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Bernhard Raimann: Auftritt vor den NFL-Teams

Combine nächster Schritt Richtung Traum. AFBÖ-Boss Eschlböck zuversichtlich.

Bernhard Raimann: Auftritt vor den NFL-Teams Foto: © GEPA

Der Name Bernhard Raimann ist in Österreich bisher vor allem eingefleischten American-Football-Fans ein Begriff.

In den USA steht der 24-Jährige nun kurz vor dem großen Karrieresprung: Der Offensive Tackle wird beim NFL-Draft Ende April hoch gehandelt. In den Notizblöcken der NFL-Scouts ist sein Name jedenfalls weit oben zu finden, er gilt als potenzieller Erstrunden-Pick.

Damit würde er österreichische Sportgeschichte schreiben. Raimann könnte im Football jenes rot-weiß-rote Aushängeschild werden, das Jakob Pöltl derzeit im Basketball ist.

Der Steinbrunner hat an diesem Freitag (Ortszeit) beim NFL Scouting Combine in Indianapolis die Gelegenheit, sich vor den Talentespähern und Trainern sämtlicher NFL-Teams zu präsentieren. Dabei werden zum einen in Interviews Football-IQ, soziale Kompetenz und mentale Fähigkeiten, zum anderen Athletik und körperliche Voraussetzungen auf dem Feld und im Fitnessraum überprüft.

"Ich bin sehr zuversichtlich, dass er da gut abschneidet. Er ist ein sehr intelligenter junger Mann, hat auch einen ausgezeichneten Studienerfolg", sagte Michael Eschlböck, Präsident des heimischen Verbands AFBÖ.

Gute Chancen auf 1. Draft-Runde

Als einer der Top-Tackles am College - der Österreicher spielte an der Universität Central Michigan in Mount Pleasant für die dortigen Chippewas - erhielt Statistik-Student Raimann die begehrte Combine-Einladung. Die Aufgabe des Offensive Tackle ist es, mit gezielten Blocks das Angriffsspiel seiner Mannschaft via Lauf oder Pass zu ermöglichen.

Vor allem sollen aber Spieler wie Raimann den Quarterback, dem wichtigsten Mann im Team, vor den heranstürmenden Verteidigern schützen. Entsprechend begehrt sind die besten Talente auf dieser Position und werden in der NFL dementsprechend gut bezahlt.

Raimann gilt bei den Scouts als einer der Topleute, die dieses Jahr im Draft verfügbar sind. Laut der renommierten Sportanalyse-Firma Pro Football Focus (PFF) war der Burgenländer vergangene Saison der am drittbesten bewertete College-Tackle.

Der 138 Kilo schwere Zwei-Meter-Athlet hat damit gute Chancen, in der 1. Runde des NFL-Drafts gezogen zu werden. Die Talente-Ziehung der besten College-Footballer, die heuer zum 87. Mal über die Bühne geht, findet vom 28. bis 30. April im neuen Allegiant Stadium in Paradise/Nevada, dem Heimstadion der Las Vegas Raiders, statt.

Eschlböck: "Wäre Sensation für österreichischen Football"

Wer in Runde eins bereits ausgewählt wird, ist nicht nur auf einen Schlag Millionär - dessen Chancen, binnen kurzer Zeit Stammspieler zu werden, sind sehr gut.

"Für den österreichischen Football wäre es eine Sensation, wenn er gedraftet wird, vor allem hoch gedraftet wird", betonte Eschlböck. "Es wäre das erste Mal in der Geschichte für einen Österreicher." Denn die Kicker Toni Fritsch, Toni Linhart und Ray Wersching kamen als Quereinsteiger vom Fußball oder - im Fall von Wersching - erst nach dem Draft zu einem Team.

Seit den aktiven Tagen dieses Trios in den 1980er-Jahren hat kein Österreicher mehr ein Ligaspiel in der NFL absolviert. Auch nicht Sandro Platzgummer von den New York Giants und Bernhard Seikovits bei den Arizona Cardinals, die dank des International Pathway Programs einen Platz in NFL-Teams ergatterten.

Raimanns Werdegang ist auch deswegen so erstaunlich, weil der Österreicher erst vor zwei Jahren auf die technisch anspruchsvolle Tackle-Position gewechselt ist. Davor hatte er eine völlig andere Rolle inne, nämlich Passempfänger. Als 14-Jähriger spielte er bei den Vienna Vikings Wide Receiver, an der Delton-Kellogg High School in Michigan sowie am College war er zunächst Tight End.

Ein Diamant

Als es 2020 dann plötzlich einen Tackle-Engpass bei Central Michigan gab, schulte Raimann um und legte neben 25 zusätzlichen Kilogramm Körpergewicht eine beeindruckende Entwicklung hin, die ihn Anfang dieses Jahres bis in die Senior Bowl, dem College-All-Star-Game, führte.

Der Burgenländer gilt mit 18 Karriere-Starts als Left Tackle zwar noch als ziemlich unerfahren, was gleichzeitig aber auch bedeutet, dass noch mehr Potenzial in ihm steckt.

"Ich denke, dass er in den nächsten Jahren noch viel besser sein wird, weil er die Position noch immer lernt", zeigte sich Jim McElwain, sein Trainer bei Central Michigan, überzeugt.

"Er ist ein Diamant, der zwar nicht mehr ganz roh ist, aber man muss noch die Kanten und Ecken feinschleifen", sagte Eschlböck.

Eschlböck im APA-Interview

AFBÖ-Präsident Michael Eschlböck
Foto: © GEPA

Frage: Wie bewerten Sie die Aussichten von Bernhard Raimann im NFL-Draft?

Eschlböck: Laut allen Bewertungen ist er fast schon eine Bank für die erste Runde oder früh in der zweiten Runde. Es hängt natürlich auch sehr stark von dem ab, was die Teams brauchen, aber gerade die Offensive Line ist in diesem Draft sehr gefragt. Es sind sehr viele Teams, die O-Liner brauchen. Ich bin sehr optimistisch, dass er in erster Runde genommen wird. Da müsste schon eine Verletzung passieren. Natürlich kann der Combine (Talentesichtung in dieser Woche; Anm.) noch etwas verschieben. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass er da gut abschneidet.

Frage: Und wie groß ist die Chance, dass er relativ bald in der Liga auch wirklich zum Einsatz kommt?

Eschlböck: Alle Experten schreiben ihm hohes Potenzial zu, weil er leicht zu coachen ist, lernfähig und auch den Körper hat. Er ist ein Diamant, der zwar nicht mehr ganz roh ist, aber man muss noch die Kanten und Ecken feinschleifen. Aber er wird wirklich schon als Starter gesehen. Darum ist es sehr wahrscheinlich, dass er in der ersten Runde geht, weil die Teams, die O-Liner brauchen, brauchen sie jetzt.

Frage: Wie würden Sie seine Position beschreiben? Welche Aufgaben hat man als Offensive Tackle?

Eschlböck: Es gibt sogar eigenen Film darüber, "The Blind Side", über den Left Tackle Michael Oher, der genau diese Position gespielt hat. Es ist eine ganz, ganz wichtige Position. Man wird nur darauf aufmerksam, wenn die Spieler Fehler machen. Wenn nicht, sieht und hört man sie nicht. Dementsprechend gut bezahlt sind diese Spieler auch.

Frage: Was würde Raimanns Ankunft in der NFL für Football in Österreich bedeuten?

Eschlböck: Das wäre für den österreichischen Football genial. Es ist einfach die größte Sportart in den Vereinigten Staaten, fast mit Abstand, und erzeugt die größte Aufmerksamkeit. Es ist ein Ansporn für alle, weil es zeigt, wenn du dein Ziel konsequent verfolgst, ist es möglich, als Bursche aus Österreich in die NFL zu kommen. Es zeigt auch, dass Österreich auf einem guten Weg ist und dass die Vereine, vor allem die Vikings und die Raiders, eine hervorragende Nachwuchsarbeit machen. Es gibt ja auch andere Kandidaten. Sandro Platzgummer von den New York Giants und Bernhard Seikovits von den Arizona Cardinals hätten auch das Potenzial, in der NFL zu spielen. Es sind übrigens alle 1997er-Jahrgang.

Frage: Dass Raimann früh den Schritt in die USA gewagt hat und dort Highschool-Football gespielt hat, ist aber ein großer Vorzug, oder?

Eschlböck: Ja klar. Wenn er an der Highschool spielt, ist er im Beobachtungssystem der Colleges drinnen, und wenn er am College spielt, ist er im Beobachtungssystem der NFL. Da wird jeder Spielzug von jedem einzelnen Spieler bewertet. Da ist statistisch nichts, was nicht erfasst ist. Das ist schon ein Vorteil im Gegensatz zum International Player Pathway Programm, das noch ein bisschen in den Kinderschuhen steckt.

Frage: Ex-Fußball-Teamkapitän Christian Fuchs (35) träumt von einer Karriere als NFL-Kicker. Hat er als nicht mehr ganz so junger Quereinsteiger eine Chance?

Eschlböck: Bei den Kickern ist es ein bisschen anders. Die Stammkicker in der NFL sind sehr selten gedraftet worden, der Kicker von den Cincinnati Bengals ist da eine Ausnahme. Da ergeben sich immer wieder Chancen, viel geht auch über Beziehungen. Vom Alter wäre es auch kein Problem, einige Kicker haben bis in die Vierziger gespielt. Dass sich zwei, drei Teams den Fuchs anschauen, halte ich für durchaus möglich. Ich würde das nicht als völligen Nonsens vom Tisch wischen.

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