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Pustertal: Wie der zweifache DEL-Topscorer überzeugt wurde

Den Südtirolern gelang mit Jason Akeson ein Transfer-Coup. Etwas Verrücktes habe man dafür nicht machen müssen, erklärt Sportdirektor Patrick Bona.

Pustertal: Wie der zweifache DEL-Topscorer überzeugt wurde Foto: © GEPA/HC Pustertal

Die letzte Saison der win2day ICE Hockey League verlief für den HC Pustertal nicht nach Wunsch.

Nach Rang elf war die Spielzeit schon Ende Februar nach dem Grunddurchgang zu Ende, somit blieb viel Zeit für eine eingehende Analyse. Nach dieser wurde festgestellt, "dass wir letztes Jahr in der Kaderplanung einige Fehler gemacht haben", sagt Sportdirektor Patrick Bona im LAOLA1-Interview.

Ein größerer Umbruch war die Folge, zwölf neue Spieler werden am Ende im Kader stehen. Auffällig: Sämtliche Neuankömmlinge spielten zuletzt schon in Europa - das war Teil der Strategie, mit welcher die Südtiroler in ihre dritte Offseason seit der Liga-Angehörigkeit gegangen sind.

Neben ICE-bekannten Cracks wie Alex Petan oder Rick Schofield sticht vor allem ein Name heraus: Jason Akeson. Der 33-jährige Angreifer verbrachte die letzten fünf Jahre in der DEL, wo er sowohl in Köln als auch in Straubing zum Liga-Topscorer wurde.

Mit welchen einfachen Mitteln es gelang, den Kanadier von einem Engagement im Pustertal zu überzeugen, erklärt Bona ausführlich. Außerdem geht der Sportdirektor näher auf die Kaderplanung, die Finanzen und Learnings aus den ersten zwei ICE-Jahren ein.

LAOLA1: Wie viele Puzzlestücke fehlen dem Kader noch?

Patrick Bona: Einen Stürmer werden wir noch bekanntgeben. Ich denke, das wird diese Woche passieren.

LAOLA1: Dann würden zwölf Neuzugänge 13 Abgängen gegenüberstehen. Warum gab es den größeren Umbruch?

Bona: Wir müssen so ehrlich und fair sein, dass wir letztes Jahr in der Kaderplanung einige Fehler gemacht haben. Natürlich gehört immer etwas Glück dazu, es muss einfach viel zusammen stimmen. Wir haben heuer eine andere Strategie gewählt, wo wir gesagt haben, wir legen mehr Wert auf Europa-erfahrene Spieler – speziell bei den Legionären. Das war das Hauptziel, das wir heuer gehabt haben.

"Königstransfer" Jason Akeson
Foto: © GEPA

LAOLA1: Die neue Strategie ist augenscheinlich, fünf Legionäre wurden alleine nur aus der DEL geholt.

Bona: Dass diese Spieler aus der DEL kamen, war eigentlich Zufall. Die DEL ist eine der Top-Ligen in Europa, der Stil ist ähnlich wie in der ICE Hockey League. Aus diesem Grund versucht man auch, dort etwas zu fischen.

LAOLA1: Der absolute Königstransfer ist wohl Jason Akeson, der in fünf DEL-Jahren zweimal Liga-Topscorer wurde. Wie haben Sie es geschafft, einen Spieler seines Formats vom HC Pustertal zu überzeugen?

Bona: Das war harte Arbeit mit seinem Agenten (lacht). Man hat ihm einfach die Vor- und Nachteile der Geschichte nahegelegt. Pustertal ist sicher eine Station, wo jeder Spieler auch wegen der Landschaft und des Umfelds kommen würde. Es hat sich herumgesprochen, dass bei uns professionell gearbeitet wird, die Spieler professionell behandelt werden. Ich denke, das ist sicher ein wichtiger Punkt. Der zweite ist, dass die ICE Hockey League grundsätzlich etwas unterschätzt wird. Wenn man die DEL hernimmt – ich glaube, die haben im Jahr 30 Auswärts-Nächtigungen. In der ICE Hockey League - außer man spielt in Wien oder Szekesfehervar – ist mit vier, fünf Nächtigungen alles getan. Das sind wichtige Punkte, die unterschätzt werden - speziell für Spieler, die Familien haben. Von den Agenten werden diese grundsätzlich nicht in Kauf genommen. Wenn diese Punkte den Spielern nahegelegt würden, dann würden vielleicht mehrere Spieler eines solchen Kalibers den Weg nach Österreich, Italien, etc. finden.

LAOLA1: Und wie sieht es finanziell aus?

Bona: Wir haben eigentlich nur unser Angebot gemacht. Ich würde jetzt lügen, wenn ich sage, wir haben etwas Verrücktes gemacht, um ihn an Land zu bringen – das ist nicht so. Es ist ein Gesamtbild von mehreren Faktoren, wo der Spieler dann entschieden hat, sich für uns zu entscheiden.

LAOLA1: Äußerst interessant klingt auch die letzte Neuerwerbung Christian Kasastul. Er beendete die letzte Saison in der finnischen Liiga bei HIFK und erarbeitete sich einen guten Ruf. Welche Vorzüge bringt er für die Defensive mit?

Bona: Er passt in unser Konzept rein, wir haben genau so einen Spieler gesucht. Klarerweise hat man Wunschspieler, die man nicht immer bekommen kann – er erfüllt aber die meisten Kriterien, die wir auf dieser Position gesucht haben. Wir haben gute Rückmeldungen bekommen. Er ist ein Spieler mit sehr viel Einsatz, der viel Feuer bringt und das ist etwas, was wir speziell letztes Jahr etwas vermisst haben.

"Wir brauchen Spieler, die Verantwortung übernehmen und in den Top-Linien zum Stammspieler werden."

Bona erwartet allen voran von den Einheimischen den nächsten Schritt

LAOLA1: Mit Tomas Sholl hat dafür die klare Nummer eins im Tor den Klub verlassen. Wie schwer wiegt sein Abgang?

Bona: Tomas Sholl kam vor zwei Jahren schon mit der Einstellung nach Bruneck, dass es nur eine Zwischenstation sein soll. Er wollte sich hier beweisen und dann den nächsten Schritt machen. Das war von Anfang an sein Plan. Vor der letzten Saison hat er eingesehen, dass ein zweites Jahr in Bruneck sinnvoll sein könnte. Heuer hat er das gemacht, was er immer vorhatte. Viele fragen, warum man nicht versucht hat, ihn zu halten. Es hat keinen Sinn gemacht. Es ging nicht um Geld oder sonstiges, er wollte eine andere Station suchen, um seine Karriere fortzusetzen.

LAOLA1: Als Ersatz wurde Andreas Bernard vom HC Bozen geholt.

Bona: Genau. Wir haben zwei Tormänner (Bernard und Jacob Smith, Anm.), die sich auf Augenhöhe duellieren sollen – und der bessere soll dann mehr Eiszeit bekommen.

LAOLA1: Im Vergleich zur ersten ICE-Saison ist der Kader heuer im Schnitt rund eineinhalb Jahre älter (26,93 Jahre zu 28,55 Jahre, Anm.). Ist Routine ein Schlüsselfaktor?

Bona: Natürlich sind ein paar ältere Spieler dabei. Aber ich denke, Spieler mit 32 oder 33 Jahren – wenn die fit sind, ist das heutzutage eigentlich das beste Alter im Eishockey. Wir haben zwei Spieler, die etwas älter sind. Der eine ist Rick Schofield, den jeder kennt. Er hat letztes Jahr bewiesen, dass er noch auf Top-Niveau spielen kann, bringt viel Erfahrung aus der Liga und Leadership mit. Wir haben ihm eine bestimmte Rolle zugeführt, wo wir glauben, dass das Alter keine Einschränkung sein soll.

LAOLA1: Welche Rolle kommt jenen Spielern zu, die schon im Vorjahr da waren?

Bona: Wir erwarten uns speziell von den Einheimischen den nächsten Schritt, weil wir das einfach brauchen. Wir brauchen Spieler, die Verantwortung übernehmen und in den Top-Linien zum Stammspieler werden. Sie haben zwei Jahre Erfahrung in der Liga und ich bin überzeugt, dass der eine oder andere den nächsten Schritt machen kann.

LAOLA1: Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Kaderzusammenstellung?

Bona: Auf dem Papier sind wir zufrieden, wissen aber, dass das Papier nicht das Eis ist – dort liegt zum Glück die Wahrheit, sonst wäre es zu einfach. Es müssen viele Faktoren am Ende zusammenpassen, damit auch das ganze Konstrukt, das man versucht, zusammenzustellen, funktioniert und erfolgreich ist.

LAOLA1: Was hat dafür gesprochen, dass Tomek Valtonen als Head Coach in die neue Saison geht?

Bona: Ganz wichtig war der Umgang und sein Einsatz mit der Mannschaft. Wir sind überzeugt, dass er zu unserem Verein passt. Das war ein grundlegender Punkt, warum wir mit ihm verlängert haben. Wir wollten außerdem nicht wieder einen neuen Coach holen, sondern einen haben, der das Umfeld schon kennt und unseren Plan sowie unsere Ziele mitgeht.

LAOLA1: Bei Neueinsteigern in die ICE sind die Finanzen immer ein Thema, bei dem genauestens hingesehen wird. Nach zweijährigem Dasein: Inwieweit ist der HC Pustertal in dieser Hinsicht auf Rosen gebettet?

Bona: Wir sind sicher einer der kleineren Vereine, eine kleine Stadt. Wir haben aber ein ganzes Tal, das hinter uns steht. Ich denke, wir sind budget-technisch im unteren Mittelfeld. Wir wachsen Jahr für Jahr, werden immer professioneller und dementsprechend muss auch das Budget nach oben geschraubt werden. Klarerweise ist das nicht einfach, wir haben nicht so viele Möglichkeiten wie vielleicht in einer Großstadt. Wir kämpfen tagtäglich, müssen aber einen großen Dank an die Sponsoren und unsere Fans aussprechen – wir sind wirklich glücklich, dass sie uns so treu sind.

"Durch die Euphorie sieht man manchmal gewisse Hürden und Fehler nicht. Das letzte Jahr hat in der Hinsicht vielleicht auch wieder gut getan, wir sind alle wieder bodenständig."

Der Sportdirektor sieht den Klub wieder auf einem gesunden Weg

LAOLA1: Viertelfinale im ersten Jahr, Aus nach dem Grunddurchgang im zweiten. Wie fällt Ihre Bilanz der zwei Spielzeiten in der ICE Hockey League aus?

Bona: Man muss sagen, dass wir das erste Jahr vielleicht etwas zu hoch gewesen und letztes Jahr zu nieder gewesen sind - ein Mittelweg wäre richtig gewesen. Heuer versuchen wir wieder anzugreifen. Wir bleiben immer bodenständig, wissen, dass wir aus mehreren Gründen nicht zu den Top-Teams zählen. Wir werden aber unser Bestes geben und wie jeder Verein schauen, so viele Spiele wie möglich zu gewinnen und weit nach vorne zu kommen.

LAOLA1: War die Euphorie nach der ersten Saison womöglich zu groß?

Bona: Wir haben viel dazugelernt. Durch die Euphorie sieht man manchmal gewisse Hürden und Fehler nicht. Das letzte Jahr hat in der Hinsicht vielleicht auch wieder gut getan, wir sind alle wieder bodenständig. Das ist die gesunde Art von Arbeit, die wir brauchen.

LAOLA1: VSV-Coach Rob Daum meinte kürzlich in einem Interview, dass der HC Pustertal in der nächsten Saison für eine Überraschung sorgen könnte.

Bona: Man fühlt sich geehrt, wenn ein Coach wie Rob Daum, der viel Erfahrung in der Liga hat, uns als Überraschung sieht. Nichtsdestotrotz liegt die Wahrheit auf dem Eis, wir müssen einfach versuchen, unser Bestes zu geben. Wir hoffen logischerweise, eine Überraschung zu sein – es liegt aber noch viel Arbeit vor uns.

LAOLA1: Geben Sie ein konkretes Saisonziel aus?

Bona: Das Ziel muss der Playoff-Einzug sein – ob über die Pre-Playoffs oder direkt, ist egal. Darauf arbeiten wir hin.


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