahme. Dahms 93 Spiele im Grunddurchgang standen 99 von Dany Sabourin in den ebenfalls zwei Jahren zuvor gegenüber.

Auch er überzeugte einigermaßen, war aber gegen Ende der Saison oft leergespielt und konnte die 99ers auch nicht in die Playoffs führen. Diese vier Jahre – gekoppelt mit dem von Frederic Cloutier das Jahr zuvor – waren die einzigen in den letzten zehn Jahren, wo die Grazer mit zwei Torhütern auskamen.

Goalie-Probleme könnten Trainer Gustafsson bald den Job kosten

Die Grazer Goalie-Historie in den letzten zehn Jahren war von wenigen Höhen - vor allem Dahm - und vielen Tiefen und Verletzungen gekennzeichnet. Das geht natürlich Hand in Hand mit dem Mangel an sportlichen Erfolgen und den damit populären Trainerrochaden, denen sich lediglich Doug Mason mit fast vier Saisonen widersetzten konnte.

Gustafsson, der letztes Jahr von ihm übernahm, die Saison dann als Letzter beendete, könnten Goalie-Probleme den Job kosten, allerdings ist das heuer sicher nicht die einzige Baustelle…

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