NEWS

Was Dominic Thiems Vater stört

LAOLA1 Foto: ©

Dominic Thiem hat die Gabe des Midas.

Alles, was er aktuell anfasst, wird zu Gold. Doch wie sieht eigentlich sein Vater die jüngsten Erfolge? "Sehr erfreulich, die Sandplatz-Saison ist bis jetzt wirklich gut verlaufen", sagt Wolfgang Thiem gegenüber LAOLA1.

Dennoch übt der Tennislehrer auch Kritik - und zwar an der medialen Berichterstattung: "Leider wird in Österreich viel mehr Augenmerk auf Fußball und Wintersport gelegt. Das finde ich unfair, das stört mich."

>>> Dominic Thiem - Pablo Cuevas: Mi., 4. Partie nach 11 Uhr im LIVE-Ticker <<<

Was er damit genau meint, wie sich der Kontakt mit seinem Sohn gestaltet, wieso er Günter Bresnik blind vertraut, warum Dominic Thiem im Davis Cup antritt, ob Nörgler in Internetforen das Tennis-Ass beschäftigen und warum es Sportler in Österreich nicht einfach haben, verrät Wolfgang Thiem im großen LAOLA1-Interview:

LAOLA1: Wie haben Sie Dominics Erfolge in den letzten Wochen mitverfolgt?

Wolfgang Thiem: Sehr positiv natürlich. Der Turniersieg in Rio war ein richtiger Boost, von da an hat er besser und konstanter gespielt. Er hat auch das Verhalten am Platz verbessert, am Anfang der Saison hat er sehr viel gejammert. Das hat er in den letzten zwei bis drei Monaten abgestellt. Das ist für die Konzentration von Vorteil. Die Leute zahlen Eintritt und wollen jemanden sehen, der sich den Arsch aufreißt und niemanden, der herumjammert. Zwischen Barcelona und Madrid gab es nochmals einen Sprung, alleine wenn man die Finali vergleicht. In Madrid hätte er Nadal auch besiegen können, da war es viel enger. Bis jetzt war es eine sehr erfreuliche Sandplatz-Saison.

LAOLA1: Wir kann man es sich vorstellen, wenn Sie Dominics Partien zu Hause verfolgen?

Thiem: Wenn ich zu Hause bin, sehr ich mir natürlich jedes Match an. Bei manchen bin ich mehr angespannt, bei anderen weniger. Im Finale gegen Nadal war ich nicht nervös, als Zuseher und Vater. Ich habe mir gedacht, dass das für ihn ohnehin eine tolle Erfahrung ist. Da bin ich eher nervös, wenn es im Achtelfinale oder Viertelfinale darum geht, dass er zu solchen großen Partien kommt. Diese Matches sind einfach ganz wichtig für ihn.

VIDEO - Dominic Thiem über seinen großen Lebenstraum:
(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

"In Österreich hat Wintersport aber einfach riesigen Stellenwert. Ich will mir auch überhaupt nicht anmaßen, die Leistung der Wintersportler schlechtzureden. Ich finde es toll, was sie leisten! Ich gönne den Sportlern den Erfolg, mich stört nur, dass die Sportarten unterschiedlich bewertet werden."

LAOLA1: Wie sieht der Kontakt aus?

Thiem: Wir hören uns selbstverständlich oft, sportlich mische ich mich aber gar nicht ein. Das macht alles Günter Bresnik, da habe ich vollstes Vertrauen. Das läuft mittlerweile seit 12, 13 Jahren richtig rund. Wenn Dominic mich etwas fragt, gebe ich ihm meine Meinung. Er weiß, dass Günter sein sportlicher Ansprechpartner ist und klärt eigentlich alles mit ihm.

LAOLA1: Kann Dominic noch damit zufrieden sein, ein Finale gegen Nadal zu erreichen oder muss er mittlerweile gegen jeden Gegner den Anspruch haben, zu gewinnen?

Thiem: Dominic hat in Madrid ja gemerkt, dass er gegen Nadal in super Form mithalten kann und ihn wahrscheinlich schlagen könnte. Letztes Jahr hat er ihn in Buenos Aires besiegt, da war Nadal aber nicht so gut drauf wie jetzt. Er ist wieder in einer richtig guten Verfassung. Er hat zehn Mal in Barcelona gewonnen, in Monte Carlo auch. Das ist der Sandplatzspieler schlechthin, ihn gilt es zu schlagen. Als junger, aufstrebender Spieler in die Situation zu kommen, gegen ihn zu spielen und ihn so zu fordern, ist großartig. Denn es gibt ja dann eigentlich nichts Größeres, als gegen diesen Nadal auf Sand zu gewinnen.

LAOLA1: Hat er in dieser Hinsicht einen Wandel durchlaufen?

Thiem: Der Wandel kam mit dem Semifinale in Paris im letzten Jahr. Bei einem 1000er ist es fast härter, weil du von Anfang an Top-Gegner erwischen kannst. Bei einem Grand Slam kannst du dich vielleicht am Anfang etwas durchschwindeln und hineinfinden. Für die Spieler sind die Grand Slams die Highlights, für Dominic die French Open. Deswegen war es sehr gut für das Selbstvertrauen, dass er dort so weit gekommen ist.

LAOLA1: Ist Dominic - unabhängig vom biologischen Alter - in letzter Zeit zum Mann gereift?

Thiem: Ich denke schon, dass solche Erfolge etwas mit dir machen. Wenn du ständig im Mittelpunkt stehst und dir immer überlegen musst, was du sagst, oder wenn du dir beim Fortgehen keinen Blödsinn leisten darfst, weil dich jeder kennt, lässt dich das reifen. Da war Dominic vielleicht später dran als manch anderer Spieler, in den letzten zwei Jahren hat er aber eine Wandlung vollzogen.

LAOLA1: Auch die Tatsache, dass Dominic seine eigene Wohnung hat und von zu Hause ausgezogen ist, deutet auf diesen Reifeprozess hin, oder?

Thiem: Das war ein logischer Schritt. Ich bin mit 20 Jahren von zu Hause ausgezogen - ich hatte kein schlechtes Verhältnis zu meinen Eltern, aber ich wollte einfach meinen eigenen Wohnraum. Unser Haus ist nicht so groß, dass Dominic einen riesigen Bereich nur für sich hätte, dann wäre es vielleicht anders. So hat er sein eigenes Klo, sein eigenes Badezimmer, seine Küche, vielleicht kann eine Freundin vorbeikommen. Das wäre bei uns nicht so einfach gewesen, deswegen war das abzusehen. Ich denke, das hat ihm schon geholfen.

LAOLA1: Beschäftigt es Dominic, wenn es trotz all der Erfolge Nörgler gibt?

Thiem: Ich denke schon, dass er das mitbekommt. Mittlerweile sicher weniger als in seinen Anfangsjahren. Mit 18 schneidet man Zeitungsartikel aus, das legt man natürlich ab (lacht). Genauso liest man in dieser Zeit jeden Kommentar in den Online-Foren, das macht man auch nicht mehr. Grundsätzlich ist es für keinen Menschen angenehm, kritisiert zu werden. Er kann das mittlerweile einordnen, indem er es entweder gar nicht liest oder sich einfach seinen Teil denkt. Beschäftigen tut es ihn aber sicher, das denke ich schon. Durch die ganzen Foren ist es einfacher, anonym irgendwen zu kritisieren. Früher musstest du noch einen Leserbrief schreiben oder anrufen. Aber man darf sich das einfach nicht zu Herzen nehmen. Meistens sind es ohnehin die gleichen Leute, die so etwas schreiben, außerdem geht es in anderen Sportarten nicht anders zu. Österreich und Deutschland sind prädestiniert für so etwas, weil Sportler nicht in dem Licht stehen wie in den USA zum Beispiel.

LAOLA1: Inwiefern?

Thiem: Dort gibt es ein anderes Verständnis für Sportler. In Österreich ist es so: Wenn du sagst, du bist Tennisspieler oder willst Tennisprofi werden, lautet die erste Frage, was man machen will, wenn es nichts wird. Das kommt immer. Ich wurde mit 23 oder 24 einmal gefragt, was ich beruflich mache. Ich habe gesagt, dass ich Tennislehrer bin - dann kam die Frage, was ich sonst mache (lacht). In Österreich gibt es immer so große Sorgen, was man dann und dann macht, falls das und das passiert. "Du musst ja die Schule fertig machen", kommt dann immer. Muss ich nicht. Wenn einer mit 18 oder 19 Jahren draufkommt, dass es nicht zum Tennisprofi reicht, kann er trotzdem viel machen. Er kann Tennisstunden geben oder sich anders orientieren, er hat eine fundierte sportliche Grundausbildung. In den USA ist das ganz anders. Dominic hat bei den US Open gegen Feliciano Lopez gespielt, es begann zu regnen. Die Leute haben drei Stunden mit der Zeitung über dem Kopf gewartet, nicht im VIP-Bereich. Als es aufgehört hat, haben sie sich wieder hingesetzt. In Österreich würde jeder nach Hause gehen. Auch in Italien ist es ganz anders. Bei Future-Turnieren kommen die Leute in die Tennisclubs und sehen zu, das hat alles mehr Stil.

LAOLA1: Abgesehen von Dominic tut sich im Tennis in Österreich aber auch nicht viel...

Thiem: Absolut. Es muss machbar sein, jedes Jahr ein Mädchen und einen Burschen in den Junioren-Bewerben der Grand Slams zu haben. Das Problem ist der Föderalismus der Länder, jeder macht, was er will. So lange man das nicht in eine Struktur bringt, wird es schwer. Ich war bei einigen Gesprächen dabei und denke, dass man das in die richtige Richtung bringt. Es muss ganz einfach drin sein, mehrere Top-100-Spieler zu haben. Wenn ich denke, dass man pro Bundesland jedes Jahr drei Spieler fördern und herausbringen könnte bzw. sollte, wären das bei neun Bundesländern 27 Spieler pro Jahr. Über fünf Jahre sind das dann 135 Spieler. Da müssen zwangsläufig welche dabei sein, die das Zeug zum Profi oder für die Top 100 haben.

>>> Dominic Thiem - Pablo Cuevas, Mi., 4. Partie nach 11 Uhr im LIVE-Ticker <<<

Kommentare