Es ist ein Tennis-Finale mit besonderen Vorzeichen: Auf der einen Seite die sentimentale Favoritin, auf der anderen der 21-jährige Jungstar.
Petra Kvitova kann nach dem dramatischen Erlebnis vom Dezember 2016, als sie einen Einbrecher erwischte und schwer an der Schlaghand verletzt wurde, ihr Comeback-Märchen mit dem Australian-Open-Titel krönen. Naomi Osaka möchte ein seltenes "Double" schaffen.
Nur vier Monate nach dem Tennisfans auch aufgrund der emotionalen Ausbrüche von Serena Williams in Erinnerung gebliebenen US-Open-Finale trennt Osaka nur noch ein Sieg am Samstag ( ab 9.30 Uhr im LIVE-Ticker) vom zweiten Major-Titel en suite.
Ein Kunststück, das Seltenheitswert hat: Seit Jennifer Capriati, die 2001 die Australian und die French Open in Folge gewonnen hat, wäre die Japanerin die erste Spielerin, die nach ihrem ersten Major-Triumph gleich beim nächsten Grand-Slam-Event nachdoppelt. Viele andere Beispiele zeigten das krasse Gegenteil, sprich: frühe Niederlagen aufgrund des hohen Erwartungsdrucks.
Osaka: "Sehr aufregend"
"Dass ich die Möglichkeit habe, gegen sie zum ersten Mal überhaupt in einem Grand-Slam-Finale zu spielen, ist sehr aufregend", meinte Osaka. Sie habe die Tschechin bei deren Siegen in den Wimbledon-Finali 2011 und 2014 beobachtet. "Ich weiß, was sie für eine tolle Spielerin ist, das wird definitiv sehr hart für mich."
Für Kvitova ist allein schon die Final-Qualifikation die Erfüllung eines Traums nach jenem traumatischen Erlebnis vor nur etwas mehr als zwei Jahren in ihrer Wohnung in Prag. Monatelang war sehr unsicher, ob sie jemals wieder Tennis würde spielen können, und auch ihr Arzt hatte seine Zweifel.
Die fehlenden Erfolge nach ihrer Rückkehr hätten an ihr genagt, aber ans Hinschmeißen habe sie nie gedacht, auch nicht nach einer bitteren Erstrunden-Niederlage in Australien 2018. "Es wäre sehr schlimm, wenn ich ans Aufhören gedacht hätte. Ich bin ein Mensch, der niemals aufgibt", erklärte Kvitova am Freitag.
Kampf um Weltranglisten-Führung
Mit einem Erfolg über Osaka kann die mehrfache Fed-Cup-Gewinnerin nicht nur die erste tschechische Siegerin in Melbourne seit 1987 werden, sondern sogar wie ihre Gegnerin zum ersten Mal die Nummer eins der Welt. Kvitova sieht das als Bonus, Osaka auch.
Die Aufsteigerin der vergangenen Monate will nach dem US-Open-Triumph vor allem ihren zweiten Grand-Slam-Titel gewinnen. Mehr als einen Erfolg nacheinander bei den vier größten Turnieren schaffte zuletzt Serena Williams 2015. Bei den vergangenen acht Grand Slams gab es acht verschiedene Siegerinnen.
So ruhig, mitunter schüchtern, manchmal aber auch witzig Osaka nach ihren Partien auftritt, so bissig präsentiert sie sich auf dem Platz. Richtig glauben kann auch sie nicht, dass sie wieder um einen der größten Titel spielt, für den es umgerechnet 2,57 Millionen Euro gibt. "Es fühlt sich ein bisschen unwirklich an", sagte die 21-Jährige. Andererseits zeige es, welche Arbeit sie in die Vorbereitung gesteckt habe.
In der Vorbereitung verlor Osaka in Brisbane, danach hatte sie das Gefühl, zu negativ geworden zu sein. "Ich neige dazu", sagte sie in Melbourne, wo sie in kritischen Situationen nie aufgab.
"Ich glaube, darauf bin ich am stolzesten", erklärte die Tochter eines Haitianers und einer Japanerin, die auch US-Staatsbürgerin ist und in Florida lebt. Osaka wäre die erste japanische Australian-Open-Siegerin. In New York war sie zur ersten Grand-Slam-Einzelsiegerin aus Japan (Damen und Herren) überhaupt und zum Superstar im eigenen Land aufgestiegen. Zu Kopf gestiegen ist ihr all das aber nicht.