news

ICE-Farmteams: Interessante Talente und Goalie-Misere

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller hat das erste Monat genutzt, um den jungen Österreichern in den ICE-Farmteams auf den Zahn zu fühlen. Seine Erkenntnisse:

ICE-Farmteams: Interessante Talente und Goalie-Misere Foto: © GEPA

Die Linzer Steel Wings viermal zuhause gegen Salzburg, KAC, Kitzbühel und Bregenzerwald, dazu noch das Duell zwischen Salzburg und dem KAC – das erste Monat der AlpsHL war ein gutes, um einigen jungen Österreichern auf den Zahn zu fühlen.

Der neue U20-Nationalcoach Kirk Furey nominierte bereits seinen ersten Kader für den St. Pölten-Cup im November. Wenig überraschend, dass von 25 Spielern zwölf (inklusive des nach Linz verliehenen Lorenz Lindner) von seinem KAC kommen.

Neben Luca Erne (VEU Feldkirch), Luca Auer (Red Bull Salzburg), Jakob Engelhart (Graz99ers), Ian Scherzer (Rögle BK) und Johannes Tschurnig (VSV) gehören damit 20 Spieler zum Kandidatenkreis für die Junioren-WM, die mehr oder minder regelmäßig in der AlpsHL auflaufen.

Ein Blick auf die offiziellen (Linz, Salzburg, KAC) und inoffiziellen (Kitzbühel) Farmteams gibt daher einen guten Überblick über die Jahrgänge 2003 bis sogar 2005. Was auffällt:

Einige interessante Defender

Der KAC trennte sich im Sommer von den Geier-Brüdern. Beides verdienstvolle Cracks, die über Jahre ihre Rollen in der ICE vorbildlich ausfüllten. Man kann jetzt darüber diskutieren, ob ihr Karriereende ein Jahr zu früh oder zu spät kam, ist aber auch egal.

Doch wenn Defensivstürmer wie sie nicht aus der eigenen kostenintensiven Akademie ersetzt werden können, kann man das ganze Werkl auch einsparen. Ähnliches gilt für Martin Schumnig – auch er verdienstvoll, solide, so gut wie nie verletzt. Nur: Beim KAC stehen insgesamt sechs Defender der Jahrgänge 03 bis 05 in den Startlöchern.

Wenn man ewig am gleichen Personal festhält (mit zwei Defensiv-Legionären leistet man sich wahrlich keinen überbordernden Ausländerluxus), kommt es unweigerlich zu einer Verstopfung in der Pipeline zwischen Erster und dem Farmteam.

Aber Butter zu den Fischen: Von den Defendern ist Thomas Klassek als 05er noch weiter entfernt als seine Kollegen, sollte aber in zwei Jahren mehr Spiel mit der Scheibe einbringen als Christoph Tialler (stagniert seit einiger Zeit) oder Lorenz Lindner.

Die beiden anderen Defender (auch alles 03er) bringen klarer definierte Dimensionen mit: Maxi Preiml hätte gute Größe und auch den Willen, diese zu verwenden, dazu einen guten Schuss, für den er aber in der ICE wenig Vorbereitungszeit finden wird. Seine Fußarbeit hat sich stark verbessert, ist aber weiterhin seine größte Schwäche.

Aus dieser Fünfer-Crew würde ich persönlich Tobias Sablattnig am höchsten reihen und das tut auch Furey, wenn man auf sein Lineup schaut. Sablattnig ist im ersten PP-Unit als Pointman gesetzt, schlägt sich in dieser Rolle auch gut.

Er kann auch die Scheibe unter Druck aus engen Lagen führen, leitet in Zweikämpfen die Gegner zur Bande hin. Sablattnig hat das Zeug dazu, in nicht allzu ferner Zukunft ein solider ICE-Defender zu werden, nur: Im österreichischen Eishockey allgemein als auch beim KAC scheint die Alters-Untergrenze für eine solche Rolle 22 Jahre zu sein.

In Linz hat Defender Patrick Söllinger (2004 geboren) über den Sommer körperlich stark zugelegt, schaut jetzt schon ziemlich mächtig aus. Wie Sablattnig ist er im Powerplay gesetzt, wie dieser sieht er dort brauchbar aus ohne eine große Waffe zu sein.

Mit mehr Routine und etwas besserer Beinarbeit wird auch er unter Phil Lukas, der ihn natürlich von seiner Tätigkeit bei den Steel Wings kennt, bald ein Fixbestandteil der Ersten sein. Heuer steht er noch im Maturajahr - solche Hindernisse entscheiden sehr oft über die Trainings- und Spielteilnehmen in der Ersten.

In Salzburg wiederum sind abseits der deutschen Cracks (kein Peterka dabei, aber einige interessante Spieler wie Krening, Weber oder Borsecker) viele Spieler verletzt (Necesany, Hengelmüller, Venier), daher wird das Team immer jünger und jünger, der Abstand zur Ersten aber wieder größer.

Mit Maximilian Kirchebner hat sich ein 2005-geborener Defender in die entstandenen Lücken gespielt, gewöhnt sich von Spiel von Spiel besser an die Liga. Auch der gebürtige Innsbrucker wird aber eines Tages – so er die ICE schafft – nicht unter die Rubrik "Skilled D" fallen.

Potentielle Stars?

Gibt es einen Nachfolger für Thomas Koch, wenn der eines Tages doch die Schuhe an den Nagel hängt? Kann Salzburg auf potentielle Stars aus der eigenen Akademie hoffen anstatt die Schneiders, Nissners und Wukovits' importieren zu müssen?

Top-Talente wie Marco Kasper verabschieden sich eher früher als später
Foto: © GEPA

Nach meinem Dafürhalten: Nein. Denn, die Cracks die das könnten – Marco Kasper, Timo Nickl oder JJ Peterka, von seinem deutschen Pass einmal abgesehen – springen natürlich eher früher als später ab. Dazu passt auch, dass einige der potentiellen Kampfmannschaftsspieler selbst dann nicht überragen, wenn sie in der AlpsHL gegen Gleichaltrige spielen.

Das 0:0 nach 60 Minuten zwischen den Steel Wings und dem KAC war keinesfalls Zufall – beide Teams sprühen nicht gerade vor Offensivpower über. Auch die Tatsache, dass der KAC mit Spielern der Ersten wie Samuel Witting, Finn van Ee, Val Usnik, dazu Marcel Witting und dem slowenischen Pensionär Andrej Tavzelj gegen ein personell ausgedörrtes U20-Team von Salzburg unterlag, weist nicht auf überragende Einzelspieler hin.

Der VSV verzichtet auf ein eigenes Farmteam – eine weise Entscheidung, nicht nur aufgrund der Eishallenproblematik. Die Villacher schicken ihre Nachwuchsspieler nach Kitzbühel, wo mit Marco Pewal ein Coach agiert, der sie natürlich gut kennt. Der Beste unter ihnen ist noch Martin Urbanek (2002), dessen Zweikampfverhalten allerdings selbst in der AlpsHL problematisch ist. Er hätte sicher mehr PP-Upside als andere Youngsters, nur das kommt erst zum Tragen, wenn er auch nur ab und an einen Zweikampf für sich entscheiden könnte.

Bilden die ICE-Teams also genug Rollen- und Durchschnittsspieler aus? Ja, in durchaus guter Quantität. Nur: Unterschiedsspieler für die ICE sind weiter eine rare Spezies und gerade der KAC und Linz schöpfen ja ihre Legionärskontingente nicht aus, diese Ausrede dürfte also wegfallen.

Wer auf ICE-Niveau Spieler wie Harnisch, Kragl oder Hochegger nur als Ergänzungsspieler sieht, wird auch von den nachrückenden Generationen nicht mehr erwarten dürfen.

Goalie-Misere

Diese wäre ein eigenes Kapitel wert – man muss nur auf die ICE-Teams mit Akademiebetrieb schauen:

  • RB Salzburg: Ein Legionär und der 28-jährige David Kickert

  • KAC: Zwei Legionäre

  • Vienna Capitals: Ein Legionär und der 36-jährige Bernhard Starkbaum

  • Black Wings Linz: Ein Legionär und der 33-jährige Thomas Höneckl

Eine desaströse Übersicht, keine dieser Organisationen brachte in den letzten Jahren also auch nur einen Torhüter hervor, der als Backup dienen kann. Allerdings befindet sich der in Wien ausgebildete Sebastian Wraneschitz noch immer in den USA, sollte nach seiner Rückkehr doch eine Rolle spielen können.

Leon Sommer in Linz (2002 geboren) hat zuletzt eine solide Entwicklungskurve hingelegt und Ruhe in seinem Spiel gefunden, wird über kurz oder lang die Backup-Position einnehmen. Ob's für mehr reicht? Linz-Goaliecoach Jürgen Penker weiß nicht nur aus seiner NHL-Nebentätigkeit, dass etwas mehr Größe als die ungefähr 1,82 Meter Sommers kein Nachteil wären.

Man muss schon Glück haben (wie ich am Samstag in Salzburg), überhaupt einen der drei 03er Torhüter Thomas Pfarrmaier (Salzburg), Michael Sicher und Ralf Kropiunig (beide KAC) in Aktion zu sehen. Die drei bringen es gemeinsam bisher auf sieben lächerliche Spiele, alle drei stehen aber im U20-Nationalkader (Kropiunig sogar als No. 4 des KAC-Farmteams!). Auch hier zeichnet sich nicht einmal annähernd eine ICE-Stammkraft ab, selbst Backup-Rollen scheinen weit entfernt.  

Unstrittig ist, dass sich die Nachwuchsarbeit der österreichischen Teams über die Jahre gewaltig zum Besseren gewandelt hat, was allerdings auch für den Rest der Welt gilt. RB Salzburg kann (neben unzähligen DEL-Cracks) auf mehrere NHL-Drafts verweisen, der KAC mit Kasper und Nickl ebenfalls auf zwei. Die Vienna Capitals und die Black Wings Linz sind von solchen Sphären weit entfernt, schaffen es aber immer mehr, die notwendige Kadertiefe mit eigenen Nachwuchskräften herzustellen.

Die Farmteams in der AlpsHL – die Capitals verzichten seit heuer auf ein solches und kappten damit die oberste Spitze der Akademiepyramide – sind ein Pflichtprogramm für Leute, die sich für die zukünftigen ICE-Jahrgänge interessieren.

Sie können auch dazu dienen, das unreflektierte Krakeelen nach "jungen Spielern" mit konkreten Namen zu ersetzen.


Kommentare