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Italiens Weg zur großen Tennis-Nation

Das italienische Tennis steht vor einer goldenen Generation.

Italiens Weg zur großen Tennis-Nation Foto: © getty

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Viva Italia! Der Viertelfinal-Einzug von Jannik Sinner und der Achtelfinal-Einzug von Lorenzo Sonego bei den French Open unterlegen ein weiteres Mal, was sich schon im vergangenen Jahr angedeutet hat. Die großen Tennis-Nationen haben Zuwachs bekommen!

Italien weist mit mittlerweile acht Top-100-Spielern hinter Frankreich (11) und den USA (9) gemeinsam mit Spanien die drittmeisten im ATP-Ranking auf.

Doch unser südlicher Nachbar punktet nicht nur mit Masse: Am 10. Juni 2019 klassierte sich Fabio Fognini als erste Italiener seit Corrado Barazzutti im Frühjahr 1979 in die Top 10.

Viereinhalb Monate später folgte ihm mit Matteo Berrettini ein weiterer Landsmann in die auserlesene Elite des Welttennis. Und auch der Weg des erst 19-jährigen Sinner wird wohl zwangsläufig in diese Richtung führen.

Absolutes Ausnahme-Talent

Der junge Südtiroler gilt schon seit einiger Zeit als absolutes Ausnahme-Talent - so sorgte er im Vorjahr bereits in Österreich in der Wiener Stadthalle mit seinem Erstrunden-Sieg über Philipp Kohlschrieber für Schlagzeilen. Der 1,88 Meter große Rotschopf deckt mit seinen starken Grundlinienschlägen hervorragend den Platz ab und kann zudem jetzt schon auf ein sehr starkes Service bauen.

In der kommenden Woche wird Sinner, der am Dienstag in Paris auf Superstar Rafael Nadal trifft (Sinner: "Da kann ich extrem viel für die Zukunft lernen"), erstmals in die Top 50 vorstoßen und damit der einzige Teenager in dieser Gruppe sein. Er ist durch seinen Paris-Auftritt auch der erste Spieler mit Geburtsjahr 2001 im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers.

Für den Startschuss für die italienischen Tennis-Herren sorgte im Jahr 2018 Marco Cecchinato: Der 28-jährige Rechtshänder aus Palermo überraschte die Tennis-Welt, als er bei den French Open als erster Italiener seit 1978 ins Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers einzog und erst dort einem gewissen Dominic Thiem unterlag.

Goldene Damen-Generation legte Grundstein

„Davor haben eigentlich nur die Damen etwas gewonnen“, so Fognini, der diesbezüglich weiß, wovon er spricht: Seine Frau Flavia Pennetta gewann im Jahr 2015 die US Open und war damit Bestandteil einer goldenen Generation.

Land Spieler in Top 10
Frankreich 11
USA 9
Spanien 8
Italien 8
Australien 5
Serbien 5
Argentinien 5
Deutschland 5
Kanada 4
Japan 4
Großbritannien 3
Russland 3
Ungarn 2
Kroatien 2
Kasachstan 2
Schweiz 2
Österreich 2
Polen 2
Weißrussland 1
Südafrika 1
Brasilien 1
Chile 1
Slowenien 1
Litauen 1
Südkorea 1
Portugal 1
Norwegen 1
Bulgarien 1
Georgien 1
Schweden 1
Griechenland 1
Belgien 1
Moldau 1
Finnland 1
Uruguay 1

Roberta Vinci stand ihr damals im Endspiel als Serena-Williams-Bezwingerin gegenüber. Zudem spielten damals auch Francesca Schiavone (Paris-Sieg 2010) und Sara Errani (Paris-Finalistin 2012) in der Weltklasse des Damen-Tennis keine kleine Rolle. Alle vier Spielerinnen schafften es in die Top 10. Zwischen 2006 und 2010 gewann Italien drei Mal den Fed Cup.

Aufgrund einiger Rücktritte - nur mehr Errani ist noch aktiv - gab es zuletzt zwar ein kurzes Tief bei den italienischen Damen, bei den French Open zeigt sich aber, dass dies wohl nur von kurzer Dauer war. Die bis dato eher unbekannte Martina Trevisan spielte sich aus der Qualifikation heraus mit Siegen über Coco Gauff, Maria Sakkari und Kiki Bertens sensationell ins Viertelfinale und damit in der Weltrangliste auch zumindest auf einen Platz zwischen 80 und 90 nach vorne.

Zudem stehen auch Camilla Giorgi (WTA 75) und Jasmine Paolini (94) wieder bzw. erstmals in den Top 100.

Freilich verblassen diese Zahlen etwas neben der aktuell beeindruckenden Vormachtstellung der Herren, bei denen eben unglaubliche acht Italiener in den Top 100 der Herren-Weltrangliste stehen.

"Diese Mädels haben einiges verändert"

Trotzdem steht für den erfahrenen Coach Riccardo Piatti fest, dass die Herren der Schöpfung dem weiblichen Geschlecht einiges zu verdanken haben.

„Mädels wie Schiavone, Pennetta, Vinci oder Errani haben in der Mentalität des italienischen Tennis-Verbands einiges verändert und auch bei den italienischen Spielern“, erklärt der 61-jährige Piatti, der in seiner langen Karriere mit Kalibern wie Novak Djokovic, Ivan Ljubicic, Richard Gasquet und Milos Raonic zusammenarbeitete. Sein Handwerk lernte er in der berühmten Akademie von Nick Bollettiere in Bradenton, Florida.

„Das US-Open-Finale zwischen Pennetta und Vinci war unglaublich für uns. Danach hat jeder daran geglaubt, dass er das auch erreichen kann – auch die Coaches“, erinnert sich Piatti zurück.

Zahlreiche Challenger- und Future-Turniere

Doch auch von Verbandsseite – unter der Führung des seit dem Jahr 2001 agierenden Präsidenten Angelo Binaghi  - wurde einiges unternommen, um den steinigen Weg an die Spitze zumindest etwas zu erleichtern.

So wurde ein immer größeres Netz an Future- und Challenger-Turnieren aufgebaut, damit die italienischen Nachwuchsspieler leichter Weltranglisten-Punkte und vor allem wichtige internationale Erfahrung sammeln können.

In Italien wurden im Jahr 2019 beispielsweise unglaubliche 18 Challenger-Turniere organisiert. Damit belegt man hinter den USA, die mit 27 Events federführend sind, weltweit den zweiten Platz. Zum Vergleich: In Österreich findet sich aktuell kein einziges Challenger-Turnier im Kalender.

„Dadurch muss man als junger Spieler nicht so viel reisen. Das ist natürlich viel billiger“, erklärt Berrettini die Vorteile eines starken heimischen Turnier-Standorts.

„Man kann dadurch leicht seinen eigenen Trainer oder seinen eigenen Physiotherapeuten mitnehmen. Wenn ich nach China fliege, habe ich für so etwas kein Geld. Außerdem bekommen die jungen Spieler bei diesen Turnieren viele Wild Cards. Ich habe selbst viele Wild Cards bekommen. Dadurch habe ich nicht nur leichter Weltranglisten-Punkte, sondern auch wertvolle Erfahrungen sammeln können.“

Tennis im Free-TV

Durch die vielen Turniere erfolgte eine gegenseitige Befruchtung im ganzen Land. Zudem profitierte das italienische Tennis auch von einem eigenen Tennis-TV-Sender (SuperTennis), der im Free-TV die ganze Bevölkerung mit Live-Matches und Hintergrundberichten von ATP- und WTA-Tour versorgt.

„Der Boom im Herren-Tennis ist der nächste Schritt nach der goldenen Damen-Generation und der tollen Entwicklung von SuperTennis“, erklärt Binaghi den Tennis-Boom im eigenen Land, der auch durch die Coronakrise nicht zu Ende gehen soll.

Durch die Erfolge der eigenen Spieler haben bis zur Pandemie auch traditionsreiche Tennis-Turniere wie das ATP-1000 oder das WTA-Premier in Rom regelmäßig Zuschauer-Rekorde verzeichnet.

„Früher sind die Leute nur wegen Rafael Nadal oder Serena Williams gekommen. Heute kommen sie, um ihre Landsleute anzufeuern. Die Männer sind so gut wie seit 40 Jahren nicht mehr“, so der Präsident.

Ein weiterer Mosaikstein ist laut Fognini-Coach Corrado Barauuztti die gestiegene Qualität bei den italienischen Trainern. „Da hat sich sehr viel verbessert. Wir wachsen mit den Spielern immer mehr zusammen und auch der Verband unterstützt uns auf allen Ebenen.“

Super-Talent Sinner

Dies spiegelt sich auch auf der Junioren-Ebene wieder: Mit Lorenzo Musetti gewann im Jänner 2019 ein Italiener die Australian Open - der 18-Jährige klopft als Weltranglisten-138. ebenfalls schon an den Top 100 an. Bei den French Open sind gleich fünf Burschen und immerhin zwei Mädchen im Junioren-Bewerb vertreten.

Zudem verfügt man eben mit Sinner, der von Piatti gecoacht wird, über eine der derzeit heißesten Aktien auf der Tennis-Tour. Sinner gewann im Vorjahr übrigens auch das ATP Next Gen ATP Finals.

Bei diesem im Jahr 2017 eingeführten Event treten die besten U21-Spieler des Tennis-Jahres gegeneinander an. Seit der Premiere wird es – passend zum italienischen Tennis-Boom – in Mailand ausgetragen. Vorläufig läuft der Vertrag der „Federazione Italiana Tennis“  mit der ATP bis zum Jahr 2021.

Wobei das „Junioren-Masters“ ab diesem Zeitpunkt etwas im Schatten stehen wird: Denn im Jahr 2021 wechselt auch das große Saisonabschluss-Turnier der besten acht Tennis-Herren, die ATP World Tour Finals, von London nach Turin und wird dort zumindest fünf Jahre lang bleiben.

ATP-Führung in italienischer Hand

Auch im Hintergrund ziehen auf der Tour immer mehr Italiener die Fäden: Ende 2019 wurde zunächst der ehemalige Profi und Ex-Ronnie-Leitgeb-Schützling Andrea Gaudenzi zum neuen ATP-Chairman gewählt.

Kurz danach wurde auch die Ernennung von Massimo Calvelli als neuer Geschäftsführer bekanntgegeben. Die beiden Italiener teilen sich damit die Führung der ATP.

Ob auf oder abseits des Court: An Italien wird in den kommenden Jahren im Tennis kein Weg vorbeiführen. 

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