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"Es wäre mein Traum, die 54 Punkte zu knacken"

Lisa Ecker über Faszination Kunstturnen, heutige Gemütlichkeit und Rücktrittsgedanken:

„Meine Füße sind mein Kapital“, erklärt Lisa Ecker im Gespräch mit LAOLA1.

Der Leser kann sich deshalb vorstellen, was es für die Kunstturnerin bedeutet, sich den Mittelfußknochen zu brechen. Noch schlimmer, wenn dies auch noch im März, einen Monat vor dem allesentscheidenden Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele passiert.

„Es war ein ziemlicher Schock. Wir wollten es nur routinemäßig abklären und ich habe überhaupt nicht damit gerechnet. Genau jetzt, das kann doch nicht wahr sein.“

Die 23-Jährige biss sich aber durch und sicherte sich mit vier (Boden, Sprungpferd, Schwebebalken, Stufenbarren) makellosen Übungen beim Testevent in Rio das Olympia-Ticket im Mehrkampf.

„Wir haben viel mental trainiert. Danach hilft eh nur noch: Tape drüber und kämpfen.“

Magische Zahl 54

Die Vorbereitung hätte aufgrund der Nachwehen logischerweise besser laufen können. Ganz ausgeheilt sei die Verletzung noch nicht. „Aber Schmerzmittel nehme ich keine mehr“, so die Linzerin, die bereits am Sonntag im Einsatz ist.

Für den Laien kaum vorstellbar, werden doch beim Frauenturnen die Füße am meisten beansprucht. Ein Umstand, der der österreichischen Turnerin aber durchaus Recht ist: „Ich fühle mich immer so hilflos, wenn ich nur an den Händen hänge“, erklärt die EM-Mehrkampf-Finalistin 2013 lachend, warum sich ihre Liebe für den Stufenbarren in Grenzen hält.

Um ihren Punkterekord zu überbieten, müssen aber alle vier Geräte passen. „Das wäre mein Traum. Ich würde gerne die 54 Punkte knacken. Zweimal war ich schon knapp dran (53,8). Vielleicht geht sich eine Top-30-Platzierung aus“.

Rücktrittsgedanken

Rio bietet dafür wohl auch die letzte Gelegenheit. Schon länger denkt sie über einen Rücktritt nach den Spielen, ihrem Karriere-Höhepunkt, nach. Ganz sicher sei dieser aber noch nicht: „Ich bin mir noch immer nicht ganz schlüssig. Ich werde auf jeden Fall eine Pause einlegen. Vielleicht werde ich nur noch ein, zwei Geräte turnen. Zum Spaß, ohne Druck“.


Mit der Lederhosn nach Rio:


Ein Motto, nach dem generell mehr Leute Sport betreiben sollten. Turnübungen begleiten jeden Menschen schließlich schon von Kindesbeinen an. Eine Entwicklung, die für Zulauf im Turnsport sorgen sollte - könnte man meinen.

In der Realität sorgten Barbara Gasser und Fabian Leimlehner 2012 für das rot-weiß-rote Olympia-Comeback im Turnen nach 48 (!) Jahren. „Die Generation wird immer gemütlicher“, begründet deren Nachfolgerin in Rio.

„Es sollte jeder eine Rolle vorwärts, rückwärts und ein Rad können. Das sollten Basiselemente sein, wie wenn man zu Fuß gehen kann“, so Ecker.

Faszination Turnsport

Die Linzerin selbst rutschte bereits in jungen Jahren in den Turnsport. „Im Kindergarten musste ich mich schon immer bewegen. Ich habe mir den Spagat selbst beigebracht. So ist das Ganze ins Laufen gekommen.“

Über ihren Verein ASKÖ Kleinmünchen schaffte sie den Sprung ins Leistungszentrum Linz. Seit ihrem achten Lebensjahr an ihrer Seite: Trainerin Johanna Gratt. Eine Art Ersatz-Mama: „Sie geht mir zwar manchmal auf den Keks“, lächelt die 23-Jährige, „aber ich kann mit ihr über alles reden. Ohne sie wäre ich nie soweit gekommen.“

Die 1,57-Meter große Athletin kam also hoch hinaus, was Ecker gleichzeitig an ihrem Sport fasziniert: „Schnell laufen kann man oder nicht. Im Turnen kann man vieles erlernen. Es gibt so viele akrobatische und gymnastische Elemente, die man sich mit Zeit und Technik aneignen kann.“

Sie sei der schnellkräftige Typ, der aber schnell müde wird. Trainingseinheiten stehen viermal pro Woche am Vormittag und fünfmal am Nachmittag an.

Ausbildung im Blick

Kaum zu glauben, dass sie dazwischen noch die Schule zur Masseurin absolviert hat, deren Abschlussprüfung nach den Spielen ansteht. Wie im Sport wollte Ecker aber in der Ausbildung höher hinaus und schaffte den Aufnahmetest für den Fachhochschulzweig der Physiotherapie.

Ihre verletzungsanfällige Karriere (Kreuzbandriss 2011 und 2013) beeinflusste diesen Berufswunsch: „In meinen leider vielen Rehas habe ich viel gelernt und der menschliche Körper hat mich schon immer interessiert.“

Egal, welche Karriere-Entscheidung die Österreicherin also nach den Olympischen Spielen trifft: Füße werden auch weiterhin ihr Kapital bleiben.

 

Andreas Gstaltmeyr

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