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NBA: Jakob Pöltl und die Reise der Pinguine

Österreichs NBA-Export gewährt Einblicke in die Herangehensweise von Trainer-Legende Popovich.

Am vergangenen Samstag war Jakob Pöltl am Flughafen Wien-Schwechat, um seine Schwester abzuholen.

"Dort wurde ich öfter von Touristen aus Toronto angesprochen als von Österreichern", grinst Österreichs NBA-Export, "wir haben mit dem Basketball in Österreich noch einen weiten Weg zu gehen."

Auf den Straßen seiner Heimatstadt muss sich der 23-Jährige jedenfalls nicht verstecken, was seinem eher zurückhaltenden Charakter tendenziell auch recht ist.

In Übersee wird der Wert seiner Arbeit durchaus geschätzt - erst von den Anhängern der Toronto Raptors, nun von jenen der San Antonio Spurs.

Bei den Texanern wird Pöltl von einem der angesehendsten Basketball-Lehrer der NBA-Geschichte unterrichtet: Gregg Popovich. Und über dessen Herangehensweise gibt es jede Menge zu erzählen.

Wenn Popovich einen "verarscht"

Seit 23 Jahren im Amt und mit fünf NBA-Titeln mit den Spurs dekoriert, ist der 70-Jährige ohne jeden Zweifel eine Trainer-Legende, die jedoch auch für ihre unkonventionelle Art bekannt ist.

Für ihn zu arbeiten ist ein Erlebnis - sowohl in sportlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Diesbezüglich erging es auch Pöltl nach seinem Trade von Toronto nach San Antonio im vergangenen Sommer nicht anders.

"Was das Basketballerische angeht, ist die Message meistens sehr klar", erzählt der Center, "beim persönlichen Level kann es sein, dass er dich manchmal - mir fällt jetzt kein besseres Wort ein - verarscht. Denn er hat irgendwie schon alles erlebt, und er merkt halt auch, wie viel Respekt ihm andere Leute um ihn herum entgegenbringen. Manchmal nutzt er das ein bisschen aus, um einem einen Seitenhieb mitzugeben."

Das Leben der Pinguine

Wie Popovich der Blick über den Tellerand des Basketballs hinaus generell sehr wichtig ist. Diesen forciert der passionierte Kritiker von Donald Trump auch in der täglichen Arbeit mit seinen Schützlingen.

"Die Message war, uns zu erklären, wie wichtig Teamgeist und Kommunikation sind. Er hat im Endeffekt versucht, das Leben der Pinguine auf den Basketball zu übertragen."

"Es gibt mehr als genug andere Themen als Basketball", verdeutlicht Pöltl, "es passiert regelmäßig, dass in Film-Session irgendetwas anderes geschaut wird, nur nicht Basketball. Oder wenn wir ein schlechtes Spiel hatten und alle ein bisschen am Boden sind, erinnert er uns gerne daran, wie unwichtig Basketball im Leben verglichen mit vielen anderen Sachen eigentlich ist, dass es uns allen sehr, sehr gut geht und anderen Leuten eben nicht."

Ein Beispiel für eine unkonventionelle Film-Session? "Das hat jetzt nichts damit zu tun, wie gut es uns oder wie schlecht es anderen geht. Am Anfang der Saison haben wir eine Dokumentation über Pinguine angeschaut."

"Die Message war, uns zu erklären, wie wichtig Teamgeist und Kommunikation sind. Er hat im Endeffekt versucht, das Leben der Pinguine auf den Basketball zu übertragen, und hat uns immer wieder den Film stoppen lassen, wenn uns etwas aufgefallen ist, was wir vom Leben der Pinguine auf Basketball übertragen können. Solche Sachen bin ich einfach nicht gewohnt aus der NBA, für ihn ist es wahrscheinlich ziemlich selbstverständlich."

Der persönliche Draht zu Popovich

Inzwischen ist schon die eine oder andere Generation wissbegieriger "NBA-Schüler" durch die Hände von Lehrer Popovich gegangen. Sein Kult-Status beruht womöglich auch auf solchen Aktionen, mit denen er auch Fragezeichen in Spieler-Gesichtern in Kauf nimmt.

"Ich glaube, das wird von Spieler zu Spieler unterschiedlich aufgefasst. Für mich war es am Anfang mehr lustig, aber andere dürften das schon gewohnter sein, dass so etwas durchaus einmal vorkommen kann. Andere müssen auch erst überzeugt werden, dass dies eine funktionierende Trainings-Taktik ist."

Pöltl betont, dass er auf persönlicher Ebene schnell einen Draht zu Popovich gefunden habe: "Weil er nicht das typische Coach-Spieler-Verhältnis pflegt. Am Feld natürlich schon, aber abseits vom Feld war es viel lockerer, als ich es in der Vergangenheit am College oder in der NBA gewohnt war. Normalerweise hat man ja ein ganz gutes Verhältnis zu den Assistant Coaches, aber der Head Coach ist eben meistens doch dein Chef. In San Antonio ist mir dieses sehr lockere persönliche Verhältnis, sowohl zu 'Pop' als auch anderen Spurs-Entscheidungsträgern, schon aufgefallen."

Positive Saison-Bilanz

Nicht falsch verstehen: Auf dem Feld kann Popovich bekanntlich auch anders. Viel strenger. Der Spurs-Coach legt zum Beispiel großen Wert darauf, unnötige Fouls zu vermeiden. Dies sei ihm von Tag eins in San Antonio an eingetrichtert worden.

"In San Antonio ist viel weniger los als in Toronto. Die Stadt ist sehr, sehr weitläufig. Das heißt, egal wo du hinwillst, du musst mit dem Auto fahren. Wenn du in den Straßen rumgehst, ist dementsprechend fast niemand auf den Straßen. Toronto ist im Vergleich dazu eine Weltstadt, in der in den Straßen immer etwas los ist."

In der Preseason erlaubte er sich doch einmal ein blödes Foul: "Ich bin gleich ausgewechselt worden, nur um 15 Sekunden später wieder eingewechselt zu werden - als Zeichen und damit er mich einmal kurz anfahren kann, was das soll."

Mit Durchschnittswerten von 5,5 Punkten, 5,3 Rebounds, 1,2 Assists und 0,9 Blocks pro Partie schloss Pöltl sein Debüt-Jahr im Spurs-Dress, gleichzeitig seine dritte NBA-Saison, ab. Seine Bilanz fiele positiv aus, wenngleich es am Anfang der Spielzeit schwer gewesen sei, sich auf das Popovich-System umzustellen.

"Die Umstellung war nicht einfach, auch wenn es mir von Seiten der Spurs so einfach wie möglich gemacht wurde. Aber im Endeffekt war es ein neues Team mit neuen Trainern. Im Laufe der Saison, finde ich, habe ich mich ganz gut weiterentwickelt - im System und auch persönlich mit meinen Leistungen. Dementsprechend würde ich die Saison eigentich als positiv bilanzieren."

Pöltl geht in letztes Vertragsjahr

Viel Vertrauen bekam Pöltl mitunter in der letztlich verlorenen Playoff-Serie gegen die Denver Nuggets ausgesprochen, was er als "coole Sache und nicht selbstverständlich" bewertet: "Ich war auch entsprechend stolz darauf, dass ich das Vertrauen der Coaches bekommen habe, aber es hat auch Sinn gemacht, da die Nuggets die meiste Zeit ein relativ großes Lineup draußen hatten. Ich finde, ich habe mich gegen Ende der Saison und in den Playoffs entsprechend bewiesen."

Die kommende Saison ist eine besonders wichtige, geht er doch in sein "Contract Year", sprich sein Vertrag läuft aus, weswegen er spürt, etwas anders im Fokus zu stehen:

"Ich merke diesen Sommer, dass das Training ein bisschen intensiver ist, mehr Aufmerksamkeit von Spurs-Seite da ist. Sie wollen schauen, wie ich drauf bin, wie ich im Sommer trainiere, wie ich mich weiterentwickle. Das ist auch für deren Strategie, was eine Verlängerung angeht, wichtig, nicht nur für mich persönlich."

Als NBA-Spieler befindet man sich oft ohnehin nur an einem temporären Wohnort, diese Erfahrung machte der 23-Jährige nach der vergangenen Spielzeit. In Sachen Lifestyle ist die Umstellung von der kanadischen Metropole Toronto auf San Antonio in Texas durchaus eine beachtliche.

Pöltl vermisst den Lebensstil in Toronto

"Was den Lebensstil angeht, gefällt mir Texas, aber keine Frage, ich vermisse auch den Lebensstil in Toronto", gibt Pöltl zu, "Toronto ist immer noch eine meiner Lieblingsstädte. Nächstes Jahr, wenn es um eine Vertragsverlängerung geht, wird sich zeigen, ob es in San Antonio in eine längerfristige Richtung geht. Von meiner Seite aus gerne. Ich hatte echt ein cooles Jahr in San Antono bei den Spurs. Aber das ist Zukunftsmusik."

Woran sich denn die größten Unterschiede festmachen ließen? "In San Antonio ist viel weniger los als in Toronto. Die Stadt ist sehr, sehr weitläufig. Das heißt, egal wo du hinwillst, du musst mit dem Auto fahren. Wenn du in den Straßen rumgehst, ist dementsprechend fast niemand auf den Straßen. Toronto ist im Vergleich dazu eine Weltstadt, in der in den Straßen immer etwas los ist."

Und auch in Sachen Küche musste sich Pöltl umstellen: "Toronto ist eine sehr internationale Stadt, gleich ums Eck ist kulinarisch alles Mögliche, vom Italiener bis zum Asiaten. Wenn man es sucht, ist es sofort da. In Texas ist man da ein bisschen limitierter, aber übers Jahr habe ich mir meine Restaurants zusammengesucht. Man muss eben ein bisschen länger suchen, aber man kriegt es hin. Es muss einem nur wichtig genug sein, Gott sei Dank ist es mir wichtig."

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