Wie schon in Runde eins wartet auf Dominic Thiem auch bei seinem zweiten Auftritt bei den Australian Open 2021 ein bis dato eher unbekannter Kontrahent.
Der Weltranglisten-Dritte aus Lichtenwörth bekommt es am Mittwoch (ab circa 4 Uhr im LIVE-Ticker) erstmals in seiner Karriere mit dem Deutschen Dominik Koepfer zu tun.
Der 26 Jahre alte Linkshänder aus dem Schwarzwald spielte sich erstmals vor eineinhalb Jahren bei den US Open 2019 ins Rampenlicht, als er sich mit seinem sensationellen Achtelfinal-Einzug – erst beim späteren Finalisten Daniil Medvedev war Endstation – erstmals in seiner Karriere in die Top 100 spielte.
„Das war eine großartige Erfahrung. Das werde ich nie vergessen“, erinnert sich die aktuelle Nummer 70 der Welt auch heute noch gerne an diese Tage in Flushing Meadows zurück.
Im schwierigen Corona-Jahr 2020 konnte er seinen damaligen Erfolgslauf zwar nicht wirklich bestätigen, mit seinem Viertelfinal-Einzug beim ATP-1000-Turier in Rom, wo er unter anderem Gael Monfils in die Knie zwang, zeigte Koepfer aber, dass sein Auftritt in New York keine Eintagsfliege war.
Vom Skifahren übers College auf die Tour
Warum der ehrgeizige Baden-Württemberger erst relativ spät den Einstieg auf die ATP-Tour wagte, ist leicht erklärt: Koepfer gehört der immer größer werdenden Zahl der US-College-Spielern an. Der 1,80 Meter große Sohn eines Ingenieurs und einer Pharmazeutin lernte Finanzwesen auf der Tulane-Universität in New Orleans.
Wie sein Vorbild Tommy Haas schlug auch Koepfer in Folge Wurzeln in den Staaten: Mittlerweile hat er seine Zelte in Tampa, Florida, aufgeschlagen.
Dass es den jungen Mann einmal an eines der sonnigsten Plätzchen der USA und in eine klassische Sommersportart verschlägt, war in Koepfers Lebensplanung zumindest zu Beginn nicht gerade vorgezeichnet. Wie Novak Djokovic und Jannik Sinner war er nämlich in erster Linie auf Skiern unterwegs. Erst im Alter von 15 Jahren entschied er, sich auf seine Tennis-Karriere zu konzentrieren.
„In meiner Heimat (Anm.: Furtwangen) haben wir fünf Monate im Jahr Schnee. Deshalb war ich im Winter neben dem Hallen-Training immer sehr viel Skifahren“, erzählte Koepfer im Vorjahr gegenüber "atptour.com". Gerade mal 1-2 Mal in der Woche trainierte der damalige Teenager in diesen Zeiten Tennis.
"Mehr" Zeit fürs Tennis
„Als ich 16 Jahre alt geworden bin, habe ich mich für die U16-Meisterschaften in Deutschland qualifiziert. Danach habe ich mich entschieden, noch ein bisschen mehr Tennis zu spielen und mehr Aufwand dafür zu betreiben“, so Koepfer, der allerdings selbst in dieser Zeit „nur“ 3-4 Mal Tennis spielte. Ein vergleichsweise geringer Wert zu anderen Profi-Spielern. „Zwei Jahre später bin ich dann nach dem Abitur auf das College gegangen.“
Dort faszinierte den Bayern-München-Fan vor allem die Möglichkeit, innerhalb einer Mannschaft zu spielen. „Mir hat der Teamgeist innerhalb der Mannschaft richtig gut gefallen. Beim Skifahren steht man meistens alleine am Berg oben“, so Koepfer, der sich allerdings auch noch aus anderen Gründen für die Jagd nach der gelben Filzkugel entschied.
„Tennis ist sicherlich weniger gefährlich. Skifahren ist vor allem bei Wettkämpfen richtig gefährlich. Es gibt viele Verletzungen, vor allem Knie-Verletzungen. Außerdem hatte ich beim Tennis einfach mehr Spaß“, fiel Koepfer die Wahl schlussendlich nicht schwer.
Keine große Auswahl hatte der Deutsche übrigens bei der Entscheidungsfindung bezüglich seiner Uni: Die Tulane University war die einzige Division I University, die sich die Dienste des damals 18-jährigen Youngsters sichern wollte.
Schwieriger Start ins College-Leben
„Am Anfang hätte ich mir nicht gedacht, dass ich dort bleiben würde. Mein Englisch war nicht sonderlich gut. Die Kultur und die Menschen waren schon ganz anders als zuhause. Ich habe viel Tennis gespielt, mit der Schule dazu war das aber alles sehr anstrengend. Man musste sich die Zeit gut einteilen, um überhaupt ein bisschen soziales Leben haben zu können. Deshalb war das am Anfang richtig schwierig. Mit Fortdauer hat es mir aber immer besser gefallen und diese Zeit hat nicht nur einen besseren Spieler aus mir gemacht, sondern mich auch als Person reifen lassen“, blickt Koepfer heute gerne auf seine vierjährige College-Zeit zurück.
Als erster Spieler seiner Uni stieg er im College-Ranking zur Nummer eins auf. Mit den Erfolgen wuchsen auch die Ansprüche. „Ich hatte immer den Traum von einer Profi-Karriere, war aber nie wirklich auf dem nötigen Level. Das College hat mich für die ATP Tour bereit gemacht.“
Kampfgeist als Trumpf gegen Thiem?
Vor allem im Kopf sei Koepfer im Vergleich zu seiner Jugend viel stärker geworden. Während er sich früher gerne von seinen Emotionen leiten ließ und dadurch seinen Spielrhythmus verlor, hat er sich nun auch dank Hilfe eines Mental-Trainers besser im Griff.
„Ich meditiere täglich nach dem Aufstehen und schreibe mir auch viele Sachen über meine Matches auf, die ich gemeinsam mit meinem Coach bespreche“, so Koepfer, der als seine größte Stärke seinen Kampfgeist bezeichnen würde.
„Ich bin ein sehr guter Kämpfer und will meinem Gegner das Leben immer so schwer wie möglich machen“, wird sich Thiem am Mittwoch auf einen heißen Tanz gefasst machen müssen.
"Ich rechne mir auf jeden Fall Chancen aus. Es ist natürlich nicht leicht, sehr physisch wird es auf jeden Fall. Ich hoffe, dass ich ein gutes Match machen und ihn ein bisschen ans Limit bringen kann", zeigt sich Koepfer vor dem Duell mit Österreichs Nummer eins selbstbewusst.