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Thiem: "Hätte genauso gewinnen können"

Nach Final-Niederlage überwiegt Stolz. Thiem würde Finals-Titel nicht gegen Österreich-Double tauschen.

Thiem: Foto: © getty

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Dominic Thiem hat die Enttäuschung nach der knappen Final-Niederlage gegen Stefanos Tsitsipas bei den ATP Finals schnell weggesteckt.

"Ich bin im Finale eines der größten Turniere gestanden und habe 6:7 im dritten verloren. Das Match hätte ich genauso gewinnen können", weiß der Niederösterreicher. "Das war jetzt nicht so wie die zwei French-Open-Finali, wo ich sehr weit weg war vom Sieg. Ein paar Zentimeter hier und da und ich wäre jetzt der Sieger."

Natürlich ist der Ausgang für den 16-fachen Turniersieger "eine Riesenenttäuschung", aber "das Wichtigste ist für mich einfach die Entwicklung in meinem Spiel. Somit gehe ich auch mit einem sehr guten Gefühl in die Saisonvorbereitung."

Thiem blickt aufgrund seiner starken Verkühlung auf eine "nicht ganz einfache" Turnierwoche zurück. "Es war jedes Match eine Überwindung, weil ich schon relativ energielos war von Zeit zu Zeit."

Thiem nimmt wichtige Erkenntnis aus London mit

Mit zwei Siegen über Roger Federer und besonders einem "Klassiker" gegen Novak Djokovic hatte sich Thiem vorzeitig, und als erster Österreicher überhaupt, ins Halbfinale der ATP Finals gespielt.

In diesem schaltete der Schützling von Nicolas Massu auch noch Titelverteidiger Alexander Zverev (GER) aus. Doch für den nächsten jungen Wilden, der sich anschickt, die Wachablöse der Alten anzuzetteln, fehlte am Ende vielleicht auch das Quäntchen Glück.

Kurios: Besonders am Abend eines seiner größten Siege, dem Drei-Satz-Thriller über Novak Djokovic, ist es ihm beim Aufwachen schlecht gegangen.

"Es war ein Traum für mich und ich würde auch dieses österreichische Double nicht eintauschen für den Titel da."

Thiem stellt Österreich-Double über Finals-Titel

"Am Dienstag in der Früh als ich aufgestanden bin, war ich eigentlich sicher, dass ich am Mittwoch daheim bin, weil es mir echt dreckig gegangen ist. Und dann spiele ich am Dienstagabend das unglaubliche Match und dann noch echt gute drei oder vier weitere Matches. Für mich war es sehr wichtig zu sehen, für die Zukunft, dass es so geht."

Österreichisches Double wichtiger als Finals-Titel

Der 50. Sieg in seiner bisher erfolgreichsten Saison mit Turnier-Titeln in Indian Wells, Barcelona, Kitzbühel, Peking und Wien blieb Thiem ebenso versagt wie der Triumph beim fünftgrößten Tennis-Event der Welt.

Eine ganz schnelle Antwort auf seinen sportlichen Höhepunkt 2019 beantwortete Thiem patriotisch: "Es war Wien. Es war absolut unfassbar, war emotional ein Wahnsinn. Es war sehr stark besetzt. Es war ein Traum für mich und ich würde auch dieses österreichische Double nicht eintauschen für den Titel da."

Thiem wieder Weltranglisten-Vierter

Thiem verlässt London trotz der knappen Final-Niederlage mit vielen neuen Erkenntnissen und gestiegenem Selbstvertrauen. Und mit 800 Zählern im Gepäck als Basis für 2020.

Denn diese 800 Punkte bleiben nun ein Jahr, als zusätzliches Turnier, in seinem Punktekonto stehen. Thiem ist an der Themse in die Top 4 zurückgekehrt, ein wichtiger Vorteil für die Setzung bei den Australian Open. So kann er nicht vor dem Halbfinale auf die "big three", Rafael Nadal, Novak Djokovic und Roger Federer, treffen. "Er hat in Australien wenig zu verteidigen. Da gibt es noch viel Potenzial", frohlockte auch Thiem-Manager Herwig Straka. Sein Schützling hatte im vergangenen Jänner bei den Australian Open in Runde zwei angeschlagen aufgeben müssen.

Mitnehmen von seinem ersten Endspiel beim ATP-Saison-Showdown wird er aber auch die Bestätigung seiner Steigerung auf Hartplatz in diesem Jahr.

"Weiß, was ich trainieren muss"

Der erste Triumph bei einem Masters-1000-Turnier im vergangenen März in Indian Wells wollte er da gar nicht ganz oben hinstellen. "Weil ehrlich, in Indian Wells ist der Hartplatz sehr langsam, fast wie auf Sand. Aber hier, in Wien, Peking oder Shanghai, wo ich wirklich gut gespielt habe: Das sind alles Beläge, auf denen ich in der Vergangenheit große Probleme gehabt habe. Ich habe einen Riesenschritt in die richtige Richtung gemacht", ist Thiem überzeugt.

"Somit gehe ich auch mit einem sehr guten Gefühl in die Saisonvorbereitung. Weil ich genau weiß, was ich trainieren muss und was ich verbessern muss. Ich hoffe, dass ich da noch einen Schritt nach vorne mache und voll ready bin, wenn es in Australien losgeht."

Thiems Saisonplanung optimiert

Die Saisonplanung ist optimiert. Straka formuliert es so: "Wir werden dieses Wechselspiel aus Pause und Hochleistung ein bisserl stärker inszenieren." Also weniger Turniere spielen und alles rund um die größten Turniere ausrichten. Das soll auch helfen, die Achillesferse Thiems, seine Anfälligkeit für virale Infekte, einzudämmen.

Thiem bemühte sich, das Thema auch runterzuspielen. "Wenn ich ehrlich bin, bin ich echt glücklich mit meinem Körper und wie er ist. Auch ein Djokovic war in Paris verkühlt, hier auch sehr viele Spieler. Der Mensch ist halt hin und wieder krank", sagte Thiem und erinnert auch an die Belastungen gerade im Tennis, wo die Spieler die ganze Welt bereisen, und in kürzester Zeit Jetlag, Zeitzonen und Klimawechsel verkraften müssen.

"Es läuft für den Lebensstil, den ich führe, eh sehr gut. Wir sind die ganze Zeit an der Grenze mit dem harten Training und den Reisen. Mit einer ein bisserl besseren Planung glaube ich, dass ich da vor allem bei den großen Turnieren keine Ausfälle mehr haben werde."

Kurz kommen wird auch 2020 die Rasensaison, außer er scheidet in Paris früh aus. Der volle Fokus liegt auf den French Open. Aktuell ist wie dieses Jahr nur Wimbledon selbst eingeplant.

Kommt Muster ins Thiem-Team?

Einen Boost für Thiem könnte es schon im Jänner durch Berater Thomas Muster geben, der zunächst beim neuen ATP Cup als Kapitän für Österreich auf der Bank sitzt. Wie sieht Straka, der ja auch Muster managt, die Chancen?

"Die Chemie passt, der wahre Test wird der ATP Cup sein. Dann wird auch Thomas wissen, ob es was ist, was er sich vorstellen kann. Wir haben auch schon überlegt, welche Aufgabengebiete infrage kommen würden", sagte Straka zur.

Der Job von Nicolas Massu als Haupt-Coach sei gar nicht infrage gestellt. "Es geht einfach um ein paar Bereiche, wo er etwas sieht, und sich einbringen kann. Das wäre sicher eine Bereicherung, aber es muss Thomas passen", erläuterte Straka.

Der Steirer, der Thiem kurz vor den diesjährigen French Open als Manager von Günter Bresnik übernommen hatte, sieht den Herbst bei Thiem als "Riesenschritt".

Nach kurzem Urlaub startet Saisonvorbereitung

Nun geht es für Thiem in den verdienten, wenn auch sehr kurzen Urlaub. "Wir haben keine fünf Wochen Urlaub wie ein normaler Angestellter", sagte Straka lächelnd. Thiem bleibt noch ein paar Tage in Österreich, urlaubt dann etwas über eine Woche im nicht genannten Ausland. Dann geht es Anfang Dezember in Miami bei Fitnesscoach Duglas Cordero um Fitness und Ausdauer. Am 20. Dezember geht es bereits nach Australien, wo auch Haupt-Coach Nicolas Massu zum Thiem-Team stoßen wird.

Und ob dann eine Prophezeiung Thiems (und auch von Alexander Zverev) Realität wird? "Ich bin ziemlich sicher, dass wir nächstes Jahr einen neuen und jungen Grand-Slam-Champion sehen werden." Er selbst steht dazu in der Pole Position.

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