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Joel Schwärzler: Österreichs Tennis-Hoffnung stellt sich vor

Der frischgebackene Finals-Sieger erklärt in Wien seinen Plan für seinen Angriff in die Weltspitze.

Joel Schwärzler: Österreichs Tennis-Hoffnung stellt sich vor Foto: © GEPA

Mit seinem sensationellen Sieg bei den ITF Junior Finals in Chengdu trat Joel Schwärzler in der vergangenen Wochen in die Fußstapfen von Spielern wie Andrey Rublev und Holger Rune.

Mittlerweile ist der 17-jährige Vorarlberger die Nummer drei der Junioren-Welt.

Dass der Weg in die Weltspitze der ATP-Tour aber noch ein langer ist, ist freilich auch dem von ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer gecoachten Youngster bewusst.

Nächstes Jahr schon in der Stadthalle?

"Ohne einer Wild Card werde ich wohl nicht in der Stadthalle spielen können", meinte Schwärzer bei einer im Rahmen der Erste Bank Open abgehaltenen Pressekonferenz des ÖTV, ob er nächstes Jahr vielleicht schon beim dortigen ATP-500-Turnier zu sehen sein werde.

"Hoffentlich darf ich nächstes Jahr hier spielen, wenn ich eine Wild Card bekomme. Aber auch diese Wild Card muss ich mir verdienen, indem ich gut spiele. Denn Österreich hat auch noch andere gute Spieler, die es sich verdienen würden, wie zum Beispiel einen Lukas Neumayer."

Kein Angriff auf die Nummer eins

Außer Frage steht freilich, dass der nächste Schritt jener auf die ATP-Tour sein wird. Noch in diesem Jahr wird Schwärzler zwei Future-Turniere in Griechenland bestreiten.

Auf einen Abstecher nach Mexiko, um bei einem Junioren-Turnier möglicherweise als erster Österreicher noch den Sprung auf Platz eins der Junioren-Weltrangliste zu schaffen, verzichtet der Vorarlberger zu Gunsten einer ausgiebigen Vorbereitung auf 2024.

Das Saisonziel für 2023 sei sowieso erreicht. Durch den fixierten Top-10-Platz bekommt Schwärzler acht Challenger-Wild-Cards.  Dadurch erhofft er sich, im ATP-Ranking größere Sprünge nach vorne machen zu können. Schließlich besteht bei jungen Spielern oft die Gefahr, dass sie sich auf den Future-Turnieren auf Dauer ausbrennen.

Beinahe Sieg gegen Top-100-Mann

Das Hauptaugenmerk liegt 2024 voll auf der Herren-Tour. Bei den Junioren wird Schwärzler nur in Roland Garros, Wimbledon (inklusive Vorbereitungsturnier in Roehampton) und bei den US Open spielen. Bei einem etwaigen Grand-Slam-Titel würde er zudem sofort von der Junioren-Tour rausziehen. "Das Ziel ist dann erreicht und dann schaut man weiter", lautet das Motto des ehrgeizigen jungen Mannes aus dem Ländle.

Ein bisschen in die ATP-Tour reingeschnuppert hat Schwärzler in den vergangenen Monaten schon. Beim Challenger in Bad Waltersdorf im September verlor er gegen den ehemaligen Top-20-Spieler und aktuellen Top-100-Mann Albert Ramos Vinolas nur knapp in drei Sätzen. "Und ich habe verloren, weil ich am Ende mehr Fehler gemacht habe und nicht, weil er so gut gespielt hat."

Was noch den Unterschied zu den "Erwachsenen" ausmache? "Sie sind mental stärker und körperlich fitter, weil sie älter sind. Bei den Schlägen ist nicht mehr viel Unterschied. Es liegt einfach sehr viel am Kopf", weiß Schwärzler, dass er noch einige Erfahrungen wird sammeln müssen.

Spielerische Ähnlichkeiten zu Coach Melzer

Davon mehr als genug im Gepäck hat sein Coach Jürgen Melzer. Der ehemalige Weltranglisten-Achte betreut Schwärzer seit fast drei Jahren in der Südstadt, den Job als Touring-Coach teilt sich der Davis-Cup-Kapitän und ÖTV-Sportdirektor mit Philip Gille.

Das Trainer-Schützling-Gespann funktioniert bislang ausgezeichnet. Vielleicht auch deshalb, weil Schwärzler einen ähnlichen Spielstil an den Tag legt wie sein Betreuer.

"Ich spiele sehr, sehr aggressiv und mache daher auch mehr Fehler als andere. Schnell und aggressiv – ähnlich wie mein Trainer Jürgen", so Schwärzler, der in gelegentlichen Sparrings mittlerweile zumindest auf Sand meist die Nase vorne hat. "Auf Hartplatz scheppert’s immer noch", lächelt der Youngster.

Gelegentlich kommt es auch zu Trainingseinheiten mit Günter Bresnik, der seine Akademie ebenfalls in der Südstadt hat. Der langjährige Coach von Dominic Thiem bescheinigte Schwärzler erst vor Kurzem Top-50-Potenzial.

"Für mich ist er spielerisch ein Wahnsinn. Er ist Linkshänder, hat ähnliche Anlagen wie der Jürgen. Er hat eine geniale Rückhand und ist heute einer der wenigen, die noch vollieren können", schwärmte der Erfolgscoach.

Schwärzler freut sich über das Lob: "Ich verstehe mich richtig gut mit ihm. Das ist natürlich schön zu hören, wenn er mir die Top 50 zutraut."

Schwärzler sieht Druck positiv

Dass Schwärzler mittlerweile einer größeren Allgemeinheit ein Begriff ist und einige Experten von ihm überzeugt sind, erzeugt freilich auch eine gewisse Erwartungshaltung in der Öffentlichkeit. Er glaubt allerdings nicht, dass das zu einem Problem werden könnte.

"Druck empfinde ich als positiv, denn das bedeutet, dass viele Leute an mich glauben. Die Frage ist halt, wie man damit umgeht. Ich glaube aber schon, dass ich das schaffen kann", gibt sich der Teenager, der als seine Vorbilder Rafael Nadal und Roger Federer angibt, selbstbewusst.

Mit Galo Blanco hat Schwärzler, der bereits von Red Bull unterstützt wird, einen bekannten Manager an seiner Seite. Der ehemalige Top-40-Spieler war in dieser Funktion bereits für Jürgen Melzer und Dominic Thiem tätig.

"Jürgen kennt Galo Blanco sehr gut. Es hat einfach am besten gepasst. Wir haben einen engen Kontakt und das empfinde ich als wichtig", erklärt Schwärzler seine Beweggründe.

Melzer ist auch davon überzeugt, dass er "definitiv das Zeug dazu habe, um einmal in Wien mitzuspielen. Wobei er aber auch darum bittet, "die Kirche im Dorf" zu lassen. Der Weg sei noch lang.

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