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Thiem: "Das war eine mentale Schlacht"

Nach "mentaler Schlacht" gegen Djokovic spukt nun auch Nr. 1 im Kopf herum.

Thiem: Foto: © getty

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Es war ein mehr als würdiger 300. Einzel-Sieg auf der ATP-Tour für Dominic Thiem.

Die Art und Weise, wie er den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic am Samstag in die Knie zwang, war jene eines großen Champions. Dies sah nicht nur Sky-Experte Patrick Kühnen bei seiner Match-Analyse so.

Obwohl der Niederösterreicher vier Matchbälle im zweiten Satz nicht nützen konnte und im Tiebreak des dritten Satzes schnell mit 0:4 in Rückstand geriet, gelang Thiem dank einem mentalen Kraftakt noch einmal die finale Wende. 

"Das war sicher eine mentale Schlacht. Ich war so nervös im Tiebreak des zweiten Satzes", meinte ein erleichterter Thiem, nachdem er auf die TV-Kamera "300 :) Play for the Ocean" geschrieben hatte.

Auch Djokovic konnte da nur den Hut vor der Leistung des Österreichers ziehen: "Was er bei 0:4 im Tiebreak gemacht hat, war unwirklich. Ich glaube nicht, dass ich schlecht gespielt habe. Ich habe alle meine ersten Aufschläge reingebracht. Er hat einfach auf die Bälle draufgefetzt und alles ist reingegangen. Was kann man da tun? Ich muss einfach meinen Hut ziehen und sagen: 'Gratuliere'."

Der Serbe muss nun übrigens weiter auf seinen sechsten Titel bei den Finals warten, mit dem er mit Rekordsieger Federer gleichgezogen hätte.

Besonderer Meilenstein

Mit seinem bereits fünften Sieg über Djokovic (Gesamtbilanz 5:7) gelang dem Lichtenwörther nebenbei ein weiterer ganz besonderer Meilenstein: Als erst zweiter Spieler nach Andy Murray hat Thiem gegen die "Big Three" Federer, Nadal und Djokovic zumindest fünf Siege auf dem Konto.

"Das ist sehr speziell für mich. Es war heute mein 300. Tour-Level-Sieg und dann jeden der drei besten Spieler aller Zeiten fünf Mal zu schlagen, ist großartig für mich. Gegen diese Legenden zu spielen, wird immer etwas Spezielles sein und auch hier ums Finale zu spielen, ist auch sehr besonders."

"Hab' am ganzen Körper gezittert"

Durch diese Erfolge schwillt freilich auch die Brust des ehrgeizigen, aber immer bescheiden wirkenden Lichtenwörthers immer mehr an: "Das ist eine super Statistik, aber jedes einzelne Match gegen sie ist ein Privileg und eine große Chance, von ihnen zu lernen. Wenn du diese Leute schlägst, gibt es dir einen großen Schub an Selbstvertrauen."

Wobei er aber auch seine frühere Prognose revidierte, dass er nach seinem Triumph bei den US Open im September - dem ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere - in Zukunft etwas befreiter aufspielen könne. "Nach meinem ersten großen Titel in New York dachte ich, dass ich ein bisschen ruhiger sein würde, aber das war scheinbar ein Fehler. Ich war genauso nervös wie sonst, das Match war so sehr auf der Kippe. Ich bin unglaublich glücklich, dass ich durch bin", atmete er beim Sieger-Interview in der leeren O2-Arena auf.

"Im zweiten Satz im Tiebreak war ich richtig nervös. Ich darf es nicht sagen, aber ich habe schon bevor ich den zweiten serviert habe, gewusst, dass es ein Doppler wird, weil ich fast am ganzen Körper gezittert habe. Da habe ich wieder gesehen, wie bedeutend das Turnier ist und wie bedeutend Siege gegen die ganz großen Spieler sind. Von dem her bin ich unglaublich glücklich", ließ er die Partie in einem ehrlichen Resümee Revue passieren.

Angriff auf die Nummer-1-Position?

Nicht verhehlen will Thiem auch, dass nach den beeindruckenden Erfolgen und Leistungen nun auch ein neues Ziel im Raum steht: Die Eroberung der Weltranglistenspitze, die Nummer 1!

"Ja, ich habe noch nicht wirklich darüber nachgedacht. Ich habe gesagt, dass ich jetzt einmal diese Woche so gut wie möglich abschließen will. Dann muss man eh schauen, wie es mit Australien wird. Sobald das klar ist, sobald es mit der Vorbereitung losgeht, will ich mir sicher neue Ziele oder Ziele für 2021 stecken. Na sicher kommt da auch die Nummer 1 ins Spiel, das ist ganz klar", so Thiem, der den Fokus aber zwangsweise weiterhin auf die großen Turniere legen will.

"Irgendwie hängt das eh immer zusammen. Das größte Ziel wird immer sein, bei den größten Turnieren so wie hier oder bei den Grand Slams und den 1000ern richtig gut zu spielen. Wenn mir das konstant gelingt, hoffentlich gibt es nächstes Jahr wieder eine normale Saison, dann ist das vielleicht zu schaffen."

Mit diesem Erfolg, übrigens seinem fünften über eine aktuelle Nummer 1, hat Thiem schon einmal 800 ATP-Zähler und 861.000 US-Dollar (725.786 Euro) Preisgeld brutto sicher. Im Finale geht es um weitere 500 Punkte und zusätzliche 550.000 Dollar für Thiem.

Nun gegen Medvedev

Im Endspiel bekommt es der Niederösterreicher am Sonntag (ab 19 Uhr im Live-Ticker und auf Sky) mit Daniil Medvedev zu tun. Auch für den Russen wäre es ein Premieren-Sieg beim Saison-Finale. "Nachdem ich so hart gekämpft habe, möchte ich natürlich alles versuchen, um den Titel zu gewinnen. Wir haben jetzt auf jeden Fall einen weiteren erstmaligen Sieger hier", so Thiem, der sich vor dem Duell noch seinen Halbfinal-Erfolg über Medvedev bei den US Open von diesem Jahr anschauen will. "Es wird sicher wieder eine offene und enge Partie."

Für beide Akteure geht es um den zweiten Saisontitel. Während der 27-jährige Niederösterreicher erstmals in Flushing Meadows triumphierte, holte sich Medvedev beim Masters-1000-Event in Paris den Siegespokal.

"Dominic spielt momentan unglaublich, das habe ich auch bei den US Open gesehen, wo wir uns auf einem guten Niveau begegnet sind. Dort hat er seinen ersten Grand-Slam-Titel gewonnen. Wir werden sehen, wie es morgen geht", sagte Medvedev in einer ersten Reaktion auf dem Platz im Hinblick auf das Endspiel.

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