news

Langstrecke: Klare Fronten in der WM, Chaos in der IMSA

In der WEC sind die Kräfteverhältnisse trotz der Neuzugänge unverändert. In der IMSA machten Porsche und BMW als neue Herausforderer deutliche Fortschritte.

Langstrecke: Klare Fronten in der WM, Chaos in der IMSA Foto: © Porsche

Nicht nur für die Hersteller, auch für die Fans des Langstreckensports ist Sebring Kult. Das merkte man wieder am ausverkauften Wochenende mit dem Doppel WM-Auftakt über 1000 Meilen und IMSA-Traditionsrennen über 12 Stunden.

Die Kräfteverhältnisse im WEC (World Endurance Championship) sind in der großen Klasse trotz der Neuzugänge Porsche, Ferrari, Cadillac, Peugeot (die Franzosen fuhren 2022 erst die zweite Saisonhälfte) und Vanwall unverändert: Hypercar-Pionier Toyota dominiert fast nach Belieben.

In der IMSA machten Porsche und BMW als neue Herausforderer von Acura und Cadillac mit den neuen GTP-Boliden deutliche Fortschritte seit dem Auftakt in Daytona und waren auf der Rumpelpiste in Florida sogar siegfähig. Größter Erfolg aus heimischer Sicht war der GTD-Pro-Sieg von Klaus Bachler in den 12 Stunden.

1000 Meilen von Sebring (WEC, 1. Saisonlauf)

Für den Wiener Mirko Bortolotti gab es nach Problemen in Training und Qualifikation einen deutlichen Stimmungswandel, schaffte er doch beim Debüt mit dem LMP2 von Prema Racing mit Platz drei den Sprung aufs Podest. Doch auch der war getrübt, denn der 33-jährige gebürtige Trentiner hatte zwar elf Minuten vor Schluss die Klassenführung übernommen, musste aber auch selbst drei Minuten vor dem Ziel zu einem schnellen Tankstopp an die Box, was den Rückfall auf Platz drei nach sich zog.

"Ich bedanke mich beim Team für die hervorragende Arbeit im Rennen, nachdem wir vorher Schwierigkeiten zu lösen hatten. Die Saison mit neuem Team und neuen Partnern mit einem Podiumsplatz zu beginnen ist sicher gut." Interessant: Neben der erst 19-jährigen Pariserin Doriane Pin (die 2022 die Ferrari Challenge Europa gewann) war der russische Ex-F1-Pilot Daniil Kvyat Partner von Bortolotti. Kvyat wurde zur Teilnahme nach Unterschrift unter ein FIA-Dokument zugelassen, in dem er sich als "neutral" bekannte – seine Nennung erfolgte auch ohne Nationalitätsangabe.

Nicht zufrieden war man beim erfolgsgewohnten Team WRT, für das Ferdinand Habsburg seine dritte WM-Saison bestreitet. Mit Sean Gelael und dem wieder genesenen Robin Frijns (Handbruch im FE-Auftakt in Mexiko) gab es nur Platz sieben bei den kleineren Prototypen.

Teamchef Vincent Vosse relativierte: "Nach den zahlreichen Erfolgen der vergangenen Jahre stellt dieses Ergebnis nicht zufrieden. Aber wir müssen die zu vorsichtige Strategie analysieren und die kleinen Fehler hinkünftig vermeiden." Ferdinand Habsburg wirkte optimistischer als sein Chef: "Mir gefiel jede Runde hier, ich war mit jedem meiner Stints zufrieden. Der Unterschied zur Spitze war nicht groß." Habsburg deutete an, dass sein Weg für 2024 schon demnächst geklärt sein könnte.

Die Prognose von Toyota-Berater Alex Wurz, die WM-Titelverteidiger würden gegen die neu einsteigende Konkurrenz bei den Hypercars wegen der längeren Erfahrung wohl Favoriten sein, erwies sich als punktgenau. Nach den acht Stunden hatten die beiden Toyota zwei Runden Vorsprung auf den starken Debütanten Ferrari sowie Cadillac und gar vier auf beide Porsche. Conway/Kobayashi/Lopez distanzierten Buemi/Hartley/Hirakawa um marginale 2,1 Sekunden.

Bei Porsche versuchte man nicht, die Enttäuschung zu verbergen. Immerhin blieben den Stuttgartern im Gegensatz zum IMSA-Rennen in Daytona technische Probleme erspart, "aber jetzt müssen wir beim Speed aufholen. Beide Autos kamen ins Ziel, darauf können wir aufbauen", meinte Routinier André Lotterer.

Ein Desaster wurde das Rennen für Peugeot – vor den Augen von Stellantis-Konzernchef Carlos Tavares. Nach Problemen mit Getriebe, Hybridantrieb und Zündung wurde der #93 9x8 (Jensen/Vergne/di Resta) nur 31. mit 26 Runden Rückstand, der #94 (Duval/Menezes/Müller) fiel aus. Einen Platz vor dem Peugeot #93 klassierte sich mit 24 Runden Rückstand der unter österreichischer Bewerbung laufende Vanwall Vanderwell 680, eines von zwei Nicht-Hybrid-Hypercars mit Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve/Tom Dillmann/Esteban Guerrieri. Dass das neue Auto des Wahl-Kitzbühelers Colin Kolles überhaupt 215 Runden schaffte, war für viele Experten höchst überraschend.  

12 Stunden von Sebring (zweiter Saisonlauf IMSA)

Die gleichlautenden Aussagen von BMW-Sportchef Andreas Roos und Werkfahrer Philipp Eng vor dem Rennen, die Münchner hätten Daytona detailliert aufgearbeitet und beim Test große Fortschritte erzielt, wurden in der Anfangsphase voll bestätigt. Beide BMW hielten sowohl mit den Amerikanern von Cadillac und Acura als auch mit den Porsche mit. Leider dauerte der Höhepunkt nur wenige Minuten, als der Salzburger in der vierten Stunde in Führung ging, aber bald darauf in einen halben Dreher schlitterte und wertvolle Zeit verlor.

"Der Fehler ärgert mich natürlich", gab Eng zu, bestätigte aber seine Meinung von vor dem Rennen: "Wir kommen zügig voran." Später wurden seine Teamkollegen Marco Wittmann und Augusto Farfus von Kühlungsproblemen endgültig zur Aufgabe genötigt. Dafür rückte der zweite BMW (van der Linde/Yelloly/de Philippi) nach vielen Neutralisationen in die Spitze vor und verpasste den Gesamtsieg gegen den Cadillac von Derani/Sims/Aitken nur um 2,9 Sekunden.

Noch viel Diskussion wird es zur Kollision des 20 Min. vor Schluss noch führenden Trios (Jaminet und Nasr/Porsche, Albuquerque/Acura) geben, dem beim Überrunden der Platz ausgegangen war. Für Porsche war im zweiten Antreten mit dem neuen 963 LMDh in der US-Meisterschaft ein Sieg greifbar nahe.

Dafür entschädigte ein wenig der fast sensationelle Klassensieg in der GTD Pro von Klaus Bachler, Patrick Pilet und Laurens Vanthoor. Der Steirer Bachler konnte sich im werkunterstützten Pfaff-Porsche 911 für seinen Crash im Qualifying rehabilitieren und pflügte von weit hinten durchs Feld. Im hektischen Finish mit vielen Neutralisationen erwischte das kanadische Team die optimale Strategie, Bachler & Co. fuhren fehlerlos zum Sieg.

"Ich hatte dem Team und vor allem mir selbst mit meinem Fehler in der Quali eine harte Zeit beschert. Aber die Jungs machten einen tollen Job. Ich bin zuerst einmal froh, dass wir heute überhaupt fahren konnten. Die Strategie ist voll aufgegangen, das Team ist Spitze darin. Ich bin stolz auf diese Mannschaft", sagte Bachler noch sehr unter Emotionen.

In der LMP2 verpasste der in Bregenz lebende Däne Mikkel Jensen seinen dritten Sebring-Klassensieg in Folge nur um 0,8 Sekunden.  

LAOLA1 TV

zum TV-Programm

Kommentare